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Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Titel: Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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kreischte das Scheusal und deutete mit ihren überlangen Armen zum Heckkastell. Eisenhand fuhr herum und brüllte vor Wut, doch Fi schoss bereits einen Pfeil auf den Piraten ab. Der Schaft durchschlug seine Schulter und nagelte ihn an den Hauptmast.
    »Los, Skytha! Schnapp ihn dir!«
    Die Sirene heulte auf, schleuderte drei Skelette beiseite und schlängelte sich auf ihrem fischigen Unterleib überraschend flink zum Heckkastell des Schiffes.
    Über Fi zogen sich die Gewitterwolken zu einem schwefelgelben Gebilde zusammen. Sie ahnte, was das zu bedeuten hatte. Rasch visierte sie den Mondeisenarm des Piraten an und schoss ihren letzten Pfeil ab. Keinen Augenblick zu spät, denn die gepanzerte Faust ballte sich, wurde jedoch von dem Geschoss zurückgeworfen. Nur wenige Schritte neben Fi jagte ein weiterer greller Blitz vom Himmel und schlug irgendwo in der Takelage ein. Über ihr krachte es, die Seile gerieten in Brand und schmauchende Holzstücke prasselten auf sie nieder. Im nächsten Moment erschien die Sirene auf den Treppenstufen. Bei Fis Anblick klappte sie gierig ihr Haifischmaul auf, doch anstatt zuzuschnappen, entstieg ihrer Kehle ein wunderbarer, lockender Gesang. Die Melodie umschmeichelte Fi, denn die Sirene versuchte sie damit zu umgarnen. Doch Fi war kein Mann. Sie sprang auf, schwang ihren Bogen wie eine Peitsche und schlug ihn hart ins Gesicht des Ungeheuers. Skythas Lippen platzen auf. Als Antwort fegte sie Fi die Waffe aus der Hand.
    »Du hast Mutter nicht ungestraft wehgetan!« Mit weit aufgerissenem Kiefer stürzte sie sich auf Fi, die sich im letzten Moment über die Reling fallen ließ. Doch die Sirene setzte ihr nach. Noch im Sturz sah Fi, wie über ihr das Holz splitterte, als Skythas massiger Leib durch die Reling brach. Dann schlug Fi hart auf den Wellen auf. Sie schluckte Wasser, während neben ihr eine gewaltige Fontäne aufspritzte, als auch die Sirene ins Meer klatschte. Fi ruderte verzweifelt mit den Armen und packte den erstbesten Gegenstand, den sie zu fassen bekam. Es war der Stoffstreifen mit der leuchtenden Phiole, der sich irgendwie von ihrem Hals gelöst hatte.
    Da jagte die Sirene auf sie zu, packte sie mit ihren scharfen Krallen am Hals und hob sie aus dem Wasser. »Sieh einmal an, ein Weib! Mutter hasst Weiber!« Die Sirene schnappte nach ihr und Fi schlug, ohne nachzudenken, zu. Die Phiole barst in einem blauen Lichtblitz und eine eisige Kälte breitete sich aus. Die grässliche Sirenenfratze mit dem weit aufgeklappten Haifischmaul erstarrte jäh unter einer dicken Eisschicht. Skytha schleuderte Fi hart gegen die Schiffswand und kratzte mit ihren Krallen verzweifelt über den frostigen Panzer vor ihrem Gesicht, der jetzt auch ihren Fischleib erfasste. Er breitete sich über die Wasseroberfläche aus, wuchs zu dicken Eisschollen heran und ließ schließlich jede Bewegung des Ungeheuers erstarren.
    Fi ruderte benommen zurück und sah, dass die Eisschicht auch das Heck des Schiffes zu umschließen begann. Über ihr brüllte Eisenhand vor Wut und Zorn, doch Fi war viel zu erschrocken, um dem Piraten größere Beachtung zu schenken. Die knisternde Eisfläche stieß bereits gegen ihre Fingerspitzen, als sie unter sich eine Bewegung spürte. Jemand packte sie und riss sie mit großer Kraft nach unten.
    Fi sank tiefer, immer tiefer. Ihre Lunge brannte. Verzweifelt strampelte sie mit den Füßen, stemmte sich gegen den Griff und sah aus den Augenwinkeln, wie ein flammender Blitz in die Eisdecke einschlug. Ihm folgten weitere Einschläge, begleitet von krachenden Lauten, die dumpf durch die Tiefe rollten. Fis Körper zuckte auf und verkrampfe sich schmerzhaft. Dann flutete Wasser ihre Kehle und es wurde schwarz um sie.

Nachtblaue Tiefen
    W ach auf!«, erklang eine Stimme. Fi schlug die Augen auf und starrte zwischen Zweigen hindurch zu der aufgehenden Mondsichel empor. Kühle Nachtluft streichelte ihre Wangen und von irgendwoher war das leise Grollen eines abziehenden Gewitters zu hören. Es regnete. Unzählige Wassertropfen trommelten sacht auf das Blätterdach, das sich über ihr wie ein schützender Schirm aufspannte.
    Seltsam, jeder dieser Tropfen schimmerte wie flüssiges Silber. Irritiert sah Fi sich um und entdeckte, dass sie zwischen den Wurzeln einer hohen Eiche lag. Der Baum stand am Ufer eines plätschernden Baches. Und sie war nicht allein. Neben ihr hockte ein Elf mit hellem gelocktem Haar, der sie ruhig musterte. Er hatte ein energisches Kinn und aus seinen mandelförmigen

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