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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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und Alvarez fragte sich manchmal, ob der Hund eine Art Ersatz für die Frau war, die ihm den Laufpass gegeben hatte. Gewöhnlich blieb der Hund in Graysons Büro, doch heute hatte er ihn in den Gruppenraum begleiten dürfen, und jetzt trottete er glücklich und schwanzwedelnd neben Grayson her. Sie verschwanden in seinem Büro, während Alvarez und Pescoli auf die Seitentür zum Parkplatz zustrebten.
    Auf dem Weg stopfte Alvarez ihr Haar unter eine Strumpfmütze. Es wehte ein scharfer Wind, die Dämmerung senkte sich rasch, und es war bitterkalt. Die Frontscheibe von Pescolis Jeep überzog sich bereits mit Eis.
    »Nette kleine Konferenz«, sagte Pescoli, schloss die Fahrertür auf und setzte sich hinters Steuer, während Alvarez auf dem Beifahrersitz Platz nahm.
    »Ja, hat mich richtig aufgebaut.«
    Sie sprachen über den Fall. Pescoli schaltete die Heizung und die Scheibenwischer ein und fuhr aus der Stadt heraus in Richtung Berge. »Fröhliche Weihnachten«, sagte Pescoli leise, griff nach ihren Zigaretten und öffnete das Fenster einen Spalt. »Stört es dich, wenn ich rauche?«
    »Ja, aber das hindert dich wohl kaum daran, wie?«
    »Doch, natürlich. Eine Weile schon.« Pescoli schob die Zigarette zurück in die fast leere Schachtel, die sie auf der Konsole ablegte. Auf der Fahrt ins Vorgebirge hörten sie sich die Gespräche von Polizisten im statisch knisternden Polizeifunk an. Pescoli zündete sich erst eine Zigarette an, als sie die Gegend im Star-Fire-Canyon erreicht hatten, wo das Fahrzeug gefunden worden war. Sie stellte ihren Wagen in der Nähe ab.
    Dieses Mal fand sich kein gesicherter Weg in die Schlucht hinunter. Zwei Deputys und ein Feuerwehrmann seilten sich an der Steilwand zu dem schmalen Bachbett tief unten ab.
    »Wie um alles in der Welt hat Bob Simms den Wagen gefunden?«, fragte Alvarez.
    »Er patrouilliert in den Wäldern dieser Gegend, ganz gleich, bei welchem Wetter«, erklärte Deputy Watershed.
    »Er muss halb Mensch, halb Bergziege sein.« Pescoli zog gierig an ihrer Filterzigarette und warf einen Blick in die Schlucht hinunter. »Himmel, ist das steil.«
    »Er benutzt Schneeschuhe oder Langlaufskier.«
    »Trotzdem, der Mann ist eine Bergziege.«
    Alvarez sah sich um, suchte die Stelle auf der Straße, wo der Schuss den Prius getroffen hatte.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, zeigte Watershed auf den nächsten Bergrücken. »Unserer Meinung nach ist dort von oben auf den Wagen geschossen worden. Das liegt ein bisschen abseits von der Straße, falls sie sich auf dem Rückweg nach Spokane befand, aber bei klarerem Wetter sieht man dort einen Bergkamm längs der Schlucht. Von da aus könnte er mit einem Scharfschützengewehr geschossen haben. Unter günstigen Bedingungen.«
    Alvarez blinzelte in die wirbelnden Schneeflocken und die hereinbrechende Dunkelheit und versuchte zu begreifen, wie verrückt ein Mensch sein musste, um sich in der bitteren Kälte hier auf die Lauer zu legen. Sie stellte sich vor, wie die Sekunden verstrichen, bis er zielte und feuerte und den Reifen seines Opfers zerschoss.
    Die Telefonregister der Opfer hatten bisher nichts ergeben. Die Freunde hatten Nachrichten auf dem Handy, auf MySpace-Seiten und in anderen Foren hinterlassen, doch die lieferten keinerlei Hinweise. Die drei Opfer hatten nichts gemeinsam außer der Tatsache, dass ihnen aufgelauert wurde, dass sie entführt und dann nackt an einen Baum gefesselt einem einsamen Tod überlassen worden waren.
    Alvarez fröstelte in ihrer dicken Jacke. Sie dachte an Jillian Rivers. Ob sie überhaupt noch lebte?
     
    Jillian nutzte MacGregors Abwesenheit, um sich in der Hütte umzusehen. Es war ihre Chance; schließlich wusste sie nichts von ihm. Mit Hilfe ihrer Krücke humpelte sie ungeachtet der Schmerzen durch die Hütte, durchsuchte sorgfältig Schubladen und Schränke, suchte nach Hinweisen auf seine Identität, sein Leben, seine Vergangenheit. Sie hatte das Gefühl, seine Privatsphäre zu verletzen, brauchte aber, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, nur daran zu denken, dass er sie schließlich hierhergebracht hatte. Sie war sein Gast, seine Gefangene.
    Den Büchern im Regal entnahm sie, dass er sich für die Jagd, fürs Angeln, für Astronomie, Rucksackreisen, Überleben in der Wildnis, Erste Hilfe und Medizin interessierte. In Schubladen bewahrte er Karten der Bundesstaaten Montana, Idaho, Washington und Wyoming auf. Topografische Karten, Straßenkarten, Forstkarten, sogar Satellitenkarten.
    Doch

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