Der Skorpion von Ipet-Isut
einigermaßen ironisch. Natürlich kannte sie die Gerüchte über die Abkunft des Herrn von Ipet-Isut. Möglicherweise hatte seine Mutter an einem Tag genauso verärgert und verzweifelt in ihrer Kammer gesessen wie sie jetzt! Aber für nostalgische Gedanken hatte sie wirklich keine Zeit! Egal, wessen Frucht das war – sie musste sie los werden! Die Dinge entwickelten sich ohnehin nicht so, wie sie sollten, dachte sie dabei mit wachsendem Unmut. Seit über einem Monat frequentierte sie nun schon den Palast. Laut Amemenhats Auftrag hatte sie den jungen Pharao dazu bringen sollen, sie offiziell zu einer seiner Favoritinnen zu erklären, wenn möglich im Beisein des Oberpriesters des Ptah. Doch bedauerlicherweise hatte sich Ramses’ Interesse in der letzten Woche einer Nubierin zugewandt! Außerdem machten auch noch Gerüchte über seine bevorstehende Verehelichung die Runde bei Hofe! Und nun auch noch diese verfluchte Schwangerschaft! Itakaiet seufzte.
Es klopfte. Sie verdrehte die Augen, stand auf und riss die Tür auf, um das dahinter stehende Mädchen anzufunkeln.
„Was willst du?“
„Die Fremdländerin ist krank“.
Auch das noch! Itakaiet schnaubte wütend. Mit diesem kleinen Miststück hatte sie nur Ärger! Jede Bezahlung, die sie für sie gegeben hatte, war reine Verschwendung! Wie lange hatte es gedauert, ehe es gelungen war, die Spuren der Vernachlässigung von ihrer Haut zu tilgen. Allein wie viel Mühe es gekostet hatte, ihrem widerspenstigen Haar wieder einen seidigen Glanz zu verleihen! Und die Kunstgriffe, die sie aufwenden musste, damit niemand von ihr erfuhr, ehe sie bereit war, den Gästen ihre Überraschung zu präsentieren! Besonders Khenti war ja ständig mit seinen Ohren und Augen überall da, wo er nicht sein sollte! Und jetzt also war das Biest auch noch krank!
Itakaiet schlug die Tür hinter sich zu und eilte in die Kammer, in der sie Debora untergebracht hatte. Sie brauchte nicht lang um festzustellen, dass die Fremdländerin tatsächlich nicht ganz gesund war. Ihre Augen glänzten übermäßig und ihre Stirn war heiß. Doch das war Itakaiet diesmal gleich. Heute würde sie an die Arbeit müssen; heute war ein Festtag und sie erwartete viele zahlungskräftige Gäste!
„Ich rate dir, keine Mätzchen zu machen, verstanden?“ Mit dieser Drohung schloss sie die Tür hinter sich und Debora hörte den Riegel einrasten. Sie hatte Angst. So klein wie möglich rollte sie sich auf ihrem Bett zusammen. Aber vielleicht... regte sich dann ein ganz schwacher Gedanke in ihrem Hinterkopf, wenn sie erst hier herauskam, konnte sie vielleicht auch fliehen. In den Tempel des Ptah und Kahotep um Hilfe und Schutz bitten…
Es war Abend geworden und die angezündeten Lampen in Itakaiets Schenke, die heute mit Festtagsöl getränkt worden waren, begannen ihren Duft zu verbreiten. Der Schankraum war bereits voller Gäste, alle noch so gut wie nüchtern, weil sie erst vor Kurzem gekommen waren. Itakaiet klatschte in die Hände, um so die Aufmerksamkeit aller zu erregen. Der fröhliche Lärm ebbte ab und die Blicke wandten sich ihr zu. Ihr und der neben ihr stehenden fremdländischen Schönheit.
Khenti, der gerade dabei gewesen war, die Schwelle des Hauses mit Duftwasser zu besprengen, blieb der Mund offen stehen. Das Mädchen mit den Flammenhaaren!
„Ich habe heute etwas ganz Besonderes mitgebracht“, begann Itakaiet und stieß die neben ihr stehende Debora in die Rippen. „Lächle gefälligst! – Dieses schöne Mädchen hier! Sie ist ein Schatz, behütet und gepflegt von mir wie ein eigenes Kind und sie ist noch Jungfrau! Was bietet ihr für sie?“
„Dreißig Kupferstücke!“ schrie ein grauhaariger Höfling.
„Du scherzt wohl, Mann“, war alles, was Itakaiet ihm daraufhin entgegnete.
„Also, ich warte auf eure Angebote!“
Alle weiteren Summen unter sechzig Kupferstücken oder etwas Gleichwertigem wies sie ab. Das Klima im Schankraum wurde erhitzter.
„Achtzig!“ brüllte nun ein anderer Gast und schwenkte einen Silberreifen, wurde aber gleich darauf von einem nubischen Offizier überboten, der sich nach vorn drängte und seine Bezahlung in Itakaiets Hände fallen ließ. Diese lachte zufrieden, drehte sich einmal um sich selbst und hob den Preis hoch über ihren Kopf. „Ein freigiebiger Mann mit einem Blick für wahre Schätze! - Sie gehört dir!“
Der Offizier griff die entsetzt aufschreiende Debora um die Hüfte und warf sie wie ein Kind über die Schulter. Die Gäste
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