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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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düsteren, buckligen Schachtel, die mit glänzenden Augen zwischen ihren aufgehängten Kleidungsstücken hervorgespäht hatte? Er sah keine.
    Am Ende der Madeglass Street kam eine belebtere Straße, die unter der Eisenbahnlinie hindurchführte. An der Ecke wartete eine kleine Menschenmenge an der Bushaltestelle. Erleichterung schien Rowenas hohe Gestalt weicher fließen zu lassen, sie verringerte ihr Tempo und stellte sich am Ende der Schlange an.
    Nicholas bremste ebenfalls und blieb in fünfzig Meter Entfernung hinter einem Strommast stehen. Er lehnte sich an das Holz, und ein leichter Geruch von Kreosot stieg ihm in die Nase. Die Sonne war inzwischen untergegangen, und die ersten Sterne begannen am purpurfarbenen Himmel zu funkeln. Er beobachtete Rowena. Sie plauderte mit der Frau mittleren Alters vor ihr in der Schlange. Beide Frauen lachten. Rowenas Zähne leuchteten weiß im trüben Licht. Die Scheinwerfer eines Busses tauchten in der Eisenbahnunterführung auf, seine Fenster schimmerten in warmem Gelb. Einen Moment später stieß er ein monströses Seufzen aus und hielt, um Passagiere aufzunehmen. Rowena stieg ein. Nicholas sah sie den Gang entlanggehen und einen Sitzplatz im hinteren Teil wählen. Der Bus fuhr rumpelnd an und war bald außer Sicht.
    Nicholas steckte die Hände tiefer in die Taschen. Rowena war von keiner bösartigen Aura umgeben. Ihr Laden war der von Quill, und an ihrer Tür war immer noch Quills Zeichen, aber konnte sie etwas dafür? Natürlich nicht. War sie selbst in Gefahr? Er glaubte es nicht. Die alte Frau, die Quill gewesen war, hatte einen anderen Ort gefunden, um sich zu verstecken, einen neuen Mittelpunkt für ihr Netz. Sie war im Wald.
    Er spürte den kalten Nachtwind in sein Haar fahren. Er machte kehrt und ging langsam zurück in die Bymar Street.
    » … und dann erkannte die Prinzessin, dass er das freundlichste, sanftmütigste und beste unter allen Tieren war, und sie liebte ihn am meisten von allen …«
    Bryans Stimme floss wie warmes Wasser den Flur entlang, besänftigend und ruhig. Suzette malte sich aus, wie Quincy die Augen verdrehte und sich mächtig anstrengte, wach zu bleiben, um das Ende ihrer Lieblingsgeschichte zu hören. Es war so lieb von Bryan gewesen, dass er das Mädchen den ganzen Tag beschäftigt und von seinem kranken Bruder ferngehalten hatte.
    Suzette war in Nelsons Zimmer. Es war dunkel. Er lag auf dem Bett, seine Brust hob und senkte sich nur schwach. Der Arzt hatte die Vermutung geäußert, es handelte sich um eine Art Infektion in der Brust, und nachdem er ihn von Meningitis über Lungenentzündung bis zu SARS auf alles Mögliche getestet hatte, hatte er ihn wieder nach Hause gehen lassen. Bryan hatte die Ansicht vertreten, er wäre im Krankenhaus besser aufgehoben, und sie liebte ihn dafür. Vertrau mir, hatte sie gesagt. Er tat es, und sie liebte ihn auch dafür.
    Inzwischen hatte sie Nelsons vollständigen Namen auf eine Kerze geschrieben, die so purpurn war, dass sie fast schwarz wirkte. Auf einem Tablett wartete bereits ein Püppchen, ein vage menschenähnlich gestaltetes Ding aus weißer Baumwolle, das stark nach Salbei, Knoblauch und Lavendel roch. Sie hatte die Puppe mit Nelsons Haar zugenäht.
    Wie kann sie es wagen, dachte Suzette. Wie kann sie es wagen, mein Kind anzugreifen? Ein Teil von ihr bat sie jedoch still und dankbar zu sein. Quill hat sehr viel schlimmere Dinge getan.
    Sie lauschte. Vom andern Ende des Hauses kam kein Geräusch mehr. Die Gutenachtgeschichte war erzählt, Quincy schlief.
    Zeit anzufangen.
    Sie zündete die Kerze an.

19
    Pritam saß auf Reverend Hirds nackter Matratze und wusste nicht, wo er anfangen sollte.
    Der Rettungswagen hatte Johns Leiche in den frühen Morgenstunden des Vortags weggebracht. Der gestrige Tag selbst war wie in einem Nebel vergangen: Telefonate, Gespräche mit der Erzdiözese wegen der Begräbnisvorbereitungen, Johns privates Telefonbuch durchgehen (und mit Erleichterung feststellen, dass es keine Geschwister oder verheimlichte Kinder gab, die man benachrichtigen musste). Am Ende des langen Tages war Pritam völlig erschöpft auf sein Bett gesunken, doch anstatt zu schlafen, war er stundenlang wach gelegen und in Gedanken immer wieder die letzten Minuten im Leben seines Freundes durchgegangen.
    Als John zusammengebrochen war, hatte Pritam die Notrufnummer gewählt. Er war selbst überrascht – fast ein wenig von sich enttäuscht – gewesen, wie ruhig er geklungen hatte, als er mit der

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