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Der Skandal (German Edition)

Der Skandal (German Edition)

Titel: Der Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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mindestens genauso beschäftigt wie ich. Er wohnte draußen, in Sheboygan. Aber seine Praxis hatte er hier in der Stadt. Wir haben uns an Weihnachten und bei den üblichen Familienfesten gesehen, Geburtstage und so.«
    »Ich hab auch eine jüngere Schwester, aber ich würde nie auf die Idee kommen, bei ihr zu wohnen.« Er zuckt mit den Schultern. »Sie lebt ein völlig anderes Leben als ich. Sie ist Buchhalterin in einer Computerfirma. Und das Einzige, was sie interessiert, ist, wie sie noch mehr verdienen kann.« Er schüttelt den Kopf. »Dabei verdient sie schon hunderttausend Dollar mehr im Jahr als ich, fährt einen BMW, hat ein Apartment in Florida, und ich weiß nicht, was noch alles.«
    »Geschieden?«
    »Nein, sie hat den passenden Mann noch nicht gefunden. Sie hat ziemlich hohe Ansprüche. Schon als wir noch Kinder waren, hat sie die Marshmallows nur gegrillt gegessen, und sie wäre lieber verdurstet, als dass sie Pepsi getrunken hätte anstatt Coke.« Er muss lächeln, wird aber gleich wieder ernst. »Wann ist dein Bruder bei dir eingezogen?«
    Es war ein Mittwoch. Daran erinnert sie sich, weil sie es in der Woche endlich einmal wieder zum Schießtraining in die Academy geschafft hatte. Obwohl sie eine Erkältung spürte und wie so oft zu wenig geschlafen hatte, war sie gut gewesen, besser, als sie erwartet hatte.
    Als sie nach dem Training ihre Jacke aus dem Spind nahm und ihr Handy checkte, fand sie eine Nachricht von Tim.
    Kann ich mich für eine Weile bei dir einnisten?
    Sie rief ihn zurück. Er erzählte ihr, dass er unbedingt Abstand brauche von Rita. Christina stellte keine Fragen, und kurz nachdem sie zu Hause war, stand er vor der Tür. Er grinste wie früher, wenn er etwas angestellt hatte und ihre Eltern ihm auf die Schliche gekommen waren.
    An jenem Abend tranken sie die zwei Flaschen Weißwein, die er mitgebracht hatte, und er redete über seine Probleme mit Rita.
    »Und warum hat er sich kein Apartment gemietet?«, will Aaron wissen. »Er hätte es sich doch leisten können, oder? Mit einer gut gehenden Praxis und dieser Fernsehshow.«
    Ask Your Shrink hieß die Sendung, die einmal in der Woche lief. »Er hätte es sich wahrscheinlich leisten können, das ganze Jahr oder sogar mehrere Jahre in Hotels zu leben«, sagt sie. »Aber Tim war ein Familienmensch – ohne Familie. Wir haben uns gut verstanden, und er liebte Jay.«
    Aaron macht sich Notizen. »Wer wusste, dass dein Bruder bei dir wohnt?«
    »Seine Frau … meine Eltern. Bestimmt hat er es seinen Freunden oder Bekannten erzählt. Er hat einen ziemlich großen Bekanntenkreis. Wahrscheinlich wusste es jeder, mit dem er zu tun hatte.«
    Ihr Bruder war gesellig. Er und Rita waren Mitglied in mehreren Clubs, sie gingen oft aus. Gut möglich, dass er jemanden in seine Pläne eingeweiht hatte.
    »Wie lief es zwischen ihnen? Ist seine Frau fremdgegangen? Oder er?«
    Sie bückt sich nach ihrem Kaffeebecher, trinkt ein paar Schlucke. Aarons Fragen sind ihr unangenehm. Sie hat das Gefühl, als würde sie etwas der Öffentlichkeit preisgeben, was nur von ihr und Tim geteilt wurde. Aber wie oft hat sie selbst Angehörigen solche Fragen gestellt?
    Also antwortet sie: »Tim war nicht der Typ für Affären. Ich glaube, er war viel zu kompliziert dafür. Rita war eifersüchtig auf seine Patienten, denen er so viel Zeit widmete. Rita ist die Sonne, hat Tim gesagt, um die sich alles zu drehen hat.«
    »Und irgendwann hat sie sich nur noch wie … ein ferner Planet gefühlt?«
    »Schlimmer, wie ein Mond.« Genau das hat Tim gesagt. Ein Mond, der immer nur um mich, den Planeten, kreist.
    »Könnte sie aus Eifersucht einen Mord in Auftrag gegeben haben?«, fragt er weiter.
    »Rita? Sie ist launisch, ja, und manchmal unberechenbar, aber so was … Nein, ausgeschlossen.«
    »Eifersucht ist oft …«
    Sie fällt ihm ins Wort: »Ich weiß, Aaron! Aber Rita war es nicht. Ganz sicher nicht.«
    An seinem Blick erkennt sie, dass er nicht überzeugt ist.
    Er fährt sich durch die Haare. »Was meinst du, könnte einer von seinen Klienten sich wegen irgendwas an ihm rächen wollen?«
    »Mein Gott, Aaron, ich hab keine Ahnung, wen er alles in seiner Praxis behandelt hat. Aber ein Patient? Wie durchgeknallt muss man sein, um …?«
    »Du weißt wahrscheinlich besser als ich, wie viele Irre da draußen rumlaufen. Und dein Bruder hat jeden Tag mit diesen Irren zu tun gehabt.«
    »Ich weiß nicht …«
    Auf einmal ist sie sich ganz sicher. Es passt alles zusammen. Raymonds

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