Der Skandal (German Edition)
überrascht. »Kondracki?«
»Sein Auto steht vor der Tür.«
»Oh, vielleicht hatte er wieder Probleme mit dem Motor? Er hat neulich schon darüber geklagt. Kann ich sonst noch was für Sie tun?« Frenette lächelt so höflich, dass Christina am liebsten kotzen würde. »Ich würde gerne nach Hause gehen. Es war ein anstrengender Tag.«
»Es wird gleich noch anstrengender, Mr. Frenette«, entgegnet Christina. »Wir gehen jetzt in Ihr Büro, und Sie erzählen mir von dem Deal mit Pete Kondracki.«
Frenettes Lächeln verschwindet schlagartig, als sie ihre Heckler & Koch zieht.
»Hören Sie!« Er hebt beschwichtigend die Hände. »Wir können doch vernünftig miteinander reden …«
»Ich bin nicht mehr vernünftig, Mr. Frenette! Jemand hat meinen Bruder ermordet, meinen Sohn angeschossen und mich überfallen. Und Brad Whitner, den kennen Sie doch sicher auch, wurde umgebracht. Außerdem nehme ich Medikamente, und die machen mich ziemlich nervös und reizbar. Also, ich hoffe, Sie haben begriffen, was mit mir los ist.«
Er zögert kurz, dann dreht er sich tatsächlich um und geht über den Flur in ein Büro.
»Setzen!«, befiehlt sie ihm, und wie auf Kommando lässt er sich in einen Besuchersessel neben einem Glastisch fallen. Sie schließt die Tür.
»Sie irren sich, Detective Andersson«, fängt er an, »ich habe nichts mit diesen Vorkommnissen zu tun.«
Auf solche Spielchen hat sie keine Lust – und sie hat auch keine Zeit dafür.
»Die Redmill Mine wurde vor zehn Jahren stillgelegt«, fängt sie ohne Umschweife an.
»Ein paar Umweltfanatiker hatten Bedenken …«, räumt er ein.
»Es gab Fälle von Leukämie …«, korrigiert sie.
»Ich bitte Sie, das waren falsche Anschuldigungen …«
»Tatsächlich?« Sie spürt, wie ihre Konzentration nachlässt und ihre Hand zu zittern anfängt. Vielleicht hat er das bemerkt, denn er fängt an, weit auszuholen: »Mit solchen Behauptungen glauben die Leute, sie könnten alles erreichen! Das war schlichtweg Unsinn, es gibt keine einzige Studie, die diese Behauptungen …«
»Ersparen Sie mir diesen ganzen Mist, Mr. Frenette!«, blafft sie ihn an. »Sie haben Pete Kondracki geschmiert, damit er Ihnen ein sauberes Gutachten erstellt, damit Polycorp die Mine wiedereröffnen und eine staatliche Millionenförderung einstreichen kann!«
»Das ist eine infame Unterstellung, Detective! Überhaupt …«
»Und als Sie erfahren haben, dass Sandra Kondracki ihrem Therapeuten davon berichtet hat, haben Sie ihn umbringen lassen!«
»Das ist doch alles Unsinn!« Frenette springt auf, doch sie drückt ihm den Pistolenlauf an den Hals.
»Hinsetzen!« Ihre Hände zittern immer noch, und sie versucht, sich darauf zu konzentrieren, ruhig zu atmen. Wie zufällig fällt ihr Blick auf ein Glas, das vor dem Schreibtisch auf dem Boden liegt, und als sie genauer hinsieht, bemerkt sie, dass auch irgendwelche Akten herumliegen und dass der Schreibtischstuhl umgekippt ist.
Und plötzlich wird ihr klar, dass sie nur Zeit verschwendet. Sie drückt Frenette die Waffe an die Schläfe. »Wo ist Pete Kondracki?«
Frenette schluckt. »Ich weiß nicht. Er ist weg. Ich habe nichts zu tun mit der Sache, Detective …« Auf einmal klingt seine Stimme dünn. »Wirklich, Sie müssen mir glauben!«
Sie zerrt ihn hoch und stößt ihn vor sich her zum Fenster. Unten auf dem Parkplatz schalten sich gerade die Scheinwerfer an Petes Auto ein.
Sofort lässt sie Frenette los, sie stürzt aus dem Büro und läuft die Treppen hinunter, stolpert, fängt sich wieder, ihre Beine sind unglaublich schwer, ihre Muskeln schmerzen, und die Lunge brennt, aber sie läuft weiter, stößt die Eingangstür auf, rennt nach draußen zu ihrem Wagen, springt hinein und fährt los. Weit vorn glaubt sie Petes Auto zu erkennen.
Im Rückspiegel blitzen Scheinwerfer auf, und sie tritt aufs Gaspedal. Ihr Wagen schleudert um eine Kurve. Sie ist eine ziemlich gute Autofahrerin, und sie merkt, wie das Provigil schlagartig wieder ihre Wahrnehmung schärft. Sie ist noch schneller, noch aufmerksamer, noch wacher.
Endlich, ein paar Blocks weiter, leuchtet nichts mehr im Rückspiegel. Sie denkt gerade, dass sie ihren Verfolger abgehängt hat, da kracht etwas in ihren Wagen. Sie wird zur Seite geschleudert, der Sicherheitsgurt ruckt, und der Airbag explodiert.
Sie öffnet die Augen, alles ist still. Sie hebt den Kopf aus dem Airbag, sieht zur Seite, sucht nach dem Auto, das sie gerammt hat, aber da ist nichts. Nur Dunkelheit und
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