Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
Polizeiauto Gas gab und Richtung Pass verschwand. Wo der dritte Polizist auf dem Motorrad abgeblieben war oder was dieser Terroralarm überhaupt sollte, interessierte Fabian nicht mehr. Nur die Dopingkontrolle und die damit verbundene Medaille waren jetzt wichtig.
„Mayerhofer hat bereits angerufen und uns informiert!“, erwähnte Romani, während alle einstiegen. Fabian hatte es in der Eile auf den Vordersitz geschafft. Romani saß am Steuer und setzte zurück, sobald auch Jörg an Bord war. Nach ein paar Dutzend Meter ließ er den Wagen auf der schneeverwehten Straße um hundertachtzig Grad schleudern und gab Gas, wieder aufwärts in Richtung Norden. Die Kaltfront hatte den Mountain Cluster erreicht, es wurde schnell dunkel und heftiger Schneeregen setze ein, das Timing hätte nicht ungünstiger sein können, fand Fabian.
„Die Zeit reicht nicht. Das Zielstadion ist sechs Kilometer und hundert Kurven entfernt“, rechnete Romani vor. Der Schweizer Kameramann filmte von der Mitte der Rückbank sitzend zwischen den Vordersitzen hindurch, während sie wieder hochfuhren, und Romani versuchte alle im Auto zu beruhigen, ein wenig gesunden Menschenverstand werde selbst das IOC haben.
Ein Geländewagen kam ihnen mit Swiss-Ski-Aufkleber entgegen. Das musste Mayerhofer sein. Romani betätigte mehrmals die Lichthupe. Sie hielten auf gleicher Höhe und ließen die Seitenscheibe herunter. Die wütende Hupe eines vom olympischen Dorf her hinter Mayerhofer folgenden Pendelbuses ignorierten sie, während Stas auf dem Beifahrersitz von seinem Tablet-Computer aufblickte. „Es haben eben die Skeleton-Wettbewerbe begonnen, nur wenige hundert Meter entfernt und da gibt es …“
„… bestimmt eine Dopingkontrolle!“, ergänzte Romani den Satz und gab Gas. „Je knapper wir die Kontrolle verpassen, desto besser sind unser Argumente vor dem Sportgericht in Lausanne.“
„Sportgericht?“, wiederholte Pesi entsetzt. Fabian hatte es die Sprache verschlagen. Das Wort hatte sich wie ein Tritt in den Bauch angefühlt, zudem mischte sich mit jedem Höhenmeter aufwärts mehr und mehr Schnee unter den Regen. Die Straße begann weiß und seifig zu werden. Romani musste langsamer fahren.
Endlich! Vor einer Halle mit einem geschwungenen, von einer hellen Holzkonstruktion getragenen Dach standen Pendelbusse, aus denen gerade Zuschauer ausstiegen und zum Ende des Eiskanals eilten. Die Wettbewerbe mussten eben begonnen haben, folgerte Fabian daraus. Auch die Lichter im sich wie ein Tausendfüßler den Hang herabwindenden Eiskanal sprachen dafür. Hoffentlich hatte die Dopingkontrolle schon geöffnet. Sie ließen Mayerhofer mit Stas vorauseilen, da ja keiner an Bord eine Ahnung hatte, wo sich die Dopingkontrolle befand. Sie folgen dem Geländewagen hinter den Neubau, wo auch zwei Übertragungswagen mit ihren Satellitenschüsseln auf dem Dach standen. Dort gab es einen Eingang in die betonierte Unterkellerung der Zielhalle oder was immer das war. Fabian hatte die Orientierung verloren und musste sich darauf verlassen, dass Stas, der eben aus Mayerhofers Geländewagen sprang, sich hier auskannte. Monti und Wolfgang Sinowatz stiegen ebenfalls aus, ein Helfer – wohl der offizielle Fahrer der mit der Rückbank hatte vorliebnehmen müssen –, stieg als Letzter aus und blieb hilflos stehen. Romani stoppte nun gleich neben ihm. Jetzt schloss sogar Edcham mit seinem Bus auf. Alle bis auf den russischen Fahrer eilten sogleich Stas hinterher in die Unterkellerung, die einem bunkerartigen Betonbau glich. Er werde keinesfalls zulassen, dass man der Schweiz diese Goldmedaille wegschnappte, versicherte Mayerhofer! Einen Helfer, der den Zutritt kontrollierte, scheuchte Mayerhofer mit einem barschen „
Official of Switzerland
“ zur Seite. Das Ende des Flurs war mit einem Vorhang abgetrennt, daran konnte Fabian ein Schild mit der Beschriftung
Doping Control / Contrôle de dopage
erkennen. Hinter dem Vorhang hatte man einen Warteraum für die zu kontrollierenden Athleten eingerichtet. Ein mit
Reception Desk
beschrifteter Tisch war verwaist. Mayerhofer öffnete, ohne anzuklopfen, eine Seitentür, an der
DCO (Doping Control Officer) Sample-Taking Area
stand. Eine Sanitäterin war dort bereits dabei, ungebrauchte Schachteln mit den Dopingtestsets aus einem Tresor zu nehmen, während eine Dame in einem weißen Kittel an einem Konferenztisch stand. Sie war dabei, eine Waage zu eichen, und drehte sich erschrocken um. Beide starrten die hereinstürmende
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