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Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Titel: Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Händen hielten, Männer mit verklärten Zügen und sogar einen Reiter, der auf seinem geisterhaften Ross ohne Geräusche an ihnen vorbeigaloppierte. Und es wurden immer mehr. Ganze Kolonnen der geisterhaften Gestalten strebten einem fernen Horizont entgegen, der ihnen als Lebende für immer verborgen blieb.
    »Sind das alles Tote?«, wisperte Fi.
    »Ja, das sind die Geister der Toten«, antwortete Koggs. Das Raubein wirkte seltsam ergriffen. »Sie starben an Altersschwäche, an Krankheiten, durch Unfälle oder im Kampf. Seht nur gut hin: Viele von ihnen erkennen erst nach ihrem Tod, was sie zurücklassen.«
    Fi entdeckte, dass einige der Schleiergestalten verängstigt wirkten, andere traurig und wieder andere verwirrt.
    »Manche von ihnen begreifen erst jetzt, welche Möglichkeiten sie im Leben hatten und was sie verpasst haben«, erklärte Koggs. Fi fror immer mehr. Diese Kälte war nicht normal. »Das ist das wahrhaft Traurige an diesem Ort«, fuhr er fort. »So viele Seelen zu sehen, die ihr Leben nicht wirklich gelebt haben.« Der Klabauterkapitän hauchte sich in die Hände und kramte einen Gluttopf hervor, mit dem er die Laternen entzündete. »Wir müssen uns beeilen. Wenn wir zu lange hierbleiben, werden wir uns in den Strom der Toten einreihen. Seht nach unten. So nah an der dunklen Pforte wirken vor allem jene Kräfte, die den Riss verursacht haben.«
    Fi und Nikk beugten sich misstrauisch über die Bordwand. Unter dem Kiel des Bootes trieben gespenstische Gestalten mit wehenden Haaren und tief eingesunkenen Augen dahin, in denen ein tückisches Feuer glomm.
    »Manche dieser Geister besitzen rabenschwarze Seelen und sind von Neid und Missgunst erfüllt«, warnte Koggs. »Wenn wir ihre Aufmerksamkeit wecken, können sie uns ebenfalls sehen. Dann werden sie versuchen wieder in die Wirklichkeit zurückzukehren. Das gelingt ihnen jedoch nur, wenn sie es schaffen, in unsere Körper einzufahren.«
    »Wie bitte?« Nikk sah Koggs fassungslos an.
    »Ja, Ihr habt mich richtig verstanden, mein Prinz«, knurrte der Kapitän. »Wir müssen also aufeinander aufpassen und darauf achten, dass keiner von uns in der Kälte einschläft. Sonst fallen die Willensstärksten unter ihnen wie Blutegel über uns her.« Die Laternen an Bug und Heck verbreiteten inzwischen ein fahles Licht, dem jeder Glanz fehlte. »Und jetzt ruft Euren Vater«, forderte Koggs den Meermann auf.
    Nikk schlotterte inzwischen vor Kälte, aber er formte die Handflächen tapfer zu Muscheln. »Vater!«, brüllte er in die unendliche Weite. »Vater, hörst du mich?«
    Sofort wandten sich die Geister ihnen zu. Manche verzogen erstaunt die Schlierengesichter, andere glotzten scheinbar durch sie hindurch. Doch am schlimmsten gebärdeten sich die düsteren Gestalten unter ihnen. Wie Haifischschwärme umkreisten sie das Ruderboot und ihre Leiber verzogen sich zu länglichen und nur noch vage menschlichen Gebilden. Wo eben noch Gesichter gewesen waren, erblickte Fi jetzt große, ovale Löcher, die ins Groteske verzerrten Augen und Mäulern ähnelten. Vielstimmige Klagerufe erhoben sich und immer mehr Geister trieben auf sie zu.
    »Vater!«, brüllte Nikk in die Unendlichkeit. Eine Gestalt baute sich neben ihm auf und starrte ihn lauernd an. »Mir ist sooo kaaalt«, röchelte der Geist.
    Neben Fi erschien der Geist einer Frau, deren langes Haar wie eine Fahne im Wind wehte. Gierig langte sie mit ihren Geisterarmen über die Bordwand. Fi schoss angewidert einen Pfeil auf sie ab, doch das Geschoss zischte durch ihren schemenhaften Körper hindurch, als bestünde er aus Nebel. Spöttisches Gelächter wehte heran.
    »Nicht damit«, herrschte Koggs Fi an. »Ihr könnt sie nur mit eurer Willenskraft vertreiben.«
    Fi konzentrierte sich und die Geistergestalt trieb jaulend davon. Neben ihr verstärkte Nikk seine Bemühungen. Doch ohne Erfolg. »Es funktioniert nicht«, rief er bibbernd.
    Immer mehr Geister glitten auf sie zu. Ihre transparenten Leiber drängten sich um das Boot. Fi sah einen bärtigen Mann in einem langen Magiergewand näher kommen, der verzweifelt versuchte auf sich aufmerksam zu machen. Fi bekam es mit der Angst zu tun. Sie konzentrierte sich und setzte ihm all ihren Widerwillen entgegen, bis er klagend zurück in die Finsternis glitt. Unerbittlich sickerte die Kälte in ihren Körper. Lange würden sie an diesem Ort nicht durchhalten.
    »Besitzt Ihr etwas, das einst Eurem Vater gehörte?«, fragte Koggs den Prinzen. Der Klabauter hatte vor Kälte

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