Der Skorpion
etwas.« Sie tupfte sich die Nase ab.
»Trotzdem sagt er uns damit so gut wie gar nichts.« Regan schloss den Reißverschluss ihrer Jacke. »Selbst wenn dein Lückenrätsel stimmen sollte, bleibt die Preisfrage offen. Wer ist der Skorpion?«
»Wodka Tonic«, sage ich zur Kellnerin, die mich in der Hoffnung auf ein Trinkgeld anlächelt. »Mit Eis.« Ich bin kribbelig, warte auf meinen Drink, behalte den Bildschirm im Auge, auf dem über Jillian Rivers berichtet wird, die Blenderin, die ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Die Bilder sind ein paar Tage alt, sind aber mit anderen Aufnahmen zusammengeschnitten worden, mit Bildern von anderen »Mordschauplätzen« und von den Opfern, die mit Namen genannt werden: Theresa Kelper, Nina Salvadore, Mandy Ito, Diane Zander, Donna Estes und Jillian Rivers.
Aber da irren sie sich.
Wieder einmal. Die Idioten!
Wer ist dieser Hochstapler? Er kann nicht wissen, wie ich vorgehe, kann meine sorgfältig ausgearbeiteten Pläne nicht kopieren. Die Polizei wird den Unterschied doch sicherlich erkennen. Oder? Enthalten sie das der Presse vor, oder sind sie wirklich so dumm?
Mein Drink wird serviert, und ich trinke einen langen Schluck zur Beruhigung, spüre, wie der Wodka mir durch die Kehle rinnt und meinen Magen wärmt … wohltuend. Bald wird er mir ins Blut gehen, zum Glück.
Ich ärgere mich dermaßen über diesen Hochstapler! Welcher Idiot bringt meinen Plan durcheinander? Wer ist er? Und warum lässt sich die Polizei hinters Licht führen?
Nach all der Zeit des Wartens, nachdem ich jedes Detail ausgearbeitet habe, mischt sich irgendein Dummkopf ein und vermasselt mir alles. Ich spüre, dass Kopfschmerzen drohen, und trinke noch einen Schluck, lasse einen kleinen Eiswürfel zwischen meine Lippen schlüpfen und knacke ihn mit den Zähnen.
»Noch einen?«, fragt Taffy, die Kellnerin, erstaunt, dass ich das Glas so schnell geleert habe, während ich gewöhnlich nur daran nippe. Sie ist neu im Lokal, arbeitet erst seit ein paar Monaten hier, aber sie kennt mich bereits. Ich nicke, ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen.
Jillian Rivers ist aus dem Krankenhaus entlassen worden, gibt aber keine Stellungnahme ab. Stattdessen folgen Bilder von einer älteren Frau … von ihrer Mutter! Sie sieht aus, als käme sie direkt aus einem Schönheitssalon. Sie flennt herum, wie glücklich sie ist, dass ihre Tochter in Sicherheit ist, dass sie sich so gesorgt hätte und blah, blah, blah.
Begreifen die denn nicht? Jillian Rivers ist Etikettenschwindel. Und die Person, die sie im Wald zurückgelassen hat, ist ein Betrüger.
Meine Hände ballen sich zu Fäusten, und die Kellnerin, ein zierliches rehäugiges Mädchen mit einem kleinen … zu kleinen Mund, passend zu ihren Brüsten, und mit Haar, das zu einem unordentlichen Knoten gedreht ist, beäugt mich misstrauisch.
Ganz ruhig. Niemand darf Verdacht schöpfen.
»Stimmt etwas nicht mit Ihrem Drink?«, fragt Taffy, dann bemerkt sie, dass die laufende Fernsehsendung mich total fasziniert.
»Der ist in Ordnung. Perfekt.« Meine Finger entspannen sich, ich ringe mir ein Lächeln ab.
»Oh. Verstehe.«
Wetten, dass nicht? Du Spatzenhirn. Du verstehst überhaupt nichts. Nicht einmal den Unterschied zwischen einem Wodka Tonic und einem Wodka Collins.
»Sie sind entsetzt über diesen Mörder.«
»Es ist besorgniserregend.«
»Das kann man wohl sagen. Ich und Tony, das ist mein Freund, wir gehen kein Risiko ein. Wir haben eine abgesägte Schrotflinte mit Stolperdraht so eingerichtet, dass sie losgeht, sobald jemand die Haustür auch nur berührt.«
Tony und Taffy. Wie süß. »Und die Hintertür?«
»Ferdinand, unser Hund – halb Dobermann, halb Deutscher Schäferhund –, der passt schon auf.«
»Haben Sie keine Angst, dass ein Freund oder Verwandter verletzt werden könnte?«
Taffy, gerade mal einundzwanzig, schüttelt den Kopf, und ihr Knoten wackelt ein bisschen. »Alle wissen Bescheid, dass sie uns anrufen müssen, bevor sie zu uns kommen. Tun sie es nicht … dann ist es ihr eigenes Risiko.«
»Tja, dann kann ich nur hoffen, dass Granny es nicht vergisst und sich in den Kopf setzt, mit ein paar Weihnachtsplätzchen zu Besuch zu kommen«, sage ich, bevor ich mich bremsen kann. Der Wodka macht mich gesprächig, und die Kellnerin sieht mich komisch an. »Nur ein Scherz«, füge ich mit einem Lachen hinzu. »Wir sind alle ein bisschen nervös. Hey, ich habe sogar einen Spion in allen Türen angebracht und meine Fenster
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