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Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Titel: Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Dystariel an Fi vorbei zur Reling und entfaltete dort ihre mächtigen Schwingen. Ohne weiter auf die Besatzung zu achten, stieß sie sich ab und schwang sich zum Himmel auf.
    »Was auch immer sie dazu treibt, sich uns anzuschließen«, zischte Fi Nikk zu, »in ihrem Innersten ist sie verdorben.«
    »Sie hilft uns«, stellte der Prinz pragmatisch fest. »Das ist im Augenblick alles, was mich interessiert.« Nikk schloss sich Koggs an und kletterte ins Beiboot, das an Bug und Heck mit Laternen ausgerüstet war. Fi griff wütend nach ihrer Ausrüstung und folgte ihm.
    Kaum war sie im Boot, packte Koggs die Ruder und sorgte mit kräftigen Schlägen dafür, dass sie rasch vorankamen. Dabei zogen sie das lange Seil hinter sich her und Fi sah, wie die Männer an Bord des Segelschiffes immer mehr Leine gaben.
    Fi fröstelte, was nicht allein an der kalten Luft lag. Der Klabauterkapitän ruderte weiter auf das Meer hinaus, während über ihnen Dystariel kreiste. Sie hatten sich bereits auf eine Mastlänge von Koggs’ Schiff entfernt, als die Gargyle Laute ausstieß, die Fi an Raubvogelschreie erinnerten. Kurz darauf glühte es zwischen ihren Krallen blutrot auf. Der Rubinring! Der rote Lichtschein des Schmuckstücks reichte weit in die Tiefe und tanzte auf den Wellen.
    »Da!« Nikk deutete auf die dunkle Wasseroberfläche vor ihnen. In etwa einhundert Schritten Entfernung zeichnete sich ein purpurrotes Glosen unter den Fluten ab. Schlagartig wurde es noch kälter und Fi war froh, dass sie wieder ihre Fellweste trug. Nikk starrte aufgeregt nach vorn und schien die eigentümliche Kälte gar nicht wahrzunehmen.
    Koggs steuerte auf das seltsame Glosen zu und behielt dabei die Gargyle im Auge. Im Inneren des Rings in Dystariels Klauen pulsierte es, dann war plötzlich ein Heulen wie von fernen Sturmböen zu hören.
    Fi atmete scharf ein. Über der purpurrot leuchtenden Wasserfläche stiegen leuchtende Schwaden auf. »Wissen wir wirklich, was wir da tun?«, fragte sie verzagt.
    »Nein.« Koggs grinste. »Aber besteht darin nicht erst der Reiz?«
    Die Schwaden schraubten sich weiter empor und ähnelten zunehmend riesigen Flammen, während das Wasser jetzt wie schwarzes Steinöl wirkte. Die Temperatur sank weiter und selbst Nikk griff nach einer bereitliegenden Decke, die er sich über die Schultern warf. Zu Fis Entsetzen waberte das unheimliche Purpurlicht auch über dem Meeresgrund etwa zwei Mastlängen unter ihnen. Der Boden war übersät mit gespenstischen Schiffswracks, geborstenen Planken und zertrümmerten Masten, zwischen denen sie sogar Knochen zu erkennen glaubte. Das musste die Flotte sein, von der Koggs gesprochen hatte.
    Der Klabauter ruderte entschlossen auf das allgegenwärtige Heulen zu. Es war jedoch kein Wind, der ihnen aus dem Sphärenriss entgegenschlug, sondern wehklagende Schreie. Fi stellten sich vor Grausen die Nackenhaare auf. Aber zum Umkehren war es zu spät. Koggs steuerte das Boot direkt in das züngelnde Licht hinein. Fi hielt sich krampfhaft an der Bordwand fest und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Doch von einem Moment zum anderen ebbten die Schreie ab. Es wurde schlagartig still und eine Angst einflößende Dunkelheit senkte sich über die Gefährten.
    Fi kam es vor, als hätte Koggs sie an den Nachthimmel versetzt, denn sie trieben durch ein Meer aus Sternen, die wie Diamanten auf dunklem Samt funkelten. Und es war kalt. Bitterkalt. Nikk und Koggs sahen sich fröstelnd um. Das kleine Boot glitt über eine Fläche hinweg, die sich wie schwarzes Glas in die Unendlichkeit spannte und in der sich der Sternenhimmel spiegelte. Die einzige Verbindung zur Außenwelt war der Sphärenriss hinter ihnen, der einem purpurroten Nordlicht gleich in der Finsternis aufflammte. Das Tau, das ihr Boot mit Koggs’ Schiff verband, führte straff zu dem Leuchten, das sich immer weiter entfernte.
    »Und was jetzt?«, wisperte Fi.
    »Sieh nicht mit deinen Augen, sondern mit deiner Seele«, sagte der Klabauter. »Das hier ist die Zwischenwelt, die die Seelen der Toten durchreisen müssen, bevor sie ins Unendliche Licht treten.«
    Nikk, der direkt neben Fi saß, ächzte. Offenbar konnte er etwas sehen, was ihr verborgen blieb. Sie starrte ebenfalls aufs Sternenmeer hinaus und versuchte ihren Geist zu öffnen. Dann sah sie die Gestalten auch: fahle Schemen, die sich von einem Moment zum anderen aus dem Nichts schälten. Sie entdeckte alte Greise mit einem Lächeln auf den Lippen, Mütter, die kleine Kinder an den

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