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Der silberne Buddha

Der silberne Buddha

Titel: Der silberne Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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erleichtert auf und tastete die kleine geheime Mauernische hinter dem Briefkasten ab. Ja, da lag der Schlüssel.
    Auf dem Küchentisch lehnte ein Blatt Papier.
    „Mache einen Besuch bei Missis Lanshor im Krankenhaus. Dein Essen steht in der Wärmetruhe. Mam!“
    Es waren Kartoffelpuffer nach deutscher Art. Mam hatte das Rezept von Perry Clifton bekommen. Sie schmeckten wunderbar...
    Zehn Minuten mochten inzwischen vergangen sein, als Dicki mitten im Kauen innehielt, denn die Schritte, die sich im Treppenhaus dem 4. Stock näherten, waren plötzlich verstummt, ohne daß etwas geschah. Kein Klopfen, kein Klingeln. Ebensowenig stiegen sie weiter nach oben oder klapperten wieder abwärts.
    War das nicht verdächtig? Dicki jedenfalls kam es so vor. Gerade als er sich erhob — klingelte es!
    Und es klingelte an Perry Cliftons Tür.
    Dicki zog sich die Schuhe von den Füßen und schlich aus der Küche in den Korridor. Er lauschte... nichts!
    Noch fünf Schritte auf Zehenspitzen bis zur Wohnungstür, wo er sich auf die Knie niederließ, um durch den Briefkastenschlitz, der sich einen halben Meter über dem Boden befand, einen Blick nach draußen zu riskieren.
    Der Atem stockte ihm, und das Blut begann in seinen Ohren zu hämmern.
    Auch vor Cliftons Briefkastenschlitz hockte ein Wesen. Es war damit beschäftigt, etwas hineinzuwerfen. Dachte Dicki zuerst, daß es ein Junge war wie er, so wurde er jetzt eines Besseren belehrt.
    Es war ein Mann.
    Ein kleiner Mann.
    Es war ein Chinese!
    Die Aufregung ließ Dicki für einen Augenblick unvorsichtig sein, oder war es die Nervosität? Jedenfalls glitt ihm die Klappe des Briefkastenschlitzes aus den Fingern, und es gab einen hellen, blechernen Ton.
    Was er nun nicht sehen konnte war, daß sich der Mann eilig aufrichtete und den Weg nach unten einschlug.
    Ein Chinese vor Perry Cliftons Tür...
    Dicki fühlte in sich ein ungeheures Jagdfieber auf steigen. Er würde den Chinamann verfolgen.
    Er hatte bereits den ersten Treppenabsatz erreicht, als ihm bewußt wurde, daß er drauf und dran war, die Verfolgung in Strümpfen aufzunehmen.
    Als er endlich aus der Haustür schoß, war von dem geheimnisvollen Besucher nichts mehr zu sehen.
    Er war zu spät gekommen.
    Dicki schluckte den Rest des Kartoffelpuffers, den er noch immer im Mund hatte, hinunter. Am liebsten hätte er sich selbst geohrfeigt. Warum auch hatte er seine Schuhe ausgezogen? Jetzt blieb ihm nur noch eines übrig: Er mußte Perry Clifton warnen!
    „Hallo, Dicki, kannst du mir mal von Altwin zwei Päckchen Backpulver holen?“
    Das war Mrs. Cluster aus dem 1. Stock, die im Fenster hing und zu ihm heruntersah. Backpulver... Wo es um einen Kriminalfall der Extraklasse ging...
    Dicki nickte, knirschte mit den Zähnen und rief zurück: „Okay, Missis Cluster, ich hole sie!“
    „Laß anschreiben, ich bezahle morgen!“
    Dickis Grimm war bereits verraucht, denn ihm war eingefallen, daß es neben Mary Altwins kleinem Laden eine Telefonzelle gab...

Inspektor O’Kellys Verdacht

    Perry Cliftons Hand schwebte noch über dem Telefon, als es erneut klingelte. Das eben Gehörte beschäftigte ihn noch so sehr, daß sein „Ja“ reichlich geistesabwesend ausfiel.
    „Wer ist ,ja’?“ fragte eine sonore, ihm unbekannte Stimme am anderen Ende der Leitung.
    „Hier ist Clifton!“
    „Und hier spricht Inspektor O’Kelly!“
    „Hallo, Inspektor, ich freue mich, von Ihnen zu hören. Man sagte mir, daß Sie es schon einmal versucht hätten.“
    „Ganz recht. Um so angenehmer ist es mir, daß ich Sie jetzt antreffe. Können wir uns sehen und miteinander sprechen?“
    „Selbstverständlich. Wann und wo?“
    „Jetzt und hier!“ kam es trocken zurück. „Ich befinde mich nämlich bereits in Ihrem Allerweltsladen. Telefoniere hier von der Auskunft aus.“
    „Ich erwarte Sie, Inspektor. Lassen Sie sich erklären, wie ich am schnellsten zu finden bin!“
    Vier Minuten später saß Mike O’Kelly Perry Clifton gegenüber. Ein mittelgroßer Mann mit schütterem Haar und einem flinken, klugen, manchmal auch verschmitzt dreinblickenden Augenpaar. Ein Mann mit sparsamen Bewegungen und einer Vorliebe für absurde Vergleiche.
    Sollte O’Kelly eitel sein, dann sah man das seiner Kleidung nicht an. Er glich vom Habitus her eher einem beschäftigungsmüden Zeitgenossen, der sich auf dem Großmarkt durch Auf- und Abladen von Gemüsekisten ein paar Shillinge verdiente. Wer behauptete, in ihm sofort einen Detektivinspektor erkannt zu haben, der war

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