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Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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du dich, was frei eigentlich he i ßen soll.
    Selbst in einer leeren Toilette steigt dir der Geruch von Spermizidschaum in die Nase. Die Papierhandtücher sind immer aufgebraucht. Auf dem Spiegel entdeckst du einen Fußabdruck, in zwei Metern Höhe, oben am Rand des Spiegels den gewölbten Abdruck eines kle i nen nackten Frauenfußes, die fünf runden Zehen, und du fragst dich: Was war denn hier los?
    Wie bei diesen kodierten Durchsagen, wie bei der schönen blauen Donau oder Schwester Flamingo fragst du dich: Was geht hier vor?
    Du fragst dich: Was verschweigen die uns?
    An der Wand entdeckst du Lippenstift, einen Strich fast bis runter zum Fußboden, und du kannst höch s tens raten, was sich da abgespielt hat. Oder diese a n getrockneten weißen Streifen: Da muss jemand im letzten Augenblick rausgezogen haben, bevor er seine weißen Truppen an die Plastikwand geschleudert hat.
    Auf manchen Flügen sind die Wände noch feucht, der Spiegel ist beschlagen. Der Teppichboden klebrig. Der Abfluss ist mit kurzen gekräuselten Haaren in allen Farben verstopft. Auf der Ablage neben dem Waschb e cken ist ein kreisrunder Abdruck von kontrazeptiver Creme und Schleim: Da hat wohl eine Frau ihr Di a phragma abgelegt. Auf manchen Flügen entdeckst du zwei oder drei solcher kreisrunder Abdrücke in ve r schiedenen Größen.
    Das bezieht sich auf längere inländische Flüge und welche, die über den Pazifik oder über den Nordpol führen. Flüge, die zehn bis sechzehn Stunden dauern. Non-Stop Flüge. Von Los Angeles nach Paris. Oder von irgendwo nach Sydney.
    Bei meinem siebten Flug nach Los Angeles rafft die rothaarige Yogafrau ihren Rock vom Boden auf und rennt mir nach. Während sie noch den Reißverschluss hochzieht, verfolgt sie mich bis zu meinem Sitzplatz, lässt sich neben mir nieder und sagt: »Falls du die Absicht hattest, meine Gefühle zu verletzen, könntest du darin sogar Unterricht geben.«
    Sie hat eine Frisur wie die Frauen in den Seifenopern, und ihre Bluse wird von einer großen, schlappen Schleife zusammengehalten, die mit einer Brosche befestigt ist.
    Du sagst noch einmal: »Entschuldigung.«
    Wir fliegen nach Westen und sind irgendwo nordnor d westlich über Atlanta.
    »Hör mal«, sagt sie, »ich habe einen harten Job, und ich brauche mir diesen Quatsch nicht gefallen zu la s sen. Kapiert?«
    Du sagst: »Ich bitte um Entschuldigung.«
    »Ich bin drei Wochen im Monat unterwegs«, sagt sie. »Ich zahle für ein Haus, das ich nie zu sehen kriege … Ferienlager für meine Kinder … und das Pflegeheim für meinen Vater verschlingt unglaubliche Summen. Soll ich denn auf alles verzichten? Ich sehe doch nicht übel aus. Ich kann wenigstens von dir erwarten, dass du mir nicht die Tür vor der Nase zuschlägst.«
    Ehrlich, genau das hat sie gesagt.
    Sie schiebt ihr Gesicht zwischen mich und die Zeitung, die ich zu lesen vorgebe. »Spiel nicht den Ahnungsl o sen«, sagt sie. »Sex ist doch keine Geheimsache.«
    Und ich sage: »Sex?«
    Und sie nimmt die Hand vor den Mund und lehnt sich zurück.
    Sie sagt: »Du liebe Zeit, Entschuldigung. Ich dachte nur … «, und drückt auf den kleinen roten Knopf, um die Stewardess zu holen.
    Als diese kommt, bestellt die Rothaarige zwei doppelte Bourbon.
    Ich sage: »Ich hoffe sehr, die sind beide für Sie.«
    Und sie sagt: »Eigentlich waren die beide für dich g e dacht.«
    Das war mein erstes Mal. Das erste Mal, an das kein weiteres Mal jemals wieder heranreicht.
    »Wir wollen uns nicht streiten«, sagt sie und gibt mir ihre kühle weiße Hand. »Ich heiße Tracy.«
    Ein besserer Ort, an dem dies hätte passieren können, wäre eine Lockheed Tristar 500 mit ihren fünf großen Toiletten hinter der Touristenklasse gewesen. Gerä u mig. Schalldicht. Im Rücken der Passagiere, so dass niemand sehen kann, wer da ein-und ausgeht.
    Angesichts solcher Verhältnisse muss man sich fragen, was für ein Tier die Boeing 747-400 entworfen hat, denn dort öffnet sich nämlich jede Toilettentür direkt gegenüber einer Sitzreihe. Um wirklich ungestört zu sein, muss man sich zu den Toiletten im rückwärtigen Teil der hinteren Touristenkabine durchschlagen. Die einzelne Toilette unten in der Businessklasse kann man vergessen, falls einem nicht gerade etwas daran liegt, dass alle merken, was man im Schilde führt.
    Die Sache ist ganz einfach.
    Wenn du ein Mann bist, geht es so: Du sitzt auf dem Klo, hast deinen Python ausgepackt, du weißt schon, das große rote Knuddeltier, und bringst es in

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