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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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Ramses hatte später nicht einmal gemerkt, dass seine blutjunge königliche Gemahlin ihre Jungfräulichkeit schon verloren hatte… Amenemhat lächelte matt. So lange er Nefertari auf dem Gebiet sexueller Vergnügungen bot, wonach ihr gerade zu Mute war, war sie willig zu tun, was er anderweitig verlangte. Sie hatte es tatsächlich fertig gebracht, wenigstens einmal ihren Gemahl zu umschmeicheln, um ihm die Ernennung Amenemhats zum Ersten Gottesdiener abzugewinnen. 
    Amenemhat wusste, was Nefertari wollte, was der alte Ramses gern gehabt hätte, vor allen Dingen aber, was er selbst wollte! Diesem Ehrgeiz verdankte er es, jetzt hier zu stehen und dieses Amulett zu tragen. Aber es war nicht die Endstation des Weges, die er sich vorgestellt hatte.
    Er schloss die Augen und seine Gedanken glitten zurück in die vergangenen Jahrzehnte, die er hier in Ipet-Isut verbracht hatte, von dem Tag an, an dem seine Mutter ihn durch das Tor geschoben hatte. Wie ihm einer der Lehrer im Tempel später mit der entsprechenden Herablassung mitteilte, war sie eine Hure gewesen, die ein kleines Vermögen bezahlt hatte, um ihrem Sohn den Zugang zum Priesterdienst zu eröffnen. Amenemhat sah sie nie wieder. Er hatte ihr Gesicht ebenso vergessen wie den Namen, den er damals trug.
    In seiner Jugend hatte er sich manchmal gefragt, wer wohl sein Vater gewesen war, ob es einer der Edlen war, ein Mitglied des Königshofes. Aber das waren alles fruchtlose Überlegungen und schon seit langem hatte er daran keinen Gedanken mehr verschwendet. Es kam nicht darauf an, wer seine Eltern waren, woher er stammte - sollten manche Leute ihn ruhig den Sohn eines Dämonen nennen! Es kam darauf an, wie er seine Talente einsetzte!
    Doch nun… nun schien er mit all seiner Raffinesse am Ende. Das Land steuerte dem Untergang entgegen und er saß absolut machtlos hier! In einer Sackgasse! 
    Amenemhat zählte nahezu vierzig Jahre und bisher war das Alter recht freundlich mit ihm umgegangen. Seine Knochen waren stark und seine Muskeln geschmeidig, nicht zuletzt durch das Training mit den Tempelwächtern. Er hatte immer darauf geachtet, Überfluss in Speise und Trank zu vermeiden und er hielt sich fern von den diversen Lust steigernden Drogen, die am Königshof sonst üblich waren. Aber er wusste, dass Alter und Krankheit umbarmherzig und rasch zuschlagen konnten, von einem Tag auf den anderen. So, wie es dem Dritten Gottesdiener ergangen war, der eines Morgens erwachte und sich kaum mehr bewegen konnte, seither gefüttert werden musste wie ein Säugling. 
    Er hatte schon Jüngere ins Reich des Usire eingehen sehen, selbst ohne die Zuhilfenahme von scharfen Klingen und diversen Giftmischungen! Und er wusste, dass diese für ihn sehr wohl bereit lagen! 
    Ich hätte eher handeln sollen, dachte er, nicht derart zögern. Es hat genug Gelegenheiten gegeben, Ramses den letzten Atemzug tun zu lassen, so lang sein Schwachkopf von Sohn noch in den Windeln lag! Vor allem, bevor er diesen Feldzug unternahm!
    Amenemhat fluchte. Diese Untätigkeit wurde ihm jetzt vielleicht zum Verhängnis! Falls Ramses starb, war Iny jetzt alt genug, ihm auch ohne Vormundschaft durch seine Mutter auf dem Thron nach zu folgen. Und unter Umständen gelang es ihm, sich mit jugendlichem Charme einige Sympathien zu erobern, die sein Vater verloren hatte. Das wiederum würde es schwieriger machen, ihn ebenfalls zu beseitigen...

Kapitel 3

    Königin Nefertari scheuchte die beiden hinter ihrer Ruhebank knienden und mit großen Straussenfederwedeln Luft fächelnden Dienerinnen aus dem Raum und richtete den Blick auf ihren Besucher, Hohepriester Amenemhat.
    „Ich habe dich vermisst in der letzten Nacht.“
    „Oh, das nehme ich nicht an…“ entgegnete er. „Ich hörte, der Befehlshaber deiner Garde soll sehr bereitwillig meinen Platz eingenommen haben.“
    Nefertari hob die geschminkten Brauen. „Du spionierst mir nach?“
    „Mitnichten.“ 
    Er setzte sich und betrachtete sie. Immer noch war die Königliche Gemahlin so schön, wie es ihr Name heraufbeschwor, aber die letzten Jahre waren nicht spurlos an ihr vorüber gegangen und sie verwendete unterdessen ein ganzes Arsenal an Salben und Schminken, um diese Schönheit zu wahren. 
    „Du bist zu unachtsam, deine Begierden zu verbergen.“
    „Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?“
    Amenemhats Gesicht blieb unbewegt. Die körperlichen Vergnügungen mit Nefertari hatten schon vor geraumer Zeit ihren Reiz für ihn verloren. Er fühlte sich

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