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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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zwang, die Jagd abzubrechen und dann, hier im Palast, DAS! 
    „Ich werde ihn pfählen! Und seinen Leichnam verbrennen! Ich werde seinen Namen überall auslöschen! Sein Ka wird niemals Eingang in das Totenreich finden! Er soll verdammt sein zu den Dämonen der Wüste bis in alle Ewigkeit!“
    Nein, es bereitete seinem Zorn nicht einmal Genugtuung, sich die Bestrafung in allen Einzelheiten vorzustellen! Vor Vize-Haushofmeister Tawere blieb Ramses stehen. „Du! Du hast gewusst, nicht wahr? Gib zu, dass du es gewusst hast!“
    Der ältere Mann starrte den Pharao mit schreckgeweiteten Augen an. Seine Lippen zitterten.
    Sandalenklappern ließ Ramses herumfahren. In der Tür stand der Wesir. 
    „Habe ich dich nicht schon vor einer halben Ewigkeit zu mir befohlen?!“ herrschte der Pharao ihn an. 
    Der Wesir verneigte sich und wich ein automatisch ein paar Schritte zurück. 
    „Verzeih mir, mein Herr! Aber die ehrwürdige königliche Mutter Nefertari wünschte…“
    „Meine Mutter hat genug gewünscht in den Armen Amenemhats!“ explodierte der Pharao und der Wesir sank noch ein wenig weiter zusammen. „Sie hat dir überhaupt nichts mehr zu sagen, merke dir das!“
    „Jawohl…“
    „Sie soll im Nordflügel untergebracht werden! Und Wachen sollen um ihre Gemächer Posten beziehen! Sie wird keinen Fuß mehr heraussetzen, ohne dass ich es sage!“
    Der Wesir nickte unterwürfig und machte Anstalten, sich zurück ziehen zu wollen, doch in diesem Moment fiel dem jungen König noch etwas anderes ein. „Die Leibdiener meiner Mutter! Sie sollen alle festgenommen und befragt werden! Ich will wissen, wie lange sie diesem widerlichen Treiben zugesehen haben!“
    Unbeeindruckt vom Zorn des jungen Pharao saß der Erste Mundschenk auf seinem Schemel, die Hände auf den Oberschenkeln und den Blick gesenkt, damit niemandem die freudige Genugtuung in seinen Zügen auffiel. Im Stillen gratulierte Sethnakht sich. Es war gelaufen, wie er es geplant hatte! Endlich! Der Erste Gottesdiener von Ipet-Isut war in die ausgelegte Falle getappt und er würde ihn loswerden! Auf eine wesentlich bessere Weise, als es das Gift damals bewirkt hätte! Diesmal würde Amenemhat leiden, lange leiden! Sethnakhts Lippen kräuselten sich nun doch in einem Lächeln. Nefertari hatte ihm unwissentlich in die Hände gespielt, als sie ihren kleinen Boten beauftragte, Amenemhat eine Nachricht zu überbringen. Eine ganze Weile hatte der Erste Mundschenk die wachsende Eifersucht der Königsmutter schon neugierig beobachtet – und ihren kleinen Boten für mehr Details bestochen. Seit Wochen hatte er gewartet, dass der Hohepriester sich zu einem Besuch im Palast bereit finden würde. Zu seinem Bedauern allerdings war dessen Interesse an Nefertari dahin geschmolzen. Aber an diesem Morgen, sagte Sethnakht sich wieder und wieder, war ihm das Schicksal günstig gestimmt gewesen. Alles, was er hatte tun müssen, war dem Pharao einen Grund zur raschen Rückkehr in den Palast zu verschaffen…
    Ein ganz kleiner, unauffälliger gelockerter Bolzen an Ramses’ Streitwagen – und Amenemhat landete im Verlies! Der Erste Mundschenk hoffte, dass den Hohepriester ein qualvolles Ende ereilen würde, genau, wie jener es damals seinem Bruder zugedacht hatte! Und ein Öffentliches dazu. Jedes Kind, jede Frau, jeder Mann, jeder fremdländische Sklave in Waset sollte den ‚Herrn von Ipet-Isut’ aller Würden entkleidet und nackt verrecken sehen!

Kapitel 16

    Es war dunkel in Amenemhats Kerkerzelle. Vom Boden stieg unangenehme kühle Feuchte auf, die ihn frösteln ließ. Er hatte keine Vorstellung davon, wie viel Zeit vergangen war, seit die nubischen Gardisten ihn hier mit einem Fußtritt nach unten befördert hatten, Hände und Füße in hölzernen Zwingen wie ein gewöhnlicher Verbrecher.
    Aber er war weit mehr als das, und diese Behandlung war vermutlich noch das Beste, was ihm in den kommenden Tagen widerfahren würde… Er lehnte den Kopf gegen den kalten Stein. Beinahe wie ein unbeteiligter Beobachter fragte er sich, welche Art der Hinrichtung Ramses wohl für ihn vorbereiten mochte. Es gab sehr viele sehr qualvolle und langsame Wege, jemanden vom Leben zum Tode zu befördern… Und ganz sicher würde der junge Pharao etwas Derartiges finden, um seinen alten Gegner ins Vergessen zu schicken! Das Ende an sich fürchtete Amenemhat nicht einmal so sehr. Aber er wollte nicht als ein jämmerliches Bündel Fleisch und Knochen, das nicht mehr Herr seiner Selbst war, dem

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