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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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du sterben, ist dir das klar?“ … Ich habe meinen eigenen Sohn getötet; es wird mir keine Mühe bereiten, den Sohn eines Verräters ins Totenreich zu schicken… 
    Amenemhat presste den Knaben noch etwas fester gegen die Wand. So viele Dinge schienen plötzlich um so vieles leichter und unbedenklicher… Welche Rücksichten sollte er noch beachten, jetzt, nachdem er den größten erdenklichen Frevel begangen hatte? Hatten die Götter seine Verdammnis beschlossen, gab es nichts, was diese Strafe noch erschweren konnte nach dem, was bereits geschehen war!
    „Du wirst sterben“, wiederholte er mit der ganzen Eiseskälte, die sich wieder in seinem Innern fühlbar machte, „... und ich werde dafür sorgen, dass es ein Tod auf ewig sein wird! Verstehst du?“
    „Ja… Erhabener…“
    Amenemhat ließ den Jungen so plötzlich los, dass dieser den Halt verlor und vor ihm auf das Deck stolperte. 
    „Dann rede jetzt!“
    „Der Häuptling der Libyer hat einen Teil seiner Kämpfer in Marsch gesetzt“, rief der junge Gesandte jetzt, sich aufrappelnd. „Sie sollen sich mit weiteren Kriegern aus dem Westen vereinigen, deinen Männern den Weg abschneiden! Mein Vater hat es aus dem Munde des Libyers selbst gehört! Mein Vater soll mit seinen Kriegsbooten flussaufwärts fahren, aber er wird es nicht tun, sondern sich zurück halten, Erhabener!“
    „Das heißt, Smendes von Men-Nefer stellt sich auf meine Seite und wird uns den Rücken freihalten, während wir gegen seine Bundesgenossen marschieren?“ präzisierte Amenemhat, ohne den Blick von dem Jungen zu nehmen. Dieser nickte heftig.
    General Sobekemsaf schritt auf und ab und musterte den Knaben seinerseits. „Wenn wir ihm glauben und versuchen, den Libyern zuvor zu kommen und sie am Ufer zum Kampf zu stellen, könnte das genau das sein, was Smendes und seine von den Göttern verfluchten Blutsbrüder beabsichtigen! Dann geben wir ihnen nämlich den Fluss frei nach Waset!“ 
    Er blieb stehen, stemmte die Arme in die Hüften und sah zu Amenemhat, die Entscheidung des Regenten erwartend. Seiner militärischen Meinung nach konnte diese nur in eine Richtung ausfallen: weitersegeln und den Gegner weiter nördlich stellen, so wie es der ursprüngliche Plan gewesen war. „Wirf diesen Haufen Dung zurück in den Fluss!“ Er wies auf den erschrockenen Jungen.
    „Nein.“ 
    Die Antwort des Hohenpriesters ließ einen finsteren Schleier über die wettergegerbten Züge des Generals fallen und er schob die Finger unter seinen Waffengurt. „Du vertraust diesem … kleinen Bastard, Erhabener?“ 
    „Niemand rührt dieses Kind an!“ erwiderte Amenemhat statt einer Antwort und griff den jungen Gesandten an der Schulter. „Niemand außer mir selbst! Er wird an meiner Seite sein, und wenn ich ein Anzeichen von Verrat entdecke, werde ICH ihn dafür bezahlen lassen! … Wir gehen an Land, mit drei Vierteln unserer Soldaten, vereinigen uns mit den Truppen, die am Ufer unterwegs sind und setzen uns in Marsch gen Westen! Über die Berge bei von Abudo! Die übrigen Schiffe bleiben auf dem Fluss und sperren ihn wie geplant.“ 
    „Über die Berge bei Abudo?“ klang ein unbehagliches Flüstern zu Amenemhat. „Durch die Pforte zur Unterwelt?“ 
    Der Blick des Ersten Gottesdieners erfasste den Sprecher, einen der Mitglieder aus Sobekemsafs Stab. „So ist es. Durch die Pforte zur Unterwelt. Denn die Libyer glauben genau das: dass die Söhne Kemets Furcht haben, diesen Weg zu beschreiten! Also werden wir ihn gehen. Der Herrscher des Totenreichs wird uns seinen Segen geben, oder zweifelst du daran?“
    Der Offizier wagte zumindest in der Gegenwart des Hohenpriesters seinem Zweifel nicht weiter Ausdruck zu verleihen. Das war alles, worauf es im Moment ankam. 
    „Sobekemsaf, gib die Befehle weiter!“ beendete Amenemhat das Gespräch.

    Mit wachsendem Unmut hatte Nefertari dem Bericht ihres Gardekommandanten über das Versagen seiner Männer gelauscht. Als er geendet hatte, war ihre Stimmung in offene Abscheu für den vor ihr knienden Nubier umgeschlagen, gespeist von ihrer erneut nicht gestillten Gier nach Rache. 
    „Amenemhat war im Recht, als er sagte, du seiest ein unfähiger Narr, Kemar!“ flüsterte sie jetzt. „Und deine Krieger sind es ebenso! Sie schaffen es nicht einmal, ein dummes kleines Ding wie diese Kiya zu halten!“
    Der Gardekommandant sah zu ihr auf, genoss ihre Wut mehr als sie zu fürchten, weil es ihre Reize nur betonte. „Ich werde Kiya ausfindig machen,

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