Der Sklave von Midkemia
seine Lady immer nur als diejenige sehen, die ihn gefangenhielt. Ein Mann mit gewöhnlichem Geschmack und einfachem Verstand wie er konnte sich an ihrer erfinderischen Art, die Dinge zu sehen, nicht ergötzen oder an Kevins Freude, wenn sie über seine Witze lachte, sobald sie allein waren. Er konnte auch nicht den Zauber verständlich machen, daß es ihm wie die Erfüllung seines Lebens erschienen war, als er sich in ihr verloren hatte.
Zu müde, um über das Unaussprechliche zu reden, warf Kevin die Hände in die Luft. »Weißt du, wir sollten ein andermal darüber reden. Ich … kann auf die schnelle nichts versprechen. Doch wir können immer noch weggehen, und seit Dustari sind die Dinge nicht mehr ganz so festgefahren wie bisher.«
»In welcher Hinsicht?« murrte Patrick wenig überzeugt. »Werden uns die Aufseher jetzt, da du mit Mylady zurückgekehrt bist, plötzlich wie Saufkumpane behandeln?«
Kevin schüttelte den Kopf, doch die Bewegung verlor sich in der Dunkelheit unter den Bäumen. »Nein. Doch ich glaube, ich mache Fortschritte, und eines Tages …«
»Eines Tages werden wir tot sein«, sagte Patrick hart. Er griff nach Kevins Schultern und schüttelte ihn wild. »Mann, mach dich nicht zum Trottel wegen einem Paar kleiner, weicher Oberschenkel. Ich weiß, du warst schon immer jemand, der sich in diesem oder jenem hübschen Gesicht verloren hat, als wäre ein bereites Schwert ein Zeichen für Liebe. Doch für uns gibt es hier keine schönen Ladies zum Schmusen, Kevin.« Im trüben Licht sah Kevin, daß Patrick in die Richtung des Herrenhauses nickte. »Während du deine Seidendecken genießt, schlafen wir im Dreck. Wenn du am Morgen mit der Mistress frühstückst, sind wir bereits drei Stunden auf dem Feld, und wenn du mit ihr zu Abend ißt, kommen wir gerade zurück. Du bleibst von unserem Los nur so lange verschont, wie du dein Schwert scharf halten kannst und die Lady sich nicht mit dir langweilt. Sie wird sich eines Tages einen anderen Liebhaber suchen, und dann wirst du lernen, wie wir leben.«
Kevin wollte widersprechen, doch zähneknirschend mußte er zugeben, daß Patrick die Wahrheit sagte. Mara mochte ihren großen Barbaren lieben, doch er durfte sich nichts vormachen: Sie würde, ohne eine Sekunde zu zögern, seinen Tod anordnen, wenn die Ehre des Hauses in Gefahr war. So großzügig, erfinderisch und warmherzig Mara auch sein konnte, sie war genauso fähig zur Unbarmherzigkeit.
Kevin umfaßte die straffen Handgelenke seines Freundes. »Ich sage ja nicht, daß ich gegen die Idee einer Flucht bin. Ich bin nur nicht davon überzeugt, daß das Leben als Gesetzlose, wo wir von der Hand in den Mund leben und immer bereit zur Flucht im Wald schlafen würden, auch nur eine Spur besser ist als die Sklaverei. Gib mir etwas Zeit. Laß mich sehen, was ich tun kann, damit ihr besseres Essen und weniger Arbeit bekommt.« Er zog seine Hände zurück, hin und her gerissen von einem Konflikt, den er in seinem Übereifer nicht vorhergesehen hatte. »Paß auf, daß die Burschen nichts Unüberlegtes tun. Ich werde meinen ganzen Einfluß bei der Lady einsetzen und einen anderen Weg finden, wie wir unsere Freiheit wiedererlangen können.«
»Aber laß dir nicht zuviel Zeit, alter Knabe. Wenn du die Wichte inzwischen magst, ist das deine Sache – ich werde niemals aufhören, dich wie einen Bruder zu heben.« Patrick wandte sich vom Bach ab; seine Stimme war jetzt plötzlich kalt. »Doch eins solltest du wissen. Ich würde dich töten, wenn du versuchen solltest, uns hier festzuhalten. Die Jungs haben sich entschieden; wir wollen lieber in Freiheit sterben, als unser Leben als Sklaven verbringen. Wir kennen die Tsurani gut genug, um zu wissen, daß, wenn deine Lady im Süden versagt hätte, jeder hier auf sich selbst angewiesen gewesen wäre, und die Letzten werden gewöhnlich von den Dämonen erwischt. Daher warteten wir die Neuigkeiten ab. Wenn die Lady tot gewesen wäre, hätten wir uns davongemacht, ohne daß uns jemand hätte befehlen können zu bleiben. Als wir hörten, daß sie gewonnen hat … beschlossen wir, auf deine Rückkehr zu warten, da du unser Offizier bist und die größten Chancen hast, uns sicher hier rauszubringen.« Er heftete seinen harten Blick auf seinen Landsmann. Als Kevin nicht antwortete, fuhr Patrick fort: »Wir werden nicht viel länger warten. Mit dir oder ohne dich, alter Freund, wir werden gehen.«
Kevin seufzte. »Ich verstehe. Ich werde niemals versuchen, euch
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