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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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ist?« rief jemand mit einer schneidenden, nasalen Stimme.
    Der Barbar, erkannte Keyoke. Wie immer kritisiert er die Bräuche der Tsurani.
    Lujans Stimme mischte sich jetzt ein; sie klang ungewöhnlich bekümmert. »Er hat ehrenvoll gedient! Was mehr können wir tun?«
    »Einen Heiler holen, der um sein Leben kämpft!« schrie Kevin beinahe. »Oder wartet ihr darauf, daß eure Götter ihn retten?«
    »Das ist eine Unverschämtheit!« rief Lujan, und es folgte das Geräusch einer auf Haut klatschenden Hand.
    »Hört sofort auf! Beide!« Mara schaltete sich ein. Ihre Stimmen vermischten sich zu einem einzigen Geräusch, das wellenförmig auf und ab stieg.
    Keyoke lag still da und wünschte, der Streit würde ein Ende nehmen. Der Poet hatte jetzt jene Verse erreicht, die sich auf den Überfall bezogen, den er einst mit Papewaio gegen Tecuma von den Anasati durchgeführt hatte, und er wollte zuhören und auf Ungenauigkeiten achten. Zweifellos würde der Barde nicht die anschließende Feier erwähnen und auch nicht die vielen Karaffen San-Wein, die er mit Pape und ihrem Herrn zur Feier des Sieges geteilt hatte. Sie alle hatten bitter mit einem Kater dafür zahlen müssen, erinnerte sich Keyoke, und es war ihm danach beinahe so schlechtgegangen wie jetzt.
    Doch der Poet sprach nicht weiter. Statt dessen hörte Keyoke Maras Stimme vom Korridor. »Kevin, es wäre ganz und gar nicht gütig, das Leben eines Kriegers zu retten, der ein Bein verloren hat. Oder wußtest du nicht, daß Lujans Feldheiler es abnehmen mußte, weil eine Pfeilwunde geeitert hatte?«
    Keyoke schluckte schwer. Die Schmerzen, die ihn quälten, hatten dafür gesorgt, daß er gar nicht wahrgenommen hatte, daß ihm ein Bein fehlte. Er hielt die Augen geschlossen.
    »Na und!« rief Kevin aufgebracht. »Keyokes Wert liegt in seiner unglaublichen Erfahrung, und selbst Euer von den Göttern faselnder Heiler weiß, daß das Hirn eines Mannes nicht in seinen Füßen steckt!«
    Daraufhin wurde es still; dann hörte Keyoke jemanden den Laden zurückschieben und eintreten.
    Er öffnete die Augen leicht und blickte in die Richtung, aus der die Störung kam. Der große Barbar betrat den Raum. Seine Haare schimmerten wie Feuer im Kerzenlicht, und seine große Gestalt warf dunkle Schatten gegen die Wand. Zielstrebig schritt er zwischen den Musikern hindurch und warf einen angeekelten Blick auf den Poeten. »Verschwindet«, sagte er im Befehlston. »Ich will mit dem alten Mann reden und hören, was er vom Sterben hält.«
    Keyoke blickte dem barbarischen Sklaven direkt ins Gesicht; seine Augen waren dunkel vor Wut. Er bemühte sich, seine Stimme so fest klingen zu lassen, wie sein Zustand es gestattete. »Du bist unverschämt«, wiederholte er beinahe Lujans Worte. »Und du mischst dich in Fragen der Ehre ein. Wäre ich bewaffnet, ich würde dich auf der Stelle töten.«
    Kevin zuckte mit den Schultern und setzte sich an die Seite des alten Kriegers. »Hättet Ihr die Kraft, mich zu töten, wäre ich nicht hier, alter Mann.« Er verschränkte die Arme, stützte die Ellenbogen auf die Knie und betrachtete Keyoke, der immer noch wie ein Feldherr aussah, selbst jetzt, da er wie eine Galionsfigur in einem Meer aus Kissen lehnte. Schmerzen und Fieber mochten in seinem Körper toben, doch sein Gesicht war immer noch das eines Kommandeurs. »Wie auch immer, Ihr seid nicht bewaffnet«, bemerkte Kevin mit seiner vernichtenden midkemischen Unverblümtheit. »Und Ihr würdet eine Krücke brauchen, um von diesem Bett aufzustehen. Ihr könnt Eure Probleme also vielleicht nicht mehr länger mit der Klinge lösen, Kommandeur Keyoke.«
    Die Schmerzen in seinem Bauch wurden stärker, als der alte Mann tief Luft holte und zu einer Antwort ansetzte. Er spürte, wie die Schwäche an ihm zerrte und nur darauf wartete, ihn in die Dunkelheit hinunterzuziehen. Doch er riß sich zusammen und sagte in einem Ton, der schon vielen jungen Kriegern ein solch anmaßendes Verhalten ausgetrieben hatte: »Ich habe gedient.«
    Unerschütterliche Würde klang aus diesen Worten. Kevin schloß für einen Moment die Augen, als würde er innerlich zusammenzucken. »Mara braucht Euch noch.«
    Er blickte Keyoke nicht an. Anscheinend hatte seine Grobheit Grenzen; doch er krampfte seine Hände so fest um seine Unterarme, daß die Knöchel weiß wurden. In der Tür stand Lujan, das Gesicht abgewandt.
    »Mara braucht Euch noch«, preßte Kevin mit heiserer Stimme hervor, als suchte er nach anderen Worten, die sich

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