Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
ganz normales Leben hier in Spokane.
    MacGregor biss die Backenzähne aufeinander. Am liebsten hätte er den Kerl in der Luft zerfetzt. Er hatte es nicht besser verdient.
    Doch zu viele Fragen blieben noch offen. Wer hatte Jillian die Fotos geschickt? Dieser Mann? Ein Typ, der offenbar seiner täglichen Arbeit nachging, als ginge ihn alles andere nichts an? Und wenn, warum? Und wer hatte die Fotos aufgenommen? Ein Stativ mit Selbstauslöser?
    Ausgeschlossen. Hier stimmte etwas nicht, und in MacGregors Magengegend regte sich Angst.
    Er wartete, bis ein Sportwagen passiert war, aus dem dumpfe Bässe dröhnten, dann stieg er aus. Schnee, Matsch und Kies knirschten unter seinen Stiefelsohlen. Der kalte Winter hatte die Stadt fest im Griff.
    Caruso/Rousseau wirkte völlig arglos, als MacGregor auf ihn zukam, eine behandschuhte Hand an der Pistole in seiner Tasche. »Carl?«, rief MacGregor und lächelte so gezwungen, dass seine Wangenmuskeln schmerzten. Rousseau hob den Blick. Seine Miene war ausdruckslos, Schnee sammelte sich auf den Schultern seiner Jacke. »Ja?«
    »Carl Rousseau?«
    »Ja.« Jetzt wirkte er leicht gereizt, aber nicht aggressiv. Den Kaffeebecher in der einen Hand, versuchte er mit der anderen, den Schlüssel ins Schloss zu schieben. »Kann ich etwas für Sie tun?« Ein Lieferwagen rumpelte vorbei, stieß blauen Rauch aus und nahm die Kurve zu eng, so dass ein Reifen auf den Gehsteig geriet und die Stoßstange nur knapp ein Straßenschild verfehlte.
    »O ja«, sagte MacGregor und nickte. »Ich möchte Sie mit jemandem bekannt machen.«
    »Mit wem? Nein, Moment mal.« Der Schlüssel glitt ins Schloss, und der Mann presste seine Schulter gegen die Glastür und öffnete sie. »Kenne ich Sie?«
    »Noch nicht.«
    Caruso versteifte sich sichtlich. »Wer sind Sie?«
    MacGregors Lippen umspielte ein zynisches Lächeln. »Glauben Sie mir, Caruso, das wollen Sie gar nicht wissen.«
    »Caruso?« Etwas Kaffee schwappte aus Carusos Becher auf den Gehsteig, der unter dem Schutz der Markise nass war. Verblüfft flüsterte er: »Was sagen Sie da?«
    »Das ist Ihr wirklicher Name. Der, den Ihre Eltern Ihnen mitgegeben haben. Aaron Caruso. Schon vergessen?«
    »Was? Nein, nein. Ich bin Carl Rousseau …«, setzte er an, doch er erbleichte, und sein Blick huschte hastig von einer Seite zur anderen, als säße er in der Falle und suchte nach einem Fluchtweg.
    »
Jetzt
lautet Ihr Name Rousseau«, berichtigte MacGregor ihn. Sein Blut geriet in Wallung. »Aber das ist nicht der richtige, und das wissen wir beide, also versuchen Sie gar nicht erst zu widersprechen. Ich weiß zwar nicht, wie Sie das hingekriegt haben, aber Ihr richtiger Name ist Aaron Caruso. Sie sind vierzig Jahre alt. Sie waren mit Jillian White verheiratet, dann unternahmen Sie eine Wandertour in Surinam und kamen nicht zurück. Sie haben Ihren eigenen Tod vorgetäuscht und sich mit dem Geld anderer Leute aus dem Staub gemacht. Haben Jillian in der Tinte sitzenlassen. Mit den Schulden.« Seine Finger legten sich um den Griff der Pistole. »Was für ein Feigling sind Sie eigentlich?«
    »Ich bin nicht …«
    »Ach was«, fuhr MacGregor ihn an. Er stieß Caruso in den Laden, in dem es nach Textilien und geöltem Holz roch.
    Eine Glocke über dem Querbalken klingelte, und der verdutzte Ladenbesitzer stolperte über eine männliche Schaufensterpuppe in Anglerausrüstung auf einem nachgestellten Campingplatz. Der Angelkasten der Puppe fiel klappernd herunter auf den Holzboden, und bunte Fliegen und Köder landeten vor MacGregors Füßen. Ein Glas mit Lachseiern rollte in Richtung Tresen. Sekundenlang ließ Caruso die Muskeln spielen. In seinen Augen glommen Angst und Hass. Er ballte die Hände zu Fäusten.
    Schön! Nichts hätte MacGregor lieber getan, als den Kerl zusammenzuschlagen. Er ballte eine Faust, die andere hielt die Pistole in seiner Tasche. Ganz kurz kam ihm der Kampf in Denver in den Sinn, Ned Tomkins’ blutiges Gesicht und seine eigene Verhaftung. Trotzdem hätte er Aaron liebend gern verprügelt. Zum Teufel mit den Folgen!
    »Es geht um Jillian«, flüsterte Caruso leicht benommen, als es ihm allmählich dämmerte: Er sackte mitten in seinem Laden, umgeben von Zelten und Rucksäcken und Stiefeln, förmlich in sich zusammen. Gerade, als MacGregor so richtig loslegen wollte, erschlaffte Caruso, der Feigling, und seine Fäuste öffneten sich. Er hob eine Hand an sein Gesicht. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Sagen Sie, dass Sie ihr

Weitere Kostenlose Bücher