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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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neben ihm? Er war selbst einmal Soldat gewesen in Ramses‘ Truppen. Aber… wie weit reichte seine militärische Rationalität und wo begann die Treue seinem König gegenüber? Was wollte er überhaupt hier von ihm… jetzt? Misstrauisch musterte Sobekemsaf den jüngeren Mann, der unruhig mit seinem prächtigen Amtsstab auf den Boden klopfte. Ganz ohne Zweifel lag ihm etwas auf dem Herzen!
    „Der Pharao sollte an der Spitze seiner Truppen stehen, waren deine Worte eben im Kronrat“, griff der Wesir den Faden des Gesprächs wieder auf. „Aber was, wenn seine Hand zu schwach ist, um die Zügel des Streitwagens in der Schlacht zu halten?“
    Einige Herzschläge lang herrschte Stille. Die Stille des Abgrundes des Verrats, der sich auftat, als die Worte sich langsam in den Geist des Generals senkten.
    „Ich weiß nicht, worauf du hinaus willst, Freund“, erwiderte er, doch ohne den Wesir dabei anzusehen. Zu ungeheuerlich war das alles! Er würde sich nicht um Kopf und Kragen reden!
    „Wenn seine Hand zu schwach ist“, hauchte der Wesir gleichsam, „… sollte dann nicht ein Stärkerer die Zügel halten und Kemet aus dem Griff seiner Feinde retten, Sobekemsaf?“
    „Was sollen diese Worte bedeuten?“
    „Die Libyer und die Gaufürsten rücken vor, mit jedem Moment, den wir warten, weiter! Morgen werden sie die ersten unserer Landgüter erreicht und zerstört haben!“
    „Ich bin Soldat.“ Hastig sah Sobekemsaf sich um, plötzlich fürchtend, einem ausgeklügelten Hofkomplott zum Opfer gefallen zu sein. Tatsächlich klangen eilige Schritte zu ihnen. In der Dämmerung tauchte die Gestalt des Obersten Siegelschneiders auf. Der Wesir nickte ihm kaum merklich zu. Der General fasste sein Schwert fester, aber die Hand des jüngeren Höflings legte sich nur auf seinen Arm. 
    „Ein Soldat, der geschworen hat, den Feind aus Kemet zu vertreiben“, erinnerte der Wesir. „Unter dem Befehl eines starken Horus.“
    Sobekemsafs Augen glitten von ihm zum Obersten Siegelbewahrer. „Was wollt ihr?“
    „Ramses muss sterben…“ begann der Wesir leise.
    Doch nicht leise genug, dass ihn der Erste Mundschenk, der ihnen heimlich gefolgt war, nicht hörte.

Kapitel 17

    Meritamun, Meritamun… Sie war beinahe alles, woran Amenemhat noch denken konnte. Ihr Lächeln, ihre Augen, ihre Stimme. Das Einzige, was stärker war als die andauernden Schmerzen, der Hunger und der Durst. Wenn die Götter so gnädig waren und ihn HIER sterben ließen… dann blieb ihr wenigstens die Hinrichtung erspart. Ein kleiner Trost. Beinahe lachte er innerlich bei dem Gedanken, wie klein seine Ansprüche schon geworden waren.
    Holz knarrte in metallenen Angeln, dann tastete sich ein Lichtschein abwärts in das Verlies. Amenemhat hob den Kopf und sah zwei Gestalten in Gewändern, die nicht den Kerkerwächtern zugehörig schienen am Ende der Treppe. War es Zeit für seine Hinrichtung? Er versuchte sich in eine halbwegs würdevolle Position aufzurichten, scheiterte aber.
    Schritte tappten die Treppe abwärts und einen Moment später griffen ihn zwei Arme. Erstaunt erkannte er den Wesir. Es knackte, dann splitterte das Holz seiner Fesseln unter dem Einsatz einer Steinklinge und Amenemhat stützte sich steif und zittrig auf die Füße. Die hastigen Worte, die der Wesir ihm dabei zuflüsterte, ließen dem Hohepriester für einen Augenblick erneut schwindlig werden. Doch dann pulste das Adrenalin machtvoll genug durch seine Adern, um ihn aufrecht zu halten. Die Libyer marschierten auf Waset zu?!
    „…Ramses ist nicht willens, den Feind aufzuhalten“, fuhr der Höfling fort, wohl überlegt keinen der üblichen Königstitel mehr benutzend. Für ihn war der Mann schon tot, über den er sprach! Er öffnete einen Tonkrug und reichte Amenemhat zu trinken.
    „Wir brauchen einen starken Pharao!“
    „…einen Pharao wie dich, Erhabener“, vollendete jetzt der zweite Mann, der mit dem Wesir gekommen war, die Rede. Der Oberste Siegelschneider!
    Der Hohepriester begriff vollkommen, auch ohne dass die Höflinge weiter auf ihn einflüsterten, während sie ihm aus dem Kerker nach oben halfen. Sie wollten Ramses loswerden. Aber sie wollten sich nicht die Hände mit diesem Sakrileg beflecken! Gut, sollte ihr Plan von Erfolg gekrönt sein, würde er sich daran erinnern, diese beiden Verräter als erstes den Weg zu schicken, den sie jetzt für ihren König bereitet hatten. Verrätern war nicht zu trauen…
    Auf der Schwelle zum Verlies lag der leblose Körper des

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