Der Sodomit
spürst, ist es nicht schlimm. Hauptsache, deine Knochen sind heil geblieben.“
„Sind sie heil?“ Er wollte wieder laufen können. Wollte nicht kriechend verenden wie ein angeschossenes Tier.
„Zieh deine Beine an“, befahl der Kurzhaarige. „Mach es langsam.“
Josias gehorchte. Es ging. Seine Beine kribbelten, sein Rücken schmerzte dabei, diesmal ziehend, aber er konnte sie bewegen. Dann konnte er auch aufstehen, konnte ihm beweisen, dass er nützlich war.
Ein Stechen in seinem Rücken, der Schuppen drehte sich.
„Langsam!“, erklang es weit weg von ihm.
Er fiel in ein Loch. Immer tiefer.
*
Der Mann verdrehte die Augen, sackte zusammen. Mihály fing ihn auf, bevor sein Kopf auf den Boden schlug. Die Schwellungen mussten abklingen. Vorher konnte er nichts ausrichten. Das mit dem Bad war eine schlechte Idee. Wie sollte er seinen Patienten ohnmächtig in den Zuber bekommen? Der Mann musste sich ausruhen. Schlafen. Sein Körper brauchte Zeit, sich zu erholen. „Ich nehme ihn mit.“ Ausnahmsweise würde sein Keller einem lebenden Menschen als Unterschlupf dienen. „Aber erst morgen, wenn ich weiß, wie schlimm es um ihn steht.“
„Er soll die Nacht über hierbleiben?“ Es fehlte nicht viel, und Barti scharrte mit der Schuhspitze im Staub wie ein ertappter Junge. „Was ist, wenn er schreit? Was, wenn es Komplikationen gibt? Ich habe einen Ruf zu verlieren und die Leute muss es nicht interessieren, dass mir ein Buckliger am Bein hängt.“
„Der Sohn Ihres Freundes.“
Barti verzog das Gesicht in gespielter Reue. „Und wenn du ab und an nach ihm siehst?“
Der Weg zwischen der Apotheke und seiner Praxis war nicht übermäßig weit. Einmal am Abend und vielleicht in der Nacht ein zweites Mal. Das sollte genügen. War Barti klar, dass die Rechnung durch diese Zusatzdienste anstieg?
„Ich werde deine Mühe entlohnen“, riet der Apotheker seine Gedanken. „Der arme Kerl heißt übrigens Josias.“ In einer Mischung aus Mitleid und Widerwillen sah er auf den ohnmächtigen Mann. „Wenn es nichts mit ihm wird, dann scheue dich nicht, ihn zu erlösen. Mit dem Buckel hat er es schwer genug, doch lahm nutzt er niemandem. Komm mit, ich gebe dir etwas, um ihn einschlafen zu lassen. Danach kannst du …“
„… ihn wie einen räudigen Hund erschlagen?“ Alles in ihm sträubte sich. Er hatte die Beine bewegt. Es bestand Hoffnung. Barti sah ihn ernst an. „Glaube nicht, der Junge sei mir gleichgültig. Aber ich kenne die Welt und sie ist grausam zu den Schwachen.“
Das war sie allerdings. Bei Dávid war ein Schwertknauf ausreichend gewesen.
Barti ging zurück in die Apotheke, suchte eine Phiole mit brauner Flüssigkeit und reichte sie Mihály. „Mische ihm das in den Wein und warte, bis er tief eingeschlafen ist.“
„Das wird nicht nötig sein.“ Er konnte sich bewegen, verdammt noch mal! Er durfte den Dreschflegeln nicht umsonst entkommen sein.
„Es ist ein Geschenk.“ Mit einem schmalen Lächeln auf den noch schmaleren Lippen steckte Barti ihm die Phiole ins Wams. „Und hier habe ich ein zweites für dich.“ Er stellte eine braune Glasflasche auf den Tresen. „Bist du mit dem Verfahren der Destillation vertraut?“ Er zog den Korken aus dem Flaschenhals und ein beißend intensiver Geruch strömte hinaus. „Alkohol, Szábo. Hoch konzentriert. Die Wenigsten meines Faches sind in der Lage, ihn in dieser Reinheit herzustellen, weil die wenigsten eine Ahnung haben, dass es dieses Verfahren gibt.“
Er stellte eine zweite, wesentlich kleinere Flasche neben die erste. In einer klaren Lösung schwamm ein dicker Wurm.
„Vor einem Jahr habe ich ihn mit dem Destillat übergossen. Er sieht beinahe aus wie am ersten Tag.“
Vor Mihálys geistigen Augen tauschte der Wurm den Platz mit einer deformierten Leber.
Anschauungsmaterial. Dreidimensional. In einem Maßstab eins zu eins, da authentisch.
„Auf Wunden brennt es.“ Barti schob das Glas mit dem Wurm näher zu ihm. „Aber, welch Wunder!, sie verheilen schneller und entzünden sich nicht mehr.“
„Woher weißt du das?“
„Er hat es ausprobiert.“ Silas gesellte sich zu ihnen. Er verzog sein Gesicht zu einer finsteren Miene des Leides. „An mir. Ich sage nicht, wo.“
Barti erstach den Jungen förmlich mit seinem Blick, doch dieser zuckte nur die Schulter.
„Wie es aussieht, sind wir beide Männer der Wissenschaft.“ Seufzend schob ihm Barti auch die große Flasche hin. „Ob studiert oder nicht. Die Sehnsucht
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