Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
Vom Netzwerk:
Pharao Freude bereiten.
    Was für eine Ironie, ging ihm durch den Sinn.
    Nefertari hatte Jahre ihren Gemahl mit ihm betrogen. Und jetzt, ausgerechnet JETZT, wo nicht einmal etwas passiert war, erwischte man sie beide! Nein, wirklich eine Ironie…
    Er lachte. Es hörte sich schauderhaft an. Die Götter waren launisch. Wahrhaftig. Oder war das ihre Art, ihn für seine Frevel zu strafen? 
    Was würde mit Nefertari geschehen? Wahrscheinlich, nahm er an, gewährte ihr Sohn ihr das Recht, Selbstmord zu begehen… halbwegs würdevoll und im Verborgenen. Ihm selbst würde eine solche Gnade ganz sicher verwehrt bleiben, er stammte aus keinem Adelshaus, auf das Rücksicht genommen werden musste und schon gar nicht aus der Königsfamilie. 
    Ich bin nur der Sohn einer namenlosen Hure… Und genauso namenlos würde er also enden, ganz so, wie Senmut es gewollt hatte… Du hast doch Recht behalten, du verdammter alter Giftzahn! ‚Elend sterben... oh ja. Ganz sicher werde ich elend sterben!
    Und der Pharao wird Monate damit verbringen, überall in den Inschriften den Namen Amenemhat herausmeißeln zu lassen!
    Oder er lässt mich ganz einfach in diesem Loch langsam verrotten… Nun gut… dann musste er wenigstens nicht mehr mit ansehen, wie dieser Narr Waset und Kemet zugrunde richtete! Ein kleiner Trost…
    Ausgerechnet jetzt, nachdem sich alles begann, zum Besseren zu wenden! Nachdem er diesen verfluchten Kahotep von seinem Amt so gut wie verdrängt hatte!
    War vielleicht alles gar kein Zufall gewesen, begann sich Amenemhat nach einer Weile zu fragen. Hatte irgendjemand bei Hofe den Zwischenfall inszeniert, Iny informiert? Es gab eine ganze Menge Neider, die schon seit Jahren darauf gewartet hatte, ihn los zu werden… Der Oberpriester des Ptah stand an allererster Stelle in dieser Riege. Aber es war müßig, darüber zu spekulieren. Was zählte, war nur die Tatsache, dass er am Ende seines Weges angelangt war. Nicht mit den Kronen der beiden Lande auf dem Haupt, sondern im Kerker…
    Der Gedanke an seine junge Gemahlin drängte sich in den Vordergrund. Bei der Vorstellung, sie nie wieder zu sehen, ergriff Amenemhat Verzweiflung, die nur einen Moment später von einer noch schrecklicheren Vorstellung abgelöst wurde: nämlich DASS sie einander wiedersehen würden! Bei seiner Hinrichtung. Und dass dieses Bild sie verfolgen würde bis ans Ende ihrer Tage und die Erinnerung an alle schönen Stunden auslöschen würde. Oder würde Iny seinen Zorn sogar an Meritamun auslassen, sie vielleicht verbannen, ihr allen Besitz nehmen?

    „Macht auf! Ich beschwöre euch!“ Nefertari hämmerte mit den Fäusten gegen die hölzerne Tür, die man hinter ihr geschlossen hatte. Bei jedem Schlag pulsten Schmerzen durch ihren Körper, aber es war ihr gleichgültig. Tränen liefen ihr über die Wangen, ließen die Schminke und den rötlich-blauen Abdruck, den Ramses’ Hand hinterlassen hatte, ineinander verschmelzen.
    „Aufmachen! Ich muss mit dem Pharao sprechen! Ich muss mit meinem Sohn sprechen! Macht auf!!!“
    Sie schrie so lange, bis sie nur noch ein heiseres Schluchzen hervorbrachte und an der Tür zusammensank. „Amenemhat…“ flüsterte sie, 
    „… was habe ich getan… was habe ich dir angetan?“

    Mit Aufregung und Furcht im Gefolge verbreiteten sich die Gerüchte aus dem Palast in Ipet-Isut. Schon bald hatten sie auch Debora erreicht. Sie war hinüber in den Hof geeilt und lief auf den Zweiten Diener Amuns zu, der gerade mit Grabesmiene ein Grüppchen neugieriger Schüler aus dem Haus des Lebens verscheucht hatte.
    „Was ist passiert? Amenemhat wollte den Pharao ermorden?! Man hat ihn ins Verlies geworfen? Ist das wahr?“ Er hatte ihr gesagt, die Königsmutter habe Nachrichten von den Gaufürsten für ihn… Debora misstraute Nefertari zutiefst, und sie hatte Amenemhat gebeten, nicht zu gehen. Aber wie stets hatte er die Besorgnis seiner Gemahlin zur Seite gewischt. Sie angelächelt und versichert, sie bräuchte nicht eifersüchtig zu sein; sein Herz und seine Seele gehörten ganz und gar allein ihr. Und niemand seiner Gegner würde wagen, ihn bei Tage im Palast zu beseitigen…
    „Ich weiß nicht, was wahr ist, Frau“, erwiderte der Zweite Gottesdiener unwirsch. Er hatte offensichtlich keine Lust, diese Angelegenheit mit ihr zu erörtern, ganz gleich, ob sie die Gemahlin des Hohenpriesters war oder nicht. „Aber unseren Tempel wird Unheil treffen, soviel ist gewiss!“ Er hob die Arme in einer Geste der Demut zum

Weitere Kostenlose Bücher