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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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das Mädchen mit dem Flammenhaar am Arm packte, mit sich zerrte und in der Dunkelheit verschwand. Eine Vision, ein Fiebertraum…

Kapitel 2

    Es war sehr früh am Morgen und Waset schlief noch. Durch die engen Gassen der Unterstadt bewegten sich acht in unscheinbare Gewänder gehüllte Männer, die eine verhangene Sänfte auf den Schultern trugen. Aus ihr klang eine Stimme zu dem zerlumpten Burschen, der neben her trabte.
    „Khenti, bist du sicher, dass mein Gesandter im Tempel des Ptah ist?“
    „Ja, Erhabener! Ich sah ihn gestern dort im Hof!“
    „Wenn das die Wahrheit ist …“
    „Ich lüge nicht, Erhabener!“ Der Bursche streckte die Hand nach dem Rahmen der Sänfte aus. „Meine Belohnung!“
    Ein Stockhieb traf seine Finger, so dass er mit einem Schmerzenslaut zurück zuckte. „Deine Belohnung erhältst du, sobald mein Gesandter hier neben mir sitzt. Und jetzt fort mit dir! Du verpestet die Luft mit deinem Gestank!“
    Wenig später hatten sie den Tempelbezirk des Ptah erreicht, der sich inmitten der ärmlichen Behausungen der Unterstadt erstreckte. Hier verließ Amenemhat die Sänfte und wies seine Begleiter an zu warten. Er eilte an den Torwächtern vorbei, die sich tief vor ihm verneigten, und herrschte den erstbesten Tempeldiener an: „Bring mich zu Senmut!“
    „Unser Oberpriester ist krank, Erhabener Erster Diener Amuns…“ antwortete der junge Mann ausweichend.
    „Krank?“ Amenemhat verzog das Gesicht zur Maske eines Lächelns. „Sollte ihn die Strafe Thots für die Lügner getroffen haben? – Wo ist er? Halte mich nicht länger auf!“
    Der Tempeldiener wies stumm gen Osten, wo der Seiteneingang zu den Wohnungen der Priester war. Amenemhat ließ ihn ebenso wortlos stehen.

    Senmut, der Ranghöchste der Ptahpriesterschaft, lag auf einer mit Lederstreifen bespannten Bank, ganz offensichtlich tatsächlich unpässlich, wie der Hohepriester des Amun feststellte. Nun, das war nichts, was ihn jetzt zu einem Überfluss an Mitleid veranlasst hätte! Er trat näher. „Wo ist mein Gesandter?“
    Nun bewegte sich die magere Gestalt auf dem Lager und hob dem Amunpriester ein faltiges Gesicht mit fast blinden Augen entgegen. „Du… bist es… Lange bist du nicht mehr… hier gewesen…“
    „Wie ich sehe, war das meine Dummheit und dein unerhörtes Glück!“
    „Amenemhat… es gibt etwas, dass du –„
    „Deine Leute haben es gewagt, einen Gesandten des Amun festzusetzen. Der Mann ist im Besitz von wichtigen Nachrichten!“
    „Dein… Bote…lag ausgeraubt und halb … verdurstet in der Wüste. Meine Leute… haben ihm das Leben gerettet, indem… indem sie ihn hier her brachten“, keuchte Senmut.„Es wäre deine Pflicht gewesen, mich zu benachrichtigen! Warum wurde das unterlassen? Stattdessen hast du fleißig deine Botschaften nach Men-Nefer gesendet, nicht wahr?“
    „Eine wichtige Nachricht…“ murmelte der alte Ptahpriester, ohne auf die Frage zu antworten. „Ich weiß, was du… tun wolltest… weiß, was immer dein… Ziel war… von Anfang an… Aber...“
    Amenemhat beugte sich dicht über den Kranken. „Du hast meinen Gesandten verhören lassen? Einen Mann mit dem Siegel des Amuntempels?“
    „Er hat im Fieber gesprochen… Sicher… erinnert er sich selbst… nicht mehr daran. Und ich… bin zu alt und zu krank, um… um deinen Frevel verhindern zu können. Ich bin bald nur noch… ein Schatten…“ Senmut streckte die linke Hand aus. Seine knochigen Finger schlossen sich um das Amulett des Hohenpriesters. „Amenemhat… Höre… und öffne deine ... Augen...“
    „Ich versichere dir, meine Augen sind weit offen! Weit genug, um den Verrat der Ptahpriesterschaft zu erkennen! Dir ist doch nicht unbekannt, was die Priester von Men-Nefer treiben, oder? Sie verschachern mit Hilfe der Gaufürsten Kemet an die Libyer!“
    „Öffne deine Augen oder du wirst verflucht sein...“ keuchte Senmut nur und sein Geist schien plötzlich nicht mehr in den Gefilden der Lebenden zu weilen. „Du wirst verflucht sein…“
    „Höre auf zu versuchen, mir mit diesem Altweibergefasel Angst zu machen, Senmut!“
    „Du wirst… elend sterben... Frevler…“
    „Liefere mir den Gesandten aus, sofort! Oder du wirst ganz leibhaftig erfahren, was ein elender Tod ist!““
    Die barschen Worte riefen den alten Mann wieder zurück in das Hier und Jetzt. „Er ist unten… im Garten zum Inneren Tempel… du kannst ihn ohne Sorge… herausführen…“
    Der Erste Diener Amuns wandte sich zur Tür

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