Der Skandal (German Edition)
Tag der Sprengung rückt, desto weniger kann ich schlafen. Aber er sagt nichts. Er ist froh, dass er den Job hat.
Ohne eine Antwort zu erwarten, fährt Frenette fort: »Und, läuft alles nach Plan?«
»Ja, Sir, alles unter Kontrolle.«
»Keine besonderen Vorkommnisse?«
»Nein, Sir.«
Frenette stemmt die Hände in die Hüften und sieht sich anerkennend um. »Schön! Sehr schön! Und sehen Sie«, Harpoles Blick folgt Frenettes ausgestrecktem Arm, der über den Zaun hinaus in die bewaldete Weite deutet, »sobald der Frost aufhört, bauen wir den Think Tank . Sie sollten das Modell sehen, Harpole! Einfach großartig! Es wird eines der Zentren in unserem Land, das sich ausschließlich mit Zukunftstechnologien und den dafür notwendigen Rohstoffen beschäftigen wird. Wir werden das Feld doch nicht kampflos den Chinesen überlassen, nicht wahr, Harpole?«
»Nein, Sir, natürlich nicht.«
»Genau! Also, dann führen Sie mich mal rum!«
»Ja, Sir. Da wäre noch was mit einer Lieferung. Sehen Sie.«
Harpole zieht den Lieferschein aus der Jackentasche und gibt ihn Frenette.
»Wo ist das Problem?«, will Frenette wissen, nachdem er ihn überflogen hat.
»Da muss ein Fehler in der Berechnung des Ingenieurs vorliegen.«
»Hm. Sicher?«
Harpole hat vergessen, dass Frenette von Technik und Ingenieurdingen keine Ahnung hat.
»Laut Plan«, erklärt er, »beträgt die Leitung nur vierhundert Fuß, doch in Wirklichkeit ist sie zweihundertfünfzig Fuß länger.«
»Hm, das ist ein kleiner Unterschied, da haben Sie in der Tat recht.«
»Und … was soll ich inzwischen machen? Meine Leute müssen weitermachen, sonst können wir den Termin nicht einhalten.«
»Harpole«, Frenette sieht ihn belustigt an, »machen Sie die Sache nicht komplizierter, als sie ist! Bestellen Sie einfach die fehlenden Leitungen!«
»Ich wollte es nur mit Ihnen absprechen, damit …«
»Bestellen Sie das Zeug, ja? Wenn wir amerikanisches Neodym hier rausholen, interessiert keinen mehr, wie viel das gekostet hat!« Er klopft Harpole auf die Schulter. »Glauben Sie mir! Wie sieht es mit der Sprengung aus? Haben Sie für morgen alles vorbereitet?«
»Ja, natürlich! Aber Sie sollten dabei sein.«
»Nein«, Frenette schüttelt den Kopf. »Ich seh mir so was lieber auf Video an.« Er lacht. »Da kann einem nichts auf den Kopf fallen!«
Harpole versucht ein Lächeln, aber er spürt, dass es misslingt.
»Also, was ist jetzt, Harpole?«, ruft Frenette. »Führen Sie mich rum!«
Harpole zögert. »Haben Sie die Vögel gesehen?«
»Was?«
»Es müssen Hunderte gewesen sein. Sie sind hinter Ihrem Helikopter hergeflogen.«
Frenette sieht hinauf in den Himmel.
»Vorhin, jetzt sind sie weg«, sagt Harpole.
»Tja, dann können Sie mich ja jetzt rumführen, oder?«
Er begreift es nicht, denkt Harpole. Er sieht die Zeichen nicht. Sie waren da, ganz sicher. Hunderte. Sie haben ihn an seine Schuld erinnert, da ist er sich ganz sicher.
»Ich hab dich drum gebeten, ja. Es wäre wichtig gewesen«, sagt Ochs müde. Er bindet sich vor dem Spiegel im Badezimmer seine Krawatte. Obwohl er das Gefühl hat, der Knoten wird ihn gleich erwürgen. Wie hängt ihm das ewige Gestreite mit Heather zum Hals raus!
»Ich würde auch mitkommen, wenn ich könnte. Ich halte mein Wort. Im Gegensatz zu dir …«, sagt sie aus dem verdunkelten Schlafzimmer heraus.
»Nach Ashland zur Eröffnung kommst du aber mit«, sagt er. Es ist eine Feststellung, keine Frage.
»Wenn es sein muss …«
»Es muss sein. Ganz Amerika sieht zu, wenn ein Schacht gesprengt wird.«
»Ich kann mir nichts Interessanteres vorstellen.« Sie stöhnt.
Er erwidert nichts. Wenn sie ihre Migräne hat, kann man sowieso nicht vernünftig mit ihr reden. Außerdem braucht er einen kühlen Kopf. In einer Stunde hält er eine Rede im American Club Resort Hotel in Kohler. Das ist zwar ein Heimspiel, aber er will es richtig gut machen. Er will sie alle plattmachen. Sie sollen alle mit an Bord seines Schiffes kommen, mit dem er sie zu neuen Ufern steuert. Bildlich gesprochen natürlich. Er hätte Heather gern dabeigehabt, eine glückliche Ehe vorgespielt. Das macht einen Politiker sympathischer und glaubwürdiger.
Der Knoten sitzt schief, stellt er verärgert fest.
»Hörst du mir überhaupt zu?«, kommt es weiter aus dem Schlafzimmer.
Er fummelt immer noch an der Krawatte herum.
»Die Sache mit deinen sogenannten Parteifreunden! Erinnerst du dich? Du bist abends nach Hause gekommen und hast geweint!«
Er
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