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Der Sodomit

Der Sodomit

Titel: Der Sodomit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.B. Sasori
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assistiert, obwohl es unnötig war. Dein Vater schnitt kompetent in totes und auch in lebendiges Fleisch.“
    Er wusste von den sezierten Leichen. Sein Zwinkern verriet es. Mihály wurde schlecht.
    „Jedoch bekam ich das zumindest für mich glückliche Ende meiner Operation nicht mit. Um Eingriffe für unsere Patienten erträglicher zu gestalten, experimentierten wir mit einer Tinktur aus Rotwein, Bilsenkraut und Opium. Dieses Mal war ich das Versuchskaninchen, weshalb ich die letzten Stiche verschlafen habe.“ Der Mann bedeckte sich wieder. „Tief genug, dass dein Vater mich für tot hielt. Vielleicht war ich es auch für einen Moment.“
    Der Freund, der ihm unter den Händen weggestorben war? Konnte es sein?
    Der Mann stand auf und schlenderte um den Tisch auf ihn zu. Den aus der Nase tropfenden Bence und den sich wimmernd das Ohr haltenden Tamás ignorierte er. „Danach trennten sich unsere Wege gezwungenermaßen“, plauderte er. „Aber ich habe Ádám Szábo stets in guter Erinnerung behalten, denn er brachte es fertig, die Menschen zu lieben, obwohl ich nie müde wurde, ihm ihre ärgsten Fehler vorzuführen.“ Einem tiefen Zug aus der Pfeife folgte ein wabernder Rauchkringel, der sich sacht auflöste. „Offenbar bist du ihm sehr ähnlich, Mihály.“
    In mancher Hinsicht. In anderer nicht. Ádám Szábo hatte nie erfahren, dass sein einziger Sohn ein gottverdammter Sodomit war.
    Tränen stiegen ihm in die Augen, dabei besaß der Alte kein Recht, sie zu sehen. Warum, zum Teufel, hatte sein Vater diesen Kerl nie erwähnt? Sein angeblicher Tod hatte Ádám tief genug erschüttert, um sein Leben zu verwirken.
    „Pass auf dich auf, Mihály. Zu viel Idealismus ist ungesund.“ Er winkte der Frau mit der Vorliebe fürs Resteessen und ließ ihn mit den beiden Betrunkenen allein.
    Bence und Tamás starrten ihn mit offenen Mündern an. Keiner von ihnen sagte etwas.
    Mihály schwieg ebenfalls. Die Wut schnürte ihm die Kehle zu. Auch die Scham über sein eigenes Leben. Dabei war er nie grob oder abfällig mit Dávid umgegangen.
    All die Zärtlichkeiten, die er mit ihm ausgetauscht hatte, die überbordenden, vor Glück und Liebe glühenden Augenblicke, wenn er sich in ihm bewegte, in ihm Erfüllung gefunden hatte. Dávids vor Lust trunkenes Stöhnen, sein Anschmiegen an ihn, im Moment der Ekstase. Die Liebesworte, die er ihm zugeflüstert und auf die Haut geküsst hatte.
    Nichts konnte weiter von dem hier entfernt sein und dennoch pochten seine Wangen vor Hitze.
    Er musste raus oder er erbrach sie in die Sauerei, die den Boden längst verklebte.
    Sollte er seine Pflicht erfüllen und den König über die Verfehlungen seiner Männer in Kenntnis setzten?
    Seine Hände zitterten. Er konnte keine Feder halten und selbst wenn, Menschen ans Messer zu liefern, entsprach ihm nicht. Zumal beide sternhagelvoll gewesen waren. Morgen erinnerten sie sich im Zweifel an nichts.
    „Und?“ Vor der Küche lauerte Sara. „Hast du so was schon mal gesehen?“
    „Nein und jetzt lass mich in Ruhe.“ Sein Kopf schwirrte. Was sollten die Andeutungen des Mannes?
    „Levente Leske.“ Sara stemmte die Fäuste in die Hüften. „Aber der Kerl lügt. Er kommt ab und an mit seinen verkleideten Miezen vorbei. Im Prinzip ist er nicht unrecht.“ Ihre Wangen wurden rosa. „Um ehrlich zu sein, besitzt er die ein oder andere, wirklich begeisternde Seite. Nur seinen richtigen Namen habe ich noch nicht herausbekommen.“
    Was kein Verlust war. Sara sah das anders, denn ihre Stirn umwölkten grüblerische Falten. „Als er vor drei Jahren bei mir einkehrte, hat er sich als Levente Bartók ausgegeben.“
    Beide Namen sagten ihm nichts.
    „Du bist kreidebleich.“ Saras Tätscheln glich einer saftigen Ohrfeige. „Geh nach Hause und schlaf dich aus. Morgen lasse ich dir von Péter ein Frühstück bringen.“
    Sein Magen wollte nicht an seine angestammte Funktion erinnert werden. Schwach hing er unter Mihálys Rippen und sehnte sich wie er nach Ruhe.
    „Verzeiht, Herr, dass ich meine Klapper nicht dabei habe, um euch vor mir zu warnen.“ Eine gebückte Gestalt in schmutzigen Lumpen schleppte sich zwischen Saras Küchenkräutern entlang. „Aber ich kann sie nicht mehr halten.“ Eine von der Fäulnis verstümmelte Hand lugte aus zerschlissenem Stoff.
    Ein Leprakranker. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Dass er durch Saras Küchengarten stolperte, machte die Sache nicht besser. In Pest gab es ein Leprosorium. War der Mann auf der Flucht dorthin

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