Der Skorpion
Glas Cabernet ist mir allemal lieber«, sagte sie, und Harley wandte ihr sein zweifarbiges Gesicht zu und neigte den Kopf zur Seite. Immerhin knurrte und fletschte er sie nicht mehr an und führte sich nicht auf, als wolle er sie in der Luft zerreißen. Nein, er hatte seinen Platz bei der Tür eingenommen, starrte darauf und wartete auf ein Zeichen von MacGregors Rückkehr.
»Wir zwei sind jetzt wohl uns selbst überlassen«, sagte Jillian zu ihm, verwundert über ihr Bedürfnis, mit dem Tier zu sprechen. Lag es daran, dass die Hütte so still und einsam wirkte, so abgeschnitten von jeglicher menschlicher Kommunikation?
Sie blickte aus dem Fenster hinaus in die bittere Kälte und fragte sich, wann MacGregor zurückkommen mochte. Oder
ob
er zurückkam. Möglicherweise blieb sie tage- oder wochenlang allein. Sie schauderte, fror plötzlich bis ins Mark. Ob er Freund oder Feind war, wusste sie nicht. Doch sie musste sich eingestehen, dass sie sich besser fühlte, wenn Zane MacGregor in der Nähe war.
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13. Kapitel
D as Team war bereits fast vollständig im Gruppenraum versammelt. Ein Uniformierter saß an einem Schreibtisch in einer Ecke bei den Fenstern und bediente die Telefonanlage. Sogar Pescoli, die immer zu spät kam, hatte sich schon mit dem Sheriff und zwei FBI -Agenten am Tisch niedergelassen. Als Alvarez sich auf den freien Platz neben Pescoli setzte, erschien Cort Brewster, der Undersheriff, gefolgt von Detective Brett Gage, dem stellvertretenden Leiter der Strafverfolgung.
»Gibt es was Neues?«, fragte Alvarez, doch Pescoli schüttelte den Kopf. Ein Hauch von Zigarettengeruch verriet, dass sie wieder rauchte. Was nicht weiter verwunderlich war. Seit Alvarez Regan kannte, wusste sie, dass Pescoli in Stresszeiten immer rückfällig wurde. So lange wie ihre Partnerschaft dauerte, inzwischen beinahe zweieinhalb Jahre, hatte Pescoli vier Mal aufgehört.
»Da das Wochenende bevorsteht und einige von Ihnen offiziell im Dienst sein werden, was immer das hier heißen mag«, sagte Halden, »hielten wir es für angebracht, uns gegenseitig auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Wie es aussieht, ist Mandy Itos Prius in einer Schlucht etwa vier Meilen westlich der Stadt gefunden worden.« Er ging zur Karte und zeigte auf eine Stelle im Star-Fire-Canyon, etwa drei Meilen entfernt von dem Fundort von Itos Leiche. »Die Polizei hat den Fundort gesichert. Das Fahrzeug sieht aus wie die anderen auch, schrottreif und aufgebrochen, ein zerschossener Reifen, nur dass dieser Wagen unter dreißig Zentimetern Schnee begraben war. In ein paar Minuten fahren wir alle hin.«
»Wer hat das Fahrzeug gefunden?«, fragte Alvarez.
Gage warf ein: »Bob Simms. Wohnt ein Stück weiter die Straße rauf. Auf der Suche nach Feuerholz, als der Sturm sich vorübergehend gelegt hatte.«
»Oder beim Fallenstellen«, bemerkte Pescoli finster. »Simms glaubt, immer noch im achtzehnten Jahrhundert zu leben und tun und lassen zu können, was er will. Geht ohne Erlaubnis auf die Jagd und stellt Fallen. Verkauft Felle auf dem Schwarzen Markt.«
Gage bestätigte es. Der stellvertretende Leiter der Strafverfolgung schnaubte abschätzig. Er war etwa vierzig, schlank und sehnig, hatte eine vorspringende Nase, braunes Haar mit ersten grauen Fäden darin und trug eine Brille. »Er ist ein Anarchist.«
»Mit einer verstorbenen Frau und einem halben Dutzend verwilderter Söhne. Seine Kinder sind alle schon mit dem Gesetz in Konflikt geraten«, steuerte Grayson bei.
»Das ist das Problem – sie halten nichts von der Regierung und der Gesetzgebung. Mich wundert, dass Simms sich überhaupt die Mühe gemacht hat, seine Entdeckung zu melden.«
Pescoli sagte: »Selbst Anarchisten haben ein Gewissen.«
Gage schnaubte erneut. »Zumindest hat er nur das Fahrzeug und nicht eine weitere Leiche gefunden.«
»Noch nicht«, sagte Agent Chandler. Heute trug sie Berufskleidung, ihr blonder Pferdeschwanz war durch die hintere Öffnung in ihrer marineblauen Basecap gezogen, der Reißverschluss ihrer Jacke war offen, und darunter trug sie einen marineblauen Pullover. »Wir suchen immer noch nach Jillian Rivers. Wir müssen unbedingt die Zeitpunkte der jeweiligen Todesfälle in Betracht ziehen. Wegen des gefrorenen Zustands der Leichen ist schwer festzulegen, wann der Tod jeweils eingetreten ist, doch wie es aussieht, bringt der Kerl sie jeweils um den Zwanzigsten eines Monats herum um. Kelper im September, Salvadore im Oktober, Ito im November, und
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