Der Sklave von Midkemia
Schmuckstücke wieder auf ihren Platz zurückzustellen. Incomo betrachtete das gerötete Gesicht seines Herrn und seufzte vor unterdrückter Ungeduld auf. Er war es leid, die Tage im Haus zu verbringen und sich in langsam vergehenden, unergiebigen Stunden um einen Herrn zu kümmern, der nicht besonders scharfsinnig war und keinerlei Zugang zu feingesponnenen Plänen fand. Doch bis Tasaio zurückkehrte, blieb Incomo nichts anderes übrig, als irgendwie Desios Tiraden zu ertragen.
»Wenn wir nur einen Überfall inszenieren und diese Chocha-la-Büsche niederbrennen könnten«, klagte der Lord der Minwanabi. »Das würde Jidu an den Rand des Ruins treiben, und wir könnten ihn mit einem Darlehen retten, durch das er uns verpflichtet wäre. Woher hatte dieser blöde Needra-Bulle nur soviel Weitblick, verkleidete Informanten unter seine Arbeiter zu schmuggeln? jetzt können wir nicht eingreifen, ohne daß unsere Glaubwürdigkeit im Rat gefährdet ist.«
Incomo sparte sich die Mühe auszusprechen, was offenkundig war: daß durch die Bestechungsgelder, mit denen sie Maras Verpflichtung in Dustari vorbereiteten, ihre Finanzmöglichkeiten bereits bis zur Grenze ausgeschöpft waren; daß Lord Jidu verschrien war als jemand, der sich dem Trinken, Spielen und Prostituierten widmete, ein schlechter Schuldner, der von jeher einen eher ungeeigneten Kunden für ein Darlehen abgab. Ganz zu schweigen davon, daß Mara, sollte sie von dem Darlehen der Minwanabi erfahren, ganz sicher für Jidus Ruin sorgen würde, damit sie niemals etwas von dem Geld wiedersehen würden. Selbst wenn sie die Geldspende vor ihr geheimhalten könnten, hätten sie im darauffolgenden Jahr das gleiche Problem. Doch Incomo war zu klug, als daß er seinen Atem mit unnötigen Erklärungen verschwendete. Gerade hatte er sich damit abgefunden, eine weitere Stunde voller Klagen über sich ergehen zu lassen, als eine Stimme vom Gang ertönte.
»Die Informanten unter den Arbeitern gehören nicht zu Lord Jidu, sondern wurden von Keyoke als Spione eingesetzt«, erklärte Tasaio, als er eintrat. »Sie sind der Grund, weshalb zweihundert Acoma-Soldaten an der Grenze zu Jidus Land Manöver abhalten.«
»Keyoke!« echote Desio. Sein Gesicht färbte sich tiefrot. »Der Kommandeur der Acoma?«
Tasaios Lächeln wurde dünn bei der Erwähnung einer solchen Banalität. »Es kann nur im Interesse der Acoma sein, daß die Chocha-la-Ernte gut verläuft«, erinnerte er den Lord.
»Maras Sicherheitsnetz ist zu stark«, grunzte Desio, jetzt etwas weniger hitzig. Während der Diener erleichtert die Arbeit mit den Zierstücken beendete und rasch im Hintergrund des Zimmers verschwand, schritt der beleibte junge Lord zu seinen Kissen. »Selbst wenn wir einen Attentäter beauftragen würden, den Kommandeur zu vergiften, könnten wir nicht davon ausgehen, daß es ganz sicher funktioniert – wir haben bereits den Mann verloren, der sich unter die Hirten mischen sollte. Und nach allem, was wir von diesem vom Glück geradezu verwöhnten Lujan wissen, wird uns Keyokes Tod nicht sehr viel nützen. Der Emporkömmling wurde zwar erst vor kurzem befördert, doch er könnte sich als außerordentlich fähiger Verteidiger der Acoma erweisen. Unglücklicherweise bewacht er höchstpersönlich die Gemächer der Lady, sonst würde ich vorschlagen, auch ihn töten zu lassen!« Desio stand wieder kurz vor einem Wutanfall. »Wenn ein Attentäter aber überhaupt so nah an ihn herankommen könnte, würde ich ihm befehlen, statt dessen gleich Mara zu töten!«
»Sicher«, beschwichtigte Tasaio. Bevor Desios Verstimmung sich noch weiter ausbreiten konnte, legte der Krieger die Robe ab, die er über der Rüstung trug. Er warf sie einem wartenden Diener zu und verneigte sich mit tadelloser Ehrerbietung vor seinem Cousin. Dann setzte er sich. »Mylord, es gibt eine neue Entwicklung.«
Incomos säuerliche Stimmung legte sich etwas; er bewunderte Tasaios feines Taktgefühl, mit dem er Desios nervöse Verdrossenheit in erwartungsvollen Eifer verwandelte.
Tasaio lächelte, und weiße, wohlgeformte Zähne blitzten zwischen den Lippen auf. »Ich habe die Identität von Maras drei Spionen herausgefunden.«
Desio schwieg einen Augenblick verblüfft, und die Wut in seinem Gesicht wich blankem Staunen. »Wunderbar«, sagte er dann. Und als der junge Lord dieses Wort wiederholte, schwang mehr Vergnügen in seiner Stimme mit, als Incomo es seit dem Tode Jingus jemals erlebt hatte: »Wunderbar!« Er klatschte in die
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