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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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da er beim Feldzug in der barbarischen Welt Stellvertretender Kommandeur des Kriegsherrn gewesen war, würde er notfalls Desio als Clanlord ersetzen. Die Minwanabi jedenfalls konnten durch seine großartigen Leistungen nach tsuranischer Tradition nur an Ehre gewinnen.
    »Mylord«, sagte Tasaio, während er sich mit tadelloser Eleganz aufrichtete, »es hat begonnen.«
    Desio war ganz und gar gespannte Erwartung. Er hatte sich von seinem Cousin inspirieren lassen und mit Übungen in den Kampfkünsten begonnen. Als er jetzt in seinen schönen Gewändern auf der Brokatmatte saß, hing sein Bauch weniger schlaff herab als sonst, und der jungenhafte Ausdruck war aus dem kräftigen Gesicht gewichen. Durch eifriges Üben hatte er seine Fähigkeiten im Schwertkampf immerhin so weit verbessert, daß seine Kampfpartner nicht länger absichtlich Fehler begehen mußten, damit er den Sieg davontrug. Und wenn er jetzt bei offiziellen Anlässen eine Rüstung tragen mußte, wirkte er nicht länger wie eine Witzfigur; die älteren unter den Bediensteten flüsterten gar, daß der Junge inzwischen eine Haltung angenommen hätte, die an den jugendlichen Jingu erinnerte, wenn er nicht sogar etwas männlicher war.
    Doch Desio hatte nicht nur an körperlichen Fähigkeiten gewonnen. Während Tasaios Abwesenheit hatte er seinem Anspruch als Kriegslord des Clans Shonshoni Nachdruck verliehen – ein erster öffentlicher Schritt, mit dem er das Prestige zurückzuerobern versuchte, das durch den erzwungenen Selbstmord seines Vaters verlorengegangen war. Er war selbstsicherer als je zuvor und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Die Nachmittagssonne fiel auf seine Schultern und ließ die kostbaren Metallverzierungen aufblitzen. »Erzählt es mir in allen Einzelheiten.«
    Tasaio nahm den Helm ab und reichte ihn einem wartenden Diener, dann rieb er über das schweißfeuchte Haar an seinen Schläfen. Langsam begann er, die Handschuhe auszuziehen. »Wir haben wieder Nachricht von den Mitgliedern aus Maras Clan erhalten.« Zwei Diener eilten herbei; der eine hielt eine Schüssel, der andere schüttete aus einem Krug Wasser hinein. Tasaio wusch sich die Hände und das Gesicht, dann gestattete er einem dritten Diener, ihn abzutrocknen. »Der Gedanke einer völligen Zerstörung der Acoma bereitet ihnen Unbehagen, doch andererseits sind sie nicht gewillt, unseren Zorn auf sich zu ziehen, wenn sie eines Tages von der Vernichtung Maras und ihres Hauses als bereits vollbrachter Tat erfahren.«
    Der Diener faltete das schmutzige Leinentuch zusammen und ging, während Incomo, der im dunklen Schatten einer Nische neben Desios Kissen kaum zu erkennen war, seine faltige Hand eifrig nach vorn stieß. »Mylord, es ist genau so, wie Bruli von den Kehotara behauptet hat.«
    Wie es einem Edlen geziemte, unterdrückte Desio seine Verdrießlichkeit und erlaubte dem Ersten Berater fortzufahren. »Der Clan Hadama ist politisch geteilt. Die einzelnen Mitglieder streiten sich viel zu sehr, als daß sie jemals einen gemeinsamen Kriegsrat bilden könnten. Sie werden sicherlich keinen Streit mit dem Clan Shonshom suchen, aber wir müssen dennoch vorsichtig sein. Wir dürfen ihnen keinen Anlaß zur Einigung geben. Ich gehe davon aus, daß sie im Falle einer ernsten Krise ihre Differenzen beiseite schieben und Mara zu Hilfe eilen würden, wenn sie die Ehre des Clans anruft. Wir dürfen ihnen auf keinen Fall Grund dazu geben, wenn wir nicht wollen, daß plötzlich ein ganzer Clan gegen uns steht. Dann wären wir im Gegenzug gezwungen, auch den Clan Shonshom antreten zu lassen.«
    »Jeder Konflikt von einer solchen Größe hätte zur Folge, daß die Versammlung der Magier sich einmischt«, ergänzte Tasaio. »Das wäre katastrophal.« Er schnippte einen unsichtbaren Schmutzfleck von seinem Fingernagel. »Also gehen wir sehr umsichtig vor, und wenn Mara und ihr Sohn tot sind, schnalzt der Clan Hadama geschlossen mit der Zunge, drückt sein Bedauern aus und geht zum Alltag über, ja?«
    Desio hob gebieterisch die Hand, und sie schwiegen, während er nachdachte. Incomo unterdrückte das Bedürfnis, seine Meinung kundzutun; er war zufrieden mit der neugewonnenen Reife seines Lords. Tasaios Einfluß hatte sich als ein Geschenk der Götter erwiesen, denn der junge Lord schien sich zu einem selbstbewußten, entschlossenen Anführer zu entwickeln, wie er seit der Herrschaft seines Großvaters in der großen Halle der Minwanabi nicht gesehen worden war.
    Inzwischen war Desio auch in

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