Der Skorpion
große Frau mit vor der Brust verschränkten Armen, augenscheinlich stinksauer. Sie trug einen schwarzen Rock, eine schwarze Weste und eine weiße Bluse, und ja, die Kellnerin schob einen Wagen, dessen Ecke durch den Spion zu erkennen war. An der Weste steckte ein Namensschildchen, das sie als Falda auswies, offenbar von der gleichen Art wie die der anderen Angestellten. Die Frau sah auf ihre Uhr und wollte anscheinend noch einmal klopfen.
Jillian dachte an die Waffe in ihrer Jackentasche, entschied jedoch, dass sie überängstlich reagierte, und öffnete die Tür einen Spalt. »Wer hat das bestellt?«
»Sie.«
»Nein, ich nicht.« Jillian lehnte sich an den Türrahmen und lugte durch die schmale Öffnung.
»Nicht?« Stirnrunzelnd sagte die Kellnerin: »Wollen doch mal sehen.« Sie wirkte ein wenig ratlos, als sie ein längliches, ledernes Quittungsbuch mit dem eingestanzten Logo des Hotels konsultierte. »Hm, nein, Sie waren es nicht. Sie heißen nicht Zane, oder?«
»Nein, aber …« Die Kellnerin zückte ihr Handy. »Ich kläre das.« Sie warf einen Blick auf die Zimmernummer an der Tür. »Manchmal gerät in der Küche etwas durcheinander. Aber hier steht tatsächlich Zane MacGregor, und die Zimmernummer stimmt auch …« Sie lächelte. Sie war eine große, sportliche Frau mit lockigem braunem Haar, ein paar Sommersprossen und Sorgenfalten auf der Stirn und in den Augenwinkeln.
Der Servierwagen neben ihr war mit einem Leinentuch bedeckt. Darauf standen zwei Gedecke, Platten mit silbernen Hauben, eine große Kanne Kaffee und eine kleine Vase mit einer roten Rose. Das Parfüm der Kellnerin war süß, beinahe widerlich, doch der Duft von Kaffee und gebratenem Frühstücksspeck ließ Jillian schwach werden.
»Treten Sie ein«, sagte sie, öffnete die Tür weiter und ließ Falda den Servierwagen ins Zimmer schieben. »Entschuldigen Sie meine Reaktion«, fuhr Jillian fort. Die Tür fiel hinter der Frau ins Schloss. »MacGregor hat mir nicht gesagt, dass er Frühstück bestellt hatte …« In dem Moment, als sie die Worte ausgesprochen und MacGregors Namen erwähnt hatte, wusste sie, dass ihr ein schwerer Fehler unterlaufen war. MacGregor hätte bei einer Bestellung nie seinen Vornamen angegeben. Sie fuhr herum. »Moment mal«, sagte sie, doch es war schon zu spät.
Als Falda nach irgendetwas auf dem Tablett griff, stach Jillian eine Narbe an der Innenseite ihres Unterarms ins Auge. Ein kleiner rötlicher Halbmond knapp oberhalb des Handgelenks. »Allmächtiger.«
Ihr Herz erstarrte vor Angst. Es war diese Frau gewesen, die sie im Wald hatte erfrieren lassen wollen!
Sie schnappte sich ein Tafelmesser und wollte um Hilfe schreien. Doch Falda riss das Leinentuch an sich, stürzte sich auf Jillian und verhinderte den Ruf. Der Geruch ließ Jillian würgen, sie versuchte, den Kopf abzuwenden.
Der Servierwagen stürzte um. Heißer schwarzer Kaffee spritzte zu Boden und verbrühte Jillians Arme. Sie versuchte zurückzuweichen, doch ihr Knöchel knickte ein. Schmerz schoss ihre Wade hinauf, und sie schrie.
Falda war flink. Sie presste das feuchte Tuch auf Jillians Gesicht, dann setzte sie sich rittlings auf ihr Opfer. Ihr Rock riss ein, geplatzte Nähte legten kräftige, muskulöse Beine frei.
Nein! Jillian umklammerte das Tafelmesser und schlug wild um sich. Sie hieb nach Faldas Arm, wand sich unter ihr und versuchte, sich aus dem Griff der Wahnsinnigen zu befreien. Süßer, Übelkeit erregender Äthergeruch drang ihr in Kehle und Lunge. Sie hustete. Ihre Augen brannten. Das Hotel schien zu schwanken. Lieber Gott, lass es nicht zu, bitte!
Falda, rot im Gesicht, dem Wahnsinn nahe, presste das Tuch noch fester auf Jillians Nase. »Du elendes Miststück. Warum konnte er dich nicht vergessen? Warum zur Hölle musstest du in seinem Kopf rumspuken? Mich quälen?«
Wovon redete diese Irre?
Jillian versuchte zu schreien, doch nur dumpfe Laute durchbrachen das Tuch. Mit einer Hand schwang sie das Messer gegen die Angreiferin, mit der anderen Faust schlug sie wahllos um sich. Zwar traf sie Falda immer wieder, doch ihre Hiebe waren schwach und streiften sie nur. Richteten nichts aus.
Das Zimmer begann sich um sie zu drehen. Verschwamm. Alles wirkte so unwirklich. Mit ihrem Körpergewicht drückte die Amazone Jillian zu Boden.
»Er braucht nicht mehr an dich zu denken, kann dich nicht mehr begehren«, fauchte sie, und in ihren Augen brannte eine heiße, brodelnde Wut, die Jillian nicht verstand.
Wovon redete die
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