Der silberne Sinn
ich, Sie von der Notwendigkeit einer gemeinsamen Anstrengung in dieser Angelegenheit überzeugt zu haben. Suchen Sie mit mir die Verantwortlichen, die schon so viel Leid verursacht haben, nur weil sie sich der empathischen Telepathie bemächtigen wollten! Sollte Saraf Argyr oder ich selbst in den nächsten Tagen von der Bildfläche verschwinden oder tot aufgefunden werden, dann wäre das ein Schuldeingeständnis unserer Gegner. Ich hoffe, wir ergründen die Wahrheit auch ohne ein solches Opfer. Stellen Sie jedem Politiker, jedem Geheimdienstdirektor, jedem General immer wieder dieselbe Frage: Zu welchem Zweck soll die mächtige Waffe der Empathie eingesetzt werden?« Yeremi holte tief Luft, bevor sie die Anwesenden eindringlich beschwor: »Bitte, helfen Sie mir!«
Die Fragen hatten kein Ende nehmen wollen. Erst kurz vor zwei Uhr Mittag waren größere Scharen von Reportern abgewandert – der Redaktionsschluss nahte, und die Sensation musste noch in Headlines, Berichte und Kommentare gegossen werden.
Als der letzte Reporter den Raum verlassen hatte, beglückwünschten sich die Gladiatoren zu ihrem siegreichen Kampf. Yeremi umarmte Saraf.
»Jetzt können sie dir nichts mehr anhaben. Du bist in Sicherheit.«
Der Silbermann blieb ernst. »Ich fürchte, du unterschätzt unsere Gegner, Jerry.«
Shoemaker verabschiedete sich von Carl und erklärte, er habe noch einen Termin. Sandra nahm Sarafs Platz an Yeremis Seite ein und drückte sie fest an sich. »Du warst einfach Spitze, Cousinchen. Mich hast du überzeugt.«
Yeremi schielte zu Saraf hinüber und lächelte. »Was das Wohlwollen der Pressemeute gegen Ende unserer Show anbelangt, hat wohl unser Silbermann ein wenig nachgeholfen.«
Saraf tat so, als hätte er die Bemerkung nicht gehört.
»Mr Saraf Argyr?«
Die männliche Stimme klang gekünstelt und entbehrte jeder Herzlichkeit. Yeremi drehte sich, nichts Gutes ahnend, langsam um und erblickte einen bleichen Polizeibeamten, der einigermaßen unglücklich aussah. Daneben stand ein lächelnder Al Leary. An der Tür erschien eine zweite Polizeiuniform, in der eine ebenholzschwarze Beamtin von enormen Dimensionen steckte.
»Das bin ich«, antwortete Saraf und blickte den Polizisten offen und ohne jede Furcht an.
»Ich muss Sie leider verhaften, Sir«, beteuerte der Polizist glaubhaft.
»Saraf?«, fragten Yeremi, Sandra und Carl wie aus einem Mund, und Erstere fügte hinzu: »Was liegt gegen ihn vor?«
»Versuchter Raub und Brandstiftung. Mr Argyr wird zur Last gelegt, am Abend des 30. Dezember in das U. C. Berkeley Art Museum eingedrungen zu sein und wertvolle antike Dokumente angezündet zu haben, nachdem es ihm nicht gelungen war, sie zu stehlen.«
»Sie brauchen einen Haftbefehl«, knurrte Carl.
»Officer Bean hat eben aus dem Haftbefehl zitiert«, sagte Leary voller Genugtuung und befahl dem Polizisten: »Zeigen Sie dem Herrn ruhig Ihren Wisch.«
Officer Bean präsentierte das amtliche Verhaftungsformular.
»Das ist ein Witz!«, ereiferte sich Yeremi.
»Es bleibt so lange keiner, bis die rechtmäßigen Besitzer der zerstörten Quipus ihre Anzeige zurückziehen.«
»Die Knotenschnüre gehören dem guyanischen Volk.«
Leary erlaubte sich ein kleines Lächeln. »Du sagst es, Jerry. Das Volk von Guyana, vertreten durch seine Regierung, hat Saraf Argyr auch angezeigt.«
»Ha! Dass ich nicht lache! Dieser Winkelzug ist auf deinem Mist gewachsen, Al Leary. Ich kenne dich.«
Der Psychologe zischte: »Jetzt musst du die Verantwortung für deine Eigenmächtigkeit tragen, meine Liebe. Und das ist erst der Anfang. Mit deiner Pressekonferenz hast du dir selbst das Grab geschaufelt – Flatstones Anwälte werden dir das letzte Hemd vom Leibe klagen.«
»Das dürfte nicht schwer sein. Ich bin nämlich arm wie eine Kirchenmaus.«
Leary sah sie verdutzt an, um sodann den Kopf zu schütteln. »Dass ich nicht lache!«
»Sie hat mir heute früh ihr gesamtes Vermögen übereignet«, erklärte Carl.
»Dann muss eben der Silbermann für deine Dummheit bluten«, drohte Leary.
»Anstatt die Sache zwischen uns beiden zu regeln, ziehst du einen Unschuldigen mit hinein«, fauchte Yeremi.
Officer Bean hielt offenbar den Zeitpunkt für gekommen, seiner Pflicht zu walten. »Gemäß Haftbefehl ist es Mr Argyr, der hier eines Verbrechens beschuldigt wird, nicht Sie, Professor Bellman, wenigstens nicht im Augenblick. Und nun lassen Sie mich Mr Argyr seine Rechte vorlesen.« Der Beamte wandte sich Saraf zu. »Sie haben das
Weitere Kostenlose Bücher