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Der Sixtinische Himmel

Der Sixtinische Himmel

Titel: Der Sixtinische Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Morell
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hat?«
    Aurelio wollte etwas sagen, irgendetwas. »Aber ist es nicht der Vertreter Gottes, der Euch mit dem Fresko beauftragt hat?«
    Michelangelos Lachen endete in einem Stöhnen. »Seit ich auf der Welt bin, Aurelio, hat noch kein Papst den Segen Gottes erhalten. Julius macht da keine Ausnahme. Sixtus betrieb Nepotismus in nie gekanntem Ausmaß, Alexander ließ jeden umbringen, dessen Nase ihm nicht passte, setzte mindestens ein Dutzend Bankerte in die Welt und trieb es sogar mit seiner eigenen Tochter, und Julius scheint die Simonie für eine Tugend zu halten. Wenn er, wie er behauptet, Dante tatsächlich gelesen hätte, dann wüsste er, dass er dafür im achten Höllenkreis schmoren wird, kopfüber begraben, die Füße von Flammen umschlossen. Hast du Dante gelesen, Aurelio?«
    »Wie Ihr wisst, kann ich nicht lesen.«
    Michelangelo sah seinen Gehilfen an, als habe er dessen Antwort nicht richtig verstanden. Danach versank er wieder in seiner Melancholie. »Einer der Sklaven für das Grabmal steckt in diesem Marmor.« Er sprach zu sich selbst. »Ich kann ihn doch nicht auf ewig in diesem Block eingeschlossen lassen!« Seine Nase stieß ein Pfeifen aus. »Niemals wird mir so ein alberner Pinsel Ersatz für Schlägel und Eisen sein!«
    Erst einmal hatte Aurelio ein Gesicht gesehen, in dem die Ausweglosigkeit des eigenen Schicksals derart greifbar gewesen war: Als seinem Vater Tommaso klargeworden war, dass er sterben würde. Vor Aurelio kniete ein verzweifelter Mann. Daran konnte auch Rosselli nichts ändern. Und die anderen – Granacci, Tedesco, Agnolo – ebenso wenig. Jedes Mal, wenn Michelangelo dieses Atelier betrat oder an den Marmorblöcken auf dem Petersplatz vorbeiging, wurde ihm aufs Neue das Lebenswerk entrissen, das ihn hätte unsterblich machen sollen.
    »Du kannst mir nicht helfen.« Michelangelo wandte sich dem Sklaven zu und legte seine Hand auf die Fußwölbung. »Geh ins Bett. Ich bin ein entwürdigender Anblick.« Er nahm Schlägel und Meißel in die Hände. »Geh ins Bett, Aurelio.«
    Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als Aurelio erwachte. Irgendwann musste er über dem fortwährenden Pling, Pling, Pling, Pling, Pling aus der Bottega eingeschlafen sein. Sein Nachthemd troff vor Schweiß, seine Locken klebten in Striemen im Nacken und auf der Stirn. Als er die Füße auf den Boden stellte, kamen ihm die Fliesen kälter vor als sonst. Piero hatte ihn schlafen lassen. Michelangelo stand am Tisch im Atelier und zeichnete. Wenn er jemals schlief, so wusste er es gut zu verbergen. Aurelio hielt sich den Quarkwickel, der in der Nacht verrutscht war, und ging in die Küche. Erst mit der zweiten Hand voll Wasser, in die er über dem Trog stehend sein Gesicht tauchte, fiel ihm auf, dass die Schmerzen in seiner Schulter verschwunden waren.

XVI
    Sie schnürte ihr Mieder auf, streifte es über die Schultern und ließ es auf die Hüfte rutschen. »Die haben dich vermisst.«
    Aurelio saß auf der Bettkante und wagte nicht, sich zu bewegen. Vor Erregung drohte sein Schädel zu explodieren. Margherita stand vor ihm, die Beine gespreizt, seine Knie zwischen ihren Schenkeln. Ihre vollen Brüste glänzten silbrig im milchigen Mondlicht. Zärtlich schmiegte er eine Hand an die üppige Rundung. Augenblicklich versteifte sich die Brustwarze. Margherita, die Hände an den Hüften, raffte geräuschvoll ihren Rock, setzte sich auf Aurelios Oberschenkel, schob sich an ihn heran und ließ qualvoll langsam ihr Becken kreisen. Unter ihrem Rock war sie nackt. Musste es sein. Aurelio spürte die Wärme ihres Schoßes durch seine neue Trikothose hindurch. Als sie eine Hand zwischen seine Schenkel gleiten ließ, sprang ihr sein Bigolo förmlich entgegen.
    »Hoppla.« Margheritas weiße Zähne blitzten auf. »Der wird mich doch nicht beißen.« Mit geübtem Griff umfasste sie sein Glied. »Willkommen, mein ungestümer Prinz«, flüsterte sie, und es war klar, dass damit nicht Aurelio gemeint war.
    * * *
    Er hatte ihre Stimme erkannt, noch bevor sie seinen Namen vollständig ausgesprochen hatte. Sie wiederum musste ihn erkannt haben, ohne zuvor sein Gesicht zu sehen.
    »Aurelio!«
    Er fuhr herum. »Margherita!«
    Die halbe Piazza drehte sich nach ihnen um. Vor aller Augen ließ Margherita den Pilger, der sie gerade umworben hatte, stehen und eilte zu Aurelio, den sie zur Begrüßung in die Arme schloss. Als sie außerdem noch ihren Kopf an seine Brust drückte, wurde ihm schlagartig klar, dass auch sie heimlich ein

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