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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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umhin, an die kollektiven Träume zu denken, die Sie im Dschungel von Guyana hatten. Damals war ein Mann dafür verantwortlich.«
    Leary nickte. Er klang nicht einmal überrascht, als er sagte: »Saraf Argyr.«
    Yeremis Hände wurden feucht, ihre Kehle trocken. Ihr Blick wanderte zwischen den beiden Männern hin und her.
    Noch einmal ergriff Leary das Wort. »Du bist die Hauptverdächtige, Jerry. Ich könnte eine lange Liste von Gründen dafür aufzählen, angefangen von deinem unbändigen Bedürfnis, allein zu sein, nachdem wir in Georgetown eingetroffen waren, bis hin zu der Tatsache, dass du rein zufällig hier mit uns am Tisch sitzt, während drüben noch die Asche der Quipus raucht und du doch eigentlich deinen Urlaub in Morgan Hill genießen müsstest.«
    Yeremi horchte auf. »Woher weißt du, dass ich gerade bei meinem Großvater wohne?«
    Leary breitete die Arme aus. »Du wirst dich kaum einen halben Tag ins Auto setzen, um ein paar vergessene Unterlagen abzuholen. Was genau steht in diesen Dokumenten, die du vergessen hast?«
    »Ist das jetzt schon ein Verhör? Dann rufe ich meinen Anwalt.«
    McFarell baute sich vor ihr auf und sagte eindringlich: »Jerry, ich flehe Sie an! Haben Sie irgendetwas mit dem Feuer zu tun? Können Sie mir wirklich nichts über den Silbermann sagen?«
    Sie blickte in seine klaren Augen und kam lange nicht mehr davon los. Wenn sie ihrem alten Mentor diese haarsträubende Geschichte erzählte, die sich von Hanussen über S. Arthur Moltridge und Iceberg bis zu Flatstone erstreckte, würde er ihr glauben? Vielleicht war Offenheit die letzte Chance, um den Professor auf ihre Seite zu ziehen. Als Alternative blieb nur – das war ihr klar – die Verhaftung. Sicher, Carl würde sie mit einem Spitzenanwalt schnell wieder freibekommen, aber Sarafs Suche nach den Mördern seines Volkes wäre dann wohl endgültig gescheitert. Sie holte tief Luft, öffnete den Mund…
    Als plötzlich Memory aus dem Musical Cats erklang.
    Die beiden Männer blickten sie verärgert an. »Ich glaube, das ist Ihr’s«, sagte McFarell.
    Yeremi griff in die Hosentasche und kontrollierte das Display. Sie fürchtete, den Namen »Silverman« dort zu lesen – so war Sarafs Handy in ihrem elektronischen Telefonverzeichnis hinterlegt –, aber stattdessen stand dort ein deutsches Wort: »Opa«.
    Sie drückte die Abhebentaste. »Ja?«
    »Ich bin’s, Opa Carl. Ich Hornochse habe die ganze Zeit versucht, dich über deine übliche Nummer zu erreichen, bis mir endlich einfiel, dass du heute Abend ja eine neue hast. Dann war ununterbrochen besetzt und…«
    »Worum geht’s denn?«
    Carl stutzte. Dann fragte er: »Kannst du reden?«
    Sie sah die beiden Männer an, die jede ihrer Bewegungen verfolgten.
    »Schlecht. Gib mir ein Stichwort.«
    »Wir haben ihn am Schlafittchen.«
    »Wen?«
    »Flatstone! Eddy hat dein Höschen an das besagte Hightech-Labor gegeben – du weißt schon – und mordsmäßig Druck gemacht. Es hat sich als kluger Schachzug erwiesen, einen Mikrobiologen mit der Analyse zu beauftragen, der bis vor kurzer Zeit noch für das USAMRIID tätig war.«
    »Für wen?«
    »Das U. S. Army Medical Research Institute of Infectious Diseases in Fort Detrick, Maryland…«
    »Doch nicht…?« Yeremi verschluckte den Rest ihrer Frage und blickte mit großen Augen in die Gesichter von McFarell und Leary.
    »Es handelt sich um denselben Komplex, in dem Doktor Olson Anfang der Fünfziger mit Anthrax experimentierte, bevor er in das Artischocke-Programm gerufen wurde. Interessant, nicht wahr? In dem Labor werden immer noch Biowaffen entwickelt. Eddys Kontaktmann kennt den Bakterienstamm, der in deinem Blut nachgewiesen werden konnte, oder zumindest einen sehr ähnlichen. Es handelt sich um eine ›Designermikrobe‹, die durch gentechnische Tricks so eingestellt werden kann, dass sie nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen schädlich ist, zum Beispiel ausschließlich für Personen mit einer bestimmten Blutgruppe. Klingelt’s bei dir? Er sagt, die Grundlagen des Verfahrens wurden von einer Tochterfirma der Stheno Industries entwickelt und der USAMRIID verkauft…«
    »Das genügt«, unterbrach Yeremi ihren Großvater. Sie schilderte ihm kurz die prekäre Lage, in der sie sich befand, und bat ihn, die Beweise für eine Verbindung Flatstones mit dem Massensterben im Dschungel noch einmal für den Dekan der Anthropologischen Fakultät zusammenzufassen. Dann reichte sie McFarell das Handy.
    Mit versteinertem Gesicht hörte sich

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