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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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Holzrauch und heißer Tomatensoße würzte die Luft, der Feuerschein spielte an den Wänden, im Kamin glomm das Feuer.
    Selbst der Hund war friedlich. Sein dunkler, flehender Blick ließ nicht von MacGregor ab, während dieser aß. Wenn sie es sich gestattete, könnte sie in der Gegenwart dieses Mannes womöglich ganz beruhigt sein. Doch alles, was er ihr in den letzten paar Stunden erzählt hatte, konnte auch Lüge sein.
    »Wenn der Sturm sich legt, wie ich es vermute, versuche ich morgen, dich hier rauszuschaffen.«
    »Mit einem Schneemobil?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe ein Allradfahrzeug.«
    »Dann hätten wir jederzeit von hier wegfahren können?«
    Er schüttelte den Kopf. »Glaub ich nicht. Und ich konnte das Risiko nicht eingehen, mit dir, verletzt, wie du bist, in einem Schneesturm stecken zu bleiben. Ich bin noch nicht einmal sicher, ob es morgen gutgeht, aber wir versuchen es, wie gesagt, falls der Sturm sich legt.«
    »Und wenn nicht?«
    »Möchtest du wirklich daran denken?« Er biss in sein Stück Brot; der Hund sah zu und leckte sich die Lefzen.
    »Wohin fahren wir?«
    »Nach Grizzly Creek. Da gibt es ein kleines Krankenhaus. Ich liefere dich in der Notaufnahme ab.«
    »Und dann melden Sie meinen Unfall der Polizei.«
    Sein Gesicht war verschlossen. »Das überlasse ich Ihnen.«
    »Aber Sie müssen ihnen sagen, wo mein Auto liegt. Ich kenne diese Gegend nicht.«
    »Es liegt im September Creek, unterhalb der Johnson Road, etwa sechs Meilen entfernt von der Abzweigung nach Missoula. Was meinst du, kannst du dir das merken?«
    »Ja«, sagte sie, wunderte sich jedoch über sein verändertes Benehmen, die neue Anspannung in der Haltung seiner Schultern. »Haben Sie etwas gegen die Polizei?«
    Sein Mund zuckte einseitig. »Nein.«
    »Lügner.« Sie glaubte ihm nicht. Irgendetwas machte ihm zu schaffen.
    Seine Nasenflügel blähten sich leicht. »Es geht nicht so sehr darum, dass ich etwas gegen die Polizei hätte, sondern vielmehr um die Tatsache, dass die Polizei etwas gegen mich hat«, sagte er und stand abrupt auf. »Möchtest du ein Bier?«
    »Nein.« Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war Alkohol, egal, in welcher Form. Sie musste ihren Verstand beieinanderhalten. »Erzählen Sie«, verlangte sie. Er zog Parka und Handschuhe an und verschwand durch die Küche. Der Hund sprang auf und folgte MacGregor, als die Hintertür geöffnet und rasch wieder geschlossen wurde. Harley winselte und kratzte höchstens eine halbe Minute lang an der Tür, bevor sie sich wieder öffnete und MacGregors Stimme fragte: »Du hast mich vermisst, mein Junge?« Er lachte, und sie hörte, wie er den Kronkorken von einer Flasche sprengte. Und dann noch einen. Sekunden später tauchte er wieder auf, zwei langhalsige Flaschen in den Händen. »Ich bewahre sie in der Garage in einer Kühlbox auf, sonst würden sie gefrieren.«
    »Ach.«
    Er stellte eine Flasche auf den Tisch neben sie hin. »Dachte mir, du überlegst es dir vielleicht noch.«
    »Wohl eher nicht.«
    »Dann trinke ich es.« Er trank einen tiefen Zug, stellte auch die zweite Flasche ab, zog den Parka aus und setzte sich wieder.
    »Sie sind meiner Frage ausgewichen«, sagte sie, als er wieder nach seinem Bier griff. »Was hat die Polizei gegen Sie?«
    Er überlegte einen Moment, studierte das Etikett seiner Coors-Flasche und drehte dann den langen Hals zwischen den Händen. Die verkrampfte Haltung seiner Schultern war nicht zu übersehen.
    »Was ist denn passiert, MacGregor?«
    Ein Muskel zuckte in seiner Wange, und er trank noch einmal ausgiebig, bevor er Jillian so eindringlich ansah, dass ihr fast das Herz stehenblieb.
    »Glaub mir, Jillian, du willst das nicht hören.«
    »O doch«, sagte sie im Flüsterton. Ihre Nerven vibrierten plötzlich.
    »Nein.« Er fuhr sich wütend mit gespreizten Fingern durchs Haar und starrte ins Feuer. Harley spürte den Stimmungsumschwung und winselte.
    »Was haben Sie getan, MacGregor?«, fragte sie und fühlte sich verlassener denn je. »Warum hat die Polizei etwas gegen Sie?«
    Er zögerte und schloss die Augen.
    Sie machte sich auf das Schlimmste gefasst.
    »Ich habe jemanden umgebracht, Jillian. Es ist lange her, aber Tatsache ist, dass der Scheißkerl es verdient hatte, und ich hab’s ihm gegeben.« Er trank einen Schluck Bier, und die Falten um seinen Mund gruben sich tief ein.
    »Es war ein Unfall, nicht wahr?«
    »Ein Unfall.« MacGregor schnaubte verächtlich. »Ich weiß nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Ich

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