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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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gemacht hatte.
    „Ka...ho...tep…”
    Erstaunte, zum Teil enttäuschte Blicke wurden getauscht. Kahotep wäre der Letzte gewesen, den man erwartet hatte, selbst wenn man die Liebe des alten Senmut für den jungen Mann kannte. Intelligent und von Eifer für Ptah beseelt mochte Kahotep ja sein ... aber er war noch so jung, es fehlte ihm an Erfahrung! Und ein Feuer, das zu unkontrolliert brannte, konnte allzu leicht von wärmender Güte zu zerstörerischer Gewalt werden!
    „Lasst mich... allein jetzt... alle! Nur ... du sollst bleiben…“ Senmuts halb blinde Augen richteten sich auf den neben ihm kauernden jungen Priester, der von der Ankündigung noch viel zu überrascht und bewegt war, um irgendetwas zu sagen.
    Mit schlurfenden Papyrussandalen entfernten sich die übrigen Diener Ptahs. Dann herrschte wieder Stille, bis Senmut Kraft gesammelt hatte, um weiter sprechen zu können.
    „Du wirst ... den Ruhm Ptahs des Lebensspenders ... wieder herstellen ... Kahotep! Die ... gerechte Ordnung...“
    „Ja, ja, Meister, das werde ich! Ich verspreche es dir, ich werde dafür sorgen, dass die Ma’at eingehalten wird!“ Kahotep sprach rasch, fürchtend, dass sein alter Lehrer seine Antwort sonst womöglich nicht mehr würde hören können. Und er wollte Senmut unbedingt versichern, dass er auf ihn bauen konnte!
    „Amenemhat von Ipet-Isut...“ fiel dem Oberpriester plötzlich ein und seine dürren Glieder spannten sich an vor Anstrengung zu sprechen. „Ist Amenemhat... hier?“
    Kahotep runzelte die Stirn, legte seine rechte Hand beruhigend auf die Brust seines Lehrmeisters. 
    „Nein, niemand ist hier, niemand außer mir, Senmut.“
    Warum sprach er jetzt von dem Hohepriester des Amun? Kahotep wollte ihm sagen, dass er sich keine Sorgen zu machen brauche, dass er den Tempel des Ptah beschützen würde – aber ehe er dazu kam, die Worte zu formulieren, sprach Senmut weiter, die Stimme nur noch ein schwacher Hauch und kaum mehr zu verstehen. „... du musst ...“
    „Ich weiß“, wisperte Kahotep, erfasst von Zorn und Trauer, dass ausgerechnet der ‚Skorpion von Ipet-Isut’ Senmuts letzte Augenblicke verdunkeln sollte. „Ich werde dafür sorgen, dass sein Einfluss gebrochen wird! Ich verspreche es dir! Und der Pharao wird erfahren, welchen Frevel die Königin...“
    Der alte Oberpriester hatte seine Hand erhoben, aber nicht mehr genügend Kraft, um die Finger seines Schülers zu greifen. „Iny ...“ stieß er jetzt hervor, aber seine nächsten Worte waren nicht mehr hörbar. Sein Kopf fiel zurück und der Lebensatem hatte seinen Körper verlassen. Kahotep schloss die Augen und murmelte ein Gebet. So wahr ihm Ptah und alle Götter Kemets beistanden – er wollte Senmuts letzten Wunsch, seinen Befehl, erfüllen! Er wollte dafür sorgen, dass Recht und Ordnung wieder in Kemet Einzug hielten, damit die Götter mit Wohlgefallen auf die beiden Länder blicken konnten und sie mit reicher Ernte beschenkten. Er wollte Kronprinz Iny beschützen vor Amenemhats giftigem Skorpionstachel!
    Das ganze Haus und der kleine Kultraum auf dem Seneb-Re-Hof waren schon geschmückt, denn das Fest des Regengottes nahte. Zumindest in ihrer ehemaligen Heimat, wie ihr Vater versichert hatte... Hier in Kemet brannte die Sonne vom Himmel wie stets, nicht das kleinste Wölkchen war zu sehen. Deboras Gedanken allerdings weilten momentan in ganz anderen Gefilden als dem Fest für den Regengott oder der nie gesehenen Heimat, die ihr Vater so oft beschrieben hatte. 
    Sie saß auf einem Schemel in der Nähe des Stalls. Eine der Mägde bemühte sich, den eben aus Blumen und Papyrus geflochtenen Kopfschmuck auf ihrem Haar zu befestigen. Sie rückte, zog und zupfte, bis sie mit ihrem Werk zufrieden war. Debora beugte sich über das Wasserbecken und lächelte, als sie ihr Spiegelbild sah. Sie hatte die Magd gebeten, ihr das Haar so zu frisieren, wie sie es bei vielen Einheimischen auf dem Fest in West-Waset gesehen hatte. 
    „Wie eine Königin!“ lachte die Magd, dann nahm sie eine große Lotusblüte und befestigte sie so, dass die Krone in Deboras Stirn hing. „Damit wirst du jeden Mann bezaubern!“
    „Was treibst du da? Debora?“ Tameri war hinzu getreten und machte keinen Hehl aus ihrer Missbilligung. Die Magd entfernte sich eilig – schließlich genoss die alte Amme in Vielem die Autorität einer Herrin des Hauses! 
    „Ich wollte dir das Musterweben beibringen, Kind.“ Ihre Stimme war ein einziger Vorwurf. „Und was tust du? Du

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