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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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herübergesehen.
    Ihr fröstelte.
    »Ist dir kalt?«
    »Angst, glaube ich. Nein … eher noch Verfolgungswahn.« Sie behielt den Spiegel im Auge und sah, wie der Mann den Einfüllstutzen zurückhängte.
    »Nicht doch.«
    Der Mann ging zum Laden und kam wenige Sekunden später mit seiner schwangeren Frau und einer übervollen Tüte Pommes frites zurück. Im nächsten Moment saßen sie im Lieferwagen, fuhren davon und wirkten nicht mehr bedrohlich.
    Jillian schüttelte den Kopf. »Ich sehe überall Gespenster, und das ärgert mich, aber erst seit dem Überfall. Ich war nie eine Zimperliese, die mit Pfefferspray herumläuft oder dreifache Riegel vor den Türen hat oder sich auf Alarmsysteme und große Hunde verlässt. Im Grunde habe ich nie richtig Angst gehabt.« Sie sah ihn an. »Bis jetzt.«
    »Du verkriechst dich auch jetzt nicht gerade in einem Bunker oder verlangst Polizeischutz.«
    »Nein, aber … es beunruhigt mich.«
    »Gelinde gesagt. Aber vielleicht packen wir die Sache ganz falsch an. Was jetzt passiert, scheint seinen Ursprung in früherer Zeit zu haben. Bei deinem ersten Mann.«
    »Du glaubst, es geht tatsächlich um ihn?«
    »Er war der Grund dafür, dass du alles stehen und liegen gelassen und dich auf den Weg hierher gemacht hast.« Er sprach es nicht aus, aber die Frage hing unausgesprochen zwischen ihnen in der Luft: Liebst du ihn noch, diesen Mann, der dich verlassen hat? Diesen Betrüger, der womöglich seinen eigenen Tod vorgetäuscht hat?
    Die Antwort war ein hartes, unwiderrufliches
Nein.
Aaron Caruso war ein Betrüger und ein Blutsauger, ein Mann, den sie vor Jahren zu lieben geglaubt, im Grunde aber gar nicht wirklich gekannt hatte.
    Doch falls er noch lebte, falls er sie absichtlich in der Tinte hatte sitzenlassen, dann hätte sie gern fünf Minuten unter vier Augen mit ihm.
    Auch, wenn er versucht haben sollte, dich umzubringen?
    Ihr wurde flau im Magen. Warum sollte er? Irgendeine alte Lebensversicherung? Unmöglich. Dann müsste er ja eingestehen, dass er lebte. Auch hier war kein Grund zu finden.
    »Erzähl mir von Aaron«, sagte MacGregor und drehte den Zündschlüssel um. Der alte Motor erwachte grollend zum Leben. »Einiges hast du ja schon erwähnt, aber lass uns das Leben des Mannes mal zerpflücken. Ich spendiere dir ein Bier, und du schüttest mir dein Herz über deinen ersten Mann aus.« Er wies mit einer Kopfbewegung auf eine Kneipe auf der anderen Straßenseite. Es war ein langgestrecktes, niedriges Gebäude, irgendwann im zwanzigsten Jahrhundert im Westernstil erbaut und nannte sich »Elbow Room«. Die Fenster waren mit einer Familie glücklicher Schneemänner auf Schlitten, mit Zylindern und rot-weißen Schals, umgeben von Mistelgrün, besprüht. Hinter den Schneemännern lockten Neonreklamen für Bier in Blau, Pink und Gelb.
    »Du kannst ein Mädchen weiß Gott verwöhnen«, sagte sie, als er die Tankstelle umrundete und die zwei Fahrspuren überquerte, um einen Parkplatz in der Nähe des Eingangs zu suchen.
    »Für dich nur das Beste.«
    »Ach, du Charmeur«, sagte sie leise, und ihr wurde warm ums Herz. Was war nur los mit ihr? Immer ließ sie sich mit den falschen Männern ein. Aaron Caruso und Mason Rivers waren der schlagende Beweis.
    Sie beschloss, die Krücke mal im Wagen zu lassen.
    Auf MacGregor gestützt, gelangte sie besser als erwartet durch die zerkratzte rote Tür in die Kneipe, deren Zementboden mit Erdnussschalen übersät war. Es wurde Darts gespielt, im Fernseher über der Bar lief ein Baseballspiel. An diesem Tag hielten sich nur wenige Gäste im Elbow Room auf, daher war sogleich eine Kellnerin zur Stelle, um ihre Bestellung aufzunehmen und Bierdeckel wie Frisbees auf den Tisch zu werfen, bevor Jillian noch richtig Platz genommen hatte.
    Sie dachte an die Schmerzmittel, die sie einnahm, und beschloss, auf Nummer sicher zu gehen und einen klaren Kopf zu bewahren, so gern sie auch ein Bier getrunken hätte.
    »Eine Cola light, bitte«, sagte sie zu der Frau.
    »Leichtgewicht«, zog MacGregor sie auf.
    »Recht hat er. Geben Sie eine Limonenspalte hinein.«
    »Jetzt wirst du übermütig.«
    Die Kellnerin, eine Frau mittleren Alters mit starker Dauerwelle und abgeklärtem Gesichtsausdruck, verdrehte zwar die Augen, doch binnen zwei Minuten standen ihre Getränke und ein Schälchen mit Knabberzeug auf dem glänzenden Tisch mit falscher Marmorplatte.
    »Erzähl mir von deinem ersten Mann«, forderte MacGregor Jillian auf.
    Sie lachte und tunkte die

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