Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
Bergrücken des Aigba-Grates schützte die Pisten am Nordhang halbwegs vor dem Wind. Ob auch Medienüberlegungen die Entscheidung beeinflusst hatten, darüber mochte Saubauer nicht spekulieren.
Die Monitore im Starthäuschen zeigten, wie eine Schar Helfer dem Franzosen DuPont aus den Fangnetzen half und ihm nun die Ski bereitlegte, damit er am Pistenrand entlang ins Ziel fahren konnte. Die Regie schnitt auf das Siegerpodest: Koslow lag vor Prinz Richard und Hansi Vorderseher. Nicht nur die Russen konnte der Anblick freuen, sondern auch Saubauer, denn damit würde sein Team sicher eine Medaille gewinnen, da jetzt nur noch Pesenbauer und Luchsiger oben standen. Für ihn als Trainer spielte es vor allem eine Rolle, wie viele Medaillen die von ihm betreuten Athleten gewannen – welche Nationalität diese hatten, war für ihn zweitrangig. Sein großes Vorbild Karl Frehsner konnte über fünfzig Medaillen aus Titelwettkämpfen vorweisen, da hatte Saubauer noch zünftigen Aufholbedarf.
Zum Medaillen-Gewinnen schien an diesen olympischen Spielen aber nur die kindsköpfige Hälfte des Teams in der Lage zu sein. Bend würde ja wie Prinz Richard mindestens mit einem Diplom aus diesem Rennen gehen – oder Letzterer eben mit einer Medaille, falls es der Luchsiger nicht packen würde. Nun musste er sich aber auf den hochgeschossenen Glarner und dessen Einsatz konzentrieren! Er kontrollierte nochmals die Einstellung an den Bindungen und mahnte ihn, dass die Piste im unteren Teil etwas sulzig geworden wäre, während bis zum Russian Trampoline alles pickelhart eisig geblieben sei. Den Flugschnee des morgendlichen Sturms hatten die russischen Helfer von der Piste entfernt und damit das Eis wieder freigelegt. Für den Materialexperten Klaus bedeutete die Zweiteilung der Piste – oben Eis unten tauender Schnee – unangenehm schwierige Verhältnisse, aber Richards und Bends Platzierungen brachten Saubauer das gute Gefühl, dass dieser es mit der Präparierung der Ski trotzdem gut getroffen hatte.
Während des vorgezogenen Slaloms hatte der Sturm die rote Mähne seines Schützlings ganz schön durcheinandergewirbelt. Doch das Aufklaren jetzt war nur die Ruhe vor einem Wettersturz: Bedrohlich türmte sich hinter Gipfeln in Richtung Westen bereits eine schneereiche Kaltfront auf. Saubauer hoffte, dieser Wettersturz würde die Wettkampfstätten erst nach dem Ende des Rennens erreichen. Er ließ sich vom russischen Helfer Stas auf dessen Tablet-Computer kurz ein Niederschlagsbild zeigen. In der Stadt Sotschi an der Küste regnete es bereits. Stas erklärte dem Trainer, der Wetterdienst glaube, das gehe sich zeitlich noch aus, denn die Aufhellung würde hier noch eine Stunde lang halten. Saubauer bedankte sich für die Informationen und schickte den russischen Studenten in den Zielraum hinab.
Obwohl DuPonts Sturz bereits erledigt war, wurde die Piste noch nicht freigegeben – wegen zu starkem Wind im Estonian Tube; einem Pistenabschnitt gleich unterhalb des Accola Valley.
„Nicht nervös machen lassen, Fabian!“, mahnte Saubauer seinen Schützling. Mach ein paar Hupfer, um warm zu bleiben!“ Zum Teil richtete er diese Worte auch an sich selbst. Ein Doppelolympiasieger im Team wäre schon fantastisch, dachte er. Die Startintervalle waren schon die ganze Zeit über ziemlich unregelmäßig gewesen: Offizielle mit Windmesser von hier bis zum Trampoline hatten das Rennen immer wieder unterbrochen – das zerrte an den Nerven. Selbst wenn nur Fabian als Sieger des Slaloms vom Morgen und damit als letzter Startender der Abfahrt nicht mehr regulär fahren könnte, wäre die olympische Kombination im Eimer.
Wolfgang Sinowatz, der Abfahrtstrainer der Österreicher, deutete seinem Schützling Jörg Pesenbauer an, er solle beim Hüpfen auch mitmachen.
„Sag mal, Saubi, gibt’s bei den Schweizern bald wieder einen speziellen Slalomtrainer? Ferchten musste am Ende ja froh sein, dass der Mayerhofer nicht getroffen hat, als er ihm beim Rauswurf mit einer Bix’n nachg’schossen hat, erzählt man sich.“
„Was man alles zu wissen glaubt“, antwortete Saubauer leicht genervt. „Heuer muss i noch alles machen, aber für die nächste Saison sollte dann schon ein Kollege das Slalomtraining übernehmen.“
Endlich winkte der Offizielle Pesenbauer an die Startschanke und damit musste Saubauer nicht mehr mit dem Steyrer tratschen. Würde entweder der Wolfgang oder er selbst gleich den Olympiasieger in der alpinen Kombination betreuen? Die
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