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Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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zumindest einer der Idole der rechtsradikalen russischen Bewegung. Auf das Konto von Typen wie ihm geht der Schwulenmord von Wolgograd.“ Stas startete Justins Laptop, während er weiterredete. „Wir vermuten, er hatte das angeordnet, können es aber nicht gerichtsfest beweisen. Seine Leute sind auch für verschiedene Demütigungsvideos verantwortlich.“ Er schob Justin das Laptop hin, damit der sich einloggen sollte.
    „Demütigungsvideos?“
    „Ja, sie geben sich auf Dating-Plattformen als Schwule aus, locken Jugendliche in ihre Falle, demütigen und foltern sie und stellen ein Video davon ins Internet.“
    Stas tippte eine URL ein, die er anscheinend auswendig konnte. Die Schrift dort war zwar kyrillisch, doch die hakenkreuzähnlichen Symbole ließen bei Justin keinen Zweifel darüber aufkommen. Stas deutete auf ein Foto, das ein recht korpulenten Mann mit blonden Millimeterschnitt zeigte, der sich von einem orthodoxen Priester segnen ließ.
    „Das ist Josef Adolew und hier sind Links auf die Demütigungsvideos. Bitte nicht anklicken. Ich ertrage so was nicht.“
    „Warum geht das durch den Internetfilter hier und warum löscht keiner …“ Justin stoppte mitten im Satz. Er hatte das Kuss-Foto von Fabian und Florian entdeckt mit einem darüber gemalten Fadenkreuz.
    „Was bedeutet der Text dazu!“
    „Die Forderung nach einer Olympiade ohne Verführung unserer Jugend sowie Beschimpfungen, die ich als Fabians Gastgeber nicht übersetzen möchte.“
    Justin wollte es gar nicht so genau wissen, kopierte die rechtsradikale Internetadresse in eine E-Mail, die er Cesare Monti schickte mit dem Hinweis, es handle sich nach Stas’ Angaben um ernstzunehmende Drohungen.
    „Die beiden haben den Homophoben gezeigt, selbst ein Schwuler kann euren Hetero-Titan Koslow schlagen“, fuhr Stas fort. „Aber das durfte ja nicht sein. Jetzt haben wir Schwulen mal wieder einen Schlag ins Gesicht abbekommen. Werden sie Luchsi wenigstens seine erste Goldene lassen?“
    Dem Russen liefen die ersten Tränen über die Wangen.
    „Die Erste ist sicher!“, bestätigte Justin, hoffte, dass er damit nicht zu viel versprach, und streichelte dem blondierten Studenten über den Rücken.
    „Wo ist Luchsi?“, durchbrach eine Stimme plötzlich den intimen Augenblick.
    Justin glaubte, sein Herz bleibe stehen, und zog erschrocken seine Hand zurück. Doch es war nur die Teampsychologin Heidi, die er weiter zur Mensa und Pressekonferenz schicken konnte.
    „Vielleicht ist es Zeit, über meine Familie mehr herauszufinden und über diesen Kanal Putin klarzumachen, dass der Ruf Russlands als Gastgeber auf dem Spiel steht“, meinte Stas trotzig.
    „Familie?“
    „Ich bin mit dem von Putin eingesetzten Präsidenten Tschetscheniens verwand. Es wird wohl bis morgen dauern, bis sie etwas Konkretes herausgefunden haben“, erklärte Stas, zückte sein Mobiltelefon und ging in die Wohnküche.
    Vielleicht war es auch für Justin Zeit, sich bei jemandem zu melden, mit dem er offen über die Situation reden konnte. Er wählte die Handynummer seines WG-Genossen Julio. Ob der mitten an einem Freitagnachmittag rangehen würde? Immerhin klingelte es.
    „Justin?“, meldete sich der Spanier. Im Hintergrund liefen Nachrichten im Fernseher und Leute unterhielten sich. „Ihr seid ständig in den Nachrichten. Das ist ja alles so furchtbar!“
    „Ja, ist es. Bist du in der Szene unterwegs?“
    „Nein, mein Professor hat Druck gemacht. Ich muss mit der Diplomarbeit Gas geben. Aber jetzt sitzen wir – also ein paar schwule Freunde und ich – vor dem Fernseher und warten auf Luchsis Pressekonferenz. Wie geht es dir, Schatz?“
    „Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, es wäre alles super.“
    „Justin! Die werden dich über den Haufen schießen.“
    Angst hatte er selber genug. Das war nicht die Art Zuspruch, auf die er gehofft hatte.
    „Du bist erst neunzehn! Teenager gegen Wettmafia funktioniert nur in Hollywoodfilm!“, ergänzte Julio. „Du bist viel zu hübsch, um schon erschossen zu werden!“
    „Luchsi wurde von unserem Busfahrer wegen Wetten angequatscht, nicht ich. Das habe ich dir doch neulich genau erzählt. Beruhige dich doch!“
    „Huch! Da redet gerade ein steinalter Earl im Fernsehen!“
    „Fabians Entführer sind ja geflohen. Julio, wir sind nicht in Lebensgefahr. Es hat geklopft. Ich muss auflegen“, schwindelte Justin und trennte die Verbindung. Das Fadenkreuz auf Fabian und Florian, das Adolew über das Kussfoto gelegt

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