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Der Sodomit

Der Sodomit

Titel: Der Sodomit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.B. Sasori
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oder von dort weg? Beides konnte Mihály nachvollziehen.
    „Du bist Wundarzt?“, fragte der Kranke. „Hilfst du mir?“
    Wie er die Hilflosigkeit hasste, nichts gegen ein Leiden tun zu können. Gegen die Lepra war kein Kraut gewachsen und die befallenen Körperteile amputierten sich oft selbst. Sein Vater hatte eine Abhandlung dazu geschrieben. Unter der Voraussetzung, dass das Leben eines Menschen in seinem Blut steckte, sei diese Krankheit leicht zu erklären. Sie verdicke das Blut des Menschen, das dadurch nicht mehr alle Stellen des Körpers erreichen konnte. Wo das Leben fehlte, herrschte der Tod und der Organismus begann, von außen nach innen abzusterben. Finger, Zehen, die Nase, die Ohren. Der einzige Vorteil der Krankheit: Die betroffenen Stellen waren schmerzunempfindlich.
    Gab es ein medizinisches Thema, über das sich Ádám Szábo nicht den Kopf zerbrochen hatte? Im Schatten seines genialen Vaters fühlte er sich plötzlich klein und unbedeutend.
    Der Vermummte hielt den Rest seiner Hand auf. Mihály legte ein paar Münzen hinein und rief nach Sara. Niemand würde den Mann nahe genug an sich heranlassen, damit er sein Brot bezahlen konnte. Im Prinzip waren die Münzen sinnlos und trösteten höchstens. Was der Kranke dringender brauchte, war gute Nahrung.
    „Der schon wieder“, schimpfte Sara, als sie den Mann sah. „Ich habe dich gestern schon gefüttert!“
    „Und heute habe ich wieder Hunger.“ Der Kranke verneigte sich höflich. „So ist das mit dem Menschen. Obwohl er dem Teufel längst auf der Schippe sitzt, kann er sich vom Leben nicht trennen.“
    Augenrollend verschwand Sara in ihrer Küche und kam einen Augenblick später mit einer Schüssel Suppe und Brot zurück. Die Schüssel war groß und voll und die Brotscheibe dick.
    „Setz dich in eine Ecke, wo dich niemand sieht und verschwinde danach endlich aus dem Ort.“ Schimpfend stapfte Sara zurück in ihre Küche. Sie besaß ein großes Herz, nahm die Gefahr aber auf eine zu leichte Schulter.
    Der Mann hockte sich auf einen Stein, schob die Binden über seinem Mund zur Seite und begann zu essen.
    „Ich will dir den Appetit nicht verderben, aber du kannst nicht hierbleiben.“ Streng genommen musste er den Kranken melden, damit er ins Leprosorium gebracht werden konnte. Außerhalb einer Kolonie hatte kein Leprakranker was verloren.
    Der Mann sah ihn aus den Binden heraus an. „Ich bin nur auf der Durchreise, mein Freund. Doch bevor ich in einer Kolonie gemeinsam mit vielen faule, tue ich das lieber für mich allein.“
    Verständlich, aber egoistisch.
    „Wirst du mich verraten?“
    Es wäre seine Pflicht. Tauchte die Krankheit wegen dieses Kerls in Visegrád auf, wurde sie zu seinem Problem. Geduldig wartete der Kranke auf eine Antwort.
    „Versprich mir, dass du heute noch weiterziehst, sonst bin ich gezwungen, dich zu melden. Und jetzt iss, bevor es kalt wird. Saras Suppen sind gut.“
    Lächelte der Mann? Den Mund konnte Mihály nicht erkennen, aber um die Augen herum gruben sich die Falten tiefer. Für einen Leprakranken, dem bereits Fingerglieder fehlten, waren sie erstaunlich fein. Auch war der Blick der braunen Augen keinesfalls getrübt.
    Der Mann nickte und aß weiter. Hoffentlich hielt er sich an sein Versprechen und lief morgen nicht Tamás oder Bence über den Weg. Auch wenn es herzlos war, er musste Sara vor ihm warnen.
    Sie wusch das Geschirr und schimpfte auf Péter, der sich vor der Arbeit drückte.
    „Sollte der Mann morgen wieder hier auftauchen, sag mir Bescheid.“
    „Wollte ich doch längst“, brummte Sara. „Aber der Kerl tut mir leid.“
    „Wem wirst du leidtun, wenn dir Füße und Hände abfaulen?“
    „Dir.“ Ihr Lächeln war entwaffnend. „Und ich wette, du wirst nicht eher Ruhe geben, bis du ein Mittel gefunden hast, um mir zu helfen.“
    Das konnte Jahre dauern und bis dahin wäre sie längst tot. „Du bist ein guter Mensch, Sara.“ Der beste, der ihm seit langer Zeit begegnet war.
    Energisch wrang sie den Lappen aus, bevor er in einem Becher verschwand. „Sag es nicht weiter, sonst bringt unser bröselnder Gast morgen seine Freunde mit.“
    Mihály küsste Sara auf die Wange, die sofort rot anlief. Was für ein Tag. Er musste nach Hause. Klar im Kopf werden und seinen Ärger über Tamás und Bence loswerden.
    Der kranke Bettler war verschwunden, als Mihály durch Rosmarinsträucher und trockene Lavendelstauden den Heimweg antrat. Schüssel und Löffel schien er mitgenommen zu haben.
    Mihály

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