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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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Glut liegt in einem dicken Bett aus Asche, moosiges Holz wird von leidenschaftlichen Flammen geleckt, Rauch steigt in den alten steinernen Schornstein, goldene Schatten tanzen an den nassen Fensterscheiben.
    Draußen tobt der Sturm, heult der Wind und treibt wild die Schneeflocken, doch die aus Stein und Holz gebaute Hütte ist eine Festung gegen die Elemente. Hier brauche ich mich nicht mit Kleidung zu belasten, die kratzt und juckt und stört. Nein, ich kann unbeschwert barfuß über die glatten Steinplatten schreiten, die Hitze vom Kaminfeuer reicht aus, um mich warm zu halten.
    Ich habe einen großen Vorrat an Feuerholz in der Hütte gelagert, aber sollte ich zum Anbau hinausmüssen, um mehr Holz zu holen, benötige ich weder Stiefel noch Jacke, sondern kann mich nackt den Elementen aussetzen, bin gewappnet gegen den beißenden Wind und die Eiseskälte.
    Das Streichholz brennt herunter, die Flamme leckt nach meinen Fingerspitzen, und ich lösche sie rasch.
    Ich sitze auf einem der Stühle, die ich selbst gefertigt habe, und lausche mit halbem Ohr dem Polizeifunk, der knistert und faucht. Ich breite meine Forstkarten und die anschaulicheren Satellitenbilder, Ausdrucke aus dem Internet, vor mir auf dem langen Tisch aus. Diese Bilder habe ich sorgfältig zusammengefügt und mit Stecknadeln mit bunten Köpfen markiert, entsprechend den gleichfarbigen Nadeln auf den Forstkarten.
    Aus dem Zimmer ein Stück den Flur hinunter höre ich sie leise husten.
    Ich erstarre. Lausche.
    Sie stöhnt, ist ohne Zweifel noch bewusstlos.
    Ein Lächeln zuckt in meinen Mundwinkeln, wenn ich an sie denke. Sie kommt allmählich zu sich, und das ist ein gutes Zeichen. Bald ist sie bereit. Ein leises erwartungsvolles Prickeln rauscht durch meine Adern, das ich rasch verdränge. Noch nicht. Erst, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Erst, wenn sie so weit genesen ist, dass sie ihre Rolle übernehmen kann.
    Oh, sie wird nicht freiwillig mitspielen, aber sie wird sich beteiligen. Das tun sie alle.
    Das Stöhnen wird lauter, und ich weiß, dass ich mich um sie kümmern muss. Bald. Ich blicke auf den offenen Schrank, einen Kleiderschrank, den ich mit meinen eigenen Händen und wenigen einfachen Werkzeugen gezimmert habe. Ich habe ihn liebevoll mit Schnitzereien verziert, habe Bilder von himmlischen Wesen in das dunkle Holz geschnitten. Hier bewahre ich meine Schätze auf, kleine Andenken an die widerstrebenden Teilnehmer. Eine Schranktür steht einen Spalt offen. Die Stuhlbeine scharren über den Boden, als ich aufstehe. Ich öffne die Türen vollends und bemerke, wie die Spiegel, die das Schrankinnere auskleiden, das Feuer und meinen sehnigen Körper wiedergeben. Durchtrainierte Muskeln. Dunkles Haar. Tiefliegende Augen mit 20 / 10 Sehstärke.
    »Ein Musterexemplar«, hatte eine idiotische Frau mal über mich gesagt und meinen Körper von oben bis unten taxiert.
    Als ob mir das schmeicheln würde.
    »Ein scharfer Kerl«, hatte eine andere einfallslose Möchtegern-Geliebte gegurrt und sich dezent die Lippen geleckt.
    »Ah … ein schwerer Junge mit Schlafzimmeraugen«, flüsterte eine Dritte in der Hoffnung, ich fiele auf ihre uninspirierenden Annäherungsversuche herein.
    Im Spiegel verziehe ich die Lippen bei diesen Erinnerungen, meine Augen werden eine Nuance dunkler.
    Sie wissen jetzt, wer ich bin, nicht wahr?
    Doch diese Vorfälle ereigneten sich, bevor ich meine Mission vollkommen verstanden hatte.
    Ohne weiter auf mein Spiegelbild zu achten, öffne ich einige Schubladen im Schrank und betrachte meine Schätze, kleine Besitztümer der Frauen, die unsterblich wurden: eine gepunzte Ledertasche mit Fransen, eine kleine Handtasche aus imitiertem Leopardenfell, eine Schlangenleder-Brieftasche mit Kreditkarten, Führerschein, Versicherungskarten. Designer-Etuis für Brillen, Zigaretten und Make-up. Nagelfeilen, Tampons, Handys, Lippenstifte in allen Nuancen von Weinrot bis zu hellem, schimmerndem Pink.
    Schätze.
    Von den Auserwählten. Ich werfe einen Blick auf einen der Zeitungsartikel, die über die Morde verfasst wurden. Sämtliche Ausschnitte sind säuberlich in einem schmalen Fach gestapelt. In diesem speziellen Artikel zitiert der Reporter eine »Quelle aus dem Büro des Sheriffs«, die angibt, die »Taten« wären »wahllos« erfolgt, ein »verrückter« Scharfschütze stecke hinter den Morden.
    Verrückt?
    Wahllos?
    Es sind Idioten, die Ermittler spielen.
    Aus angemessener Entfernung habe ich oft mit meinem ausgezeichneten

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