Der Sodomit
Direkt an dem verborgenen Gatter.
„Herr Szábo!“ Silas trabte auf ihn zu. Sein Gesicht war immer noch blass. „Mein Meister bittet dich, mit mir zu kommen. Er braucht dringend deinen Rat.“
„Hat er dir gesagt, um was es sich handelt?“ Wenn es nicht eine Frage auf Leben und Tod war, würde er Barti hinhalten, bis er die Leiche in Sicherheit gebracht hatte.
Der Junge kam näher, sah sich um, doch niemand stand in ihrer Nähe. „Mein Meister hält viel von dir“, flüsterte er. „Er hofft auf deine Verschwiegenheit.“
„Das kann er auch.“ Was wäre er sonst für ein Arzt?
„In Dömös ist eine Frau gestorben. Sie hinterlässt einen Sohn. Um den geht es.“
Die Frau mit dem Fieber. „Ich wollte gerade dorthin, um einen Blick auf sie zu werfen. Ist ihr Sohn ebenfalls krank?“ Wenn es die Pest war, würde in den nächsten Tagen das ganze Dorf darniederliegen.
„Spar dir den Weg. Die Leiche wurde verbrannt.“
Verdammt!
„Mein Meister hat den Sohn zu sich geholt. Sie haben ihn übel zugerichtet.“ Der Junge kam noch einen Schritt näher. „Er ist ein Krüppel und die Dorfleute sagen, sein Vater sei der Teufel.“
Dreimal verdammt!
Das Bedürfnis, auf jedes Leben zu dreschen, das sich nicht wehren konnte, musste den Menschen in die Wiege gelegt worden sein.
„Warte, ich hole meine Tasche.“ Wenn er dem Jungen helfen konnte, bekam er ihn vielleicht bei Sara unter. Sie brauchte jemanden für die Küche. Außerdem kümmerte er sich oft um ihr geschwollenes Knie und stillte damit nicht nur ihr Bedürfnis nach Heilung, sondern auch nach behutsamer Berührung. Sie war ihm etwas schuldig. Diese Karte durfte er mit gutem Gewissen ausspielen.
Hoffentlich war der Knabe nicht zu jung und nicht zu krank zum Arbeiten. Mit einem lahmen Dreijährigen brauchte er ihr nicht kommen. Mihály klemmte sich die Tasche unter den Arm und trabte Silas hinterher.
Herr Barti empfing ihn bereits auf der Schwelle zu seiner Apotheke. „Schwöre mir Stillschweigen, Herr Szábo!“
„Weil du einem Menschen geholfen hast?“
„Eben deshalb.“ Barti nahm ihn am Ellbogen und drängte ihn ins Haus. „Ein mir sehr nahestehender Freund hat Schuld auf sich geladen und mit einer Dirne einen Bastard gezeugt.“ Betrübt schüttelte er den Kopf. „Auf dem Totenbett rang er mir das Versprechen ab, mich um die Frau und ihren Sohn zu kümmern. Ich brachte beide in Dömös unter und ließ dem Dorfschulzen Geld zustecken, damit er dafür sorgte, dass beide in Ruhe leben konnten.“
Das war ehrenhaft für einen Mann, der ahnungslosen Doktoren Mummenschanz als Mittel gegen die Pestilenz verkaufte.
„Die Mutter ist tot, wie du sicher gehört hast. Ich kam gerade noch rechtzeitig, um den Sohn zu retten.“ Seufzend goss er Mihály einen Becher Tokaier ein. „Halb totgeprügelt haben sie ihn.“
Mihály wurde kalt vor Zorn. Er war selbst Zeuge einer Kindstötung geworden. Eine der Trosshuren des Woiwoden entband eine Tochter mit verkrüppelten Beinen und zu großem Kopf. Die Wöchnerin wäre beinahe bei der Geburt gestorben. Kaum hatte er das Kind aus ihr herausgezogen, betrachtete es eine der anderen Frauen, nahm es ihm ab und warf es in den Fluss.
Die Kleine hätte keine Chance in Vlads Heer gehabt. Dennoch war er erschrocken gewesen, mit welcher Gleichgültigkeit die Frau agierte.
Das Leben war nur dann etwas wert, wenn es den Menschen, denen es sich ausliefern musste, gefiel. Sonst war es ein Ärgernis und wurde beseitigt.
Wie Dávid, wie Ádám.
„Er ist im Wagenschuppen.“ Betreten sah Barti zu Boden. „In seinem Zustand konnte ich ihn nirgends sonst unterbringen. Er sagt, er könne seine Beine nicht mehr bewegen. Die Knechte des Schulzen haben mit Dreschflegeln auf ihn eingeschlagen.
Ein Wunder, dass der Bursche noch lebte. „Zeig ihn mir.“ Jeder Moment Verzögerung machte es schlimmer und nicht besser. Wenn sie ihm allerdings den Rücken gebrochen hatten, machte nichts irgendetwas besser. Nur ein sauber und schnell ausgeführter, erlösender Schlag auf den Schädel.
Barti führte ihn nach hinten ins Lager und von dort über den Hof zu einem Schuppen.
„Sein Zustand ist mehr als beklagenswert.“ Barti zog den Riegel zur Seite. „Wenn du es schaffst, dass er wenigstens wieder laufen kann, wäre mir sehr geholfen.“
„Ich bin nicht Jesus.“ Für Wunder reichte seine Kompetenz nicht aus.
Das Tor schwang auf. Inmitten von Dämmerlicht und Fäkalgestank lag ein Bündel auf dem Boden. Es hob seinen
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