Der Sog - Thriller
beiden Dinge jemals in Verbindung gebracht?«, fragte er. » Vaters Besuch bei Quill und sein Trinken?«
» Natürlich nicht«, brauste Katharine auf. Sie legte den Teelöffel mit lautem Klappern auf den Untersetzer zurück, und richtete ihn dann rasch gerade, als könnte sie das Geräusch damit auslöschen.
» Hast du dich gefragt, warum er zu ihr gegangen ist?«
Sie sah ihn an. Und in ihren Augen blitzte etwas auf.
Mein Gott, dachte er. Sie hat schreckliche Angst.
» Das musste ich nicht. Er hat es mir gesagt. Er sagte, er würde diese Hexe davor warnen, seinen Kindern zu nahe zu kommen.«
Nicholas öffnete den Mund, aber kein Laut kam heraus.
Draußen tropfte Wasser in der Regenrinne, ein einsamer, hohler Laut.
» Sie blieb noch fünfzehn Jahre oder länger dort, in ihrem Laden, Mrs. Quill. Dann dachte ich, sie sei nach Balina gezogen. Mrs. Ferguson glaubte zu wissen, ihre Schwester habe den Jackpot gewonnen und ihr ein Haus in Hobart gekauft.« Katharine schüttelte den Kopf. » Dann hat eine dicke Frau eine Art Keltenladen dort aufgemacht und ich weiß nicht was verkauft – Schottentuch, Geschirrtücher, Innereien in Dosen und Souvenirs aus Edinburgh. Hast du sie mal gesehen? Familienwappen. Keine Ahnung, wie sie auch nur einen Cent verdient hat, aber sie war bis vor ein paar Jahren da. Dann der Schwimmbadladen. Und jetzt diese neue junge Dame mit ihrer Gesundheitskost.« Sie stieß das Wort voller Hohn aus.
Nicholas starrte in seinen Tee. Er war braun und unergründlich wie Flusswasser.
» Und immer noch«, flüsterte Katharine, » läuft dieses Geschäft weiter.«
Sie sah ihn an. Ihre Augen waren hart. » Das ist sie wieder, oder? Da unten?«
Nicholas wurde von panischer Angst erfasst.
» Geh bloß nicht zu ihr, Mum.«
» Und du solltest es auch nicht tun«, erwiderte sie ruhig. » Ich denke, du solltest deine Sachen packen und zu deiner Schwester fliegen. Oder noch weiter weg, wenn du kannst.«
Sie schien zu bemerken, dass ihre Augen feucht waren. Sie zupfte ein Taschentuch aus ihrem Ärmel und trocknete sie. Dann stand sie auf und brachte ihre Teetasse zur Spüle.
» Es tut mir leid, dass ich nie sehr gut über deinen Vater gesprochen habe«, sagte sie. » Aber keine Frau kommt gern an zweiter Stelle hinter einer Flasche.«
Nicholas sah sie die Tasse ins Trockengestell legen. Dann strich sie ihre Weste glatt.
» Ich sehe mal nach unserm Gast, und dann gehe ich zu Bett«, sagte sie.
Als sie an Nicholas vorbeiging, drückte sie ihm kurz die Schulter und zog ihre Hand dann so leicht wieder zurück wie eine erschreckt auffliegende Schwalbe.
30
Tony Barisi stand auf seinem Balkon, rauchte eine teure Zigarre und schaute zu, wie der Wind den Regen über die halb beleuchteten Bürogebäude auf der andern Seite des Flusses peitschte.
Er drückte den Stumpen aus und warf ihn in ein mit nassem Sand gefülltes Bronzegefäß, das ein geschnitzter asiatischer Löwe zwischen den Pfoten hielt. Toni fühlte sich nicht wie einundfünfzig. Heute Abend fühlte er sich wie einunddreißig. Ach was, wie einundzwanzig! Er hatte keine Lust zu schlafen, denn Schlaf würde den kommenden Morgen schneller eintreten lassen, und er wollte keine Minute verpassen. Die Stadt war schön. Das Leben war schön. Es war eine Freude, Geschäfte zu machen. Er drehte sich zu der hohen, rahmenlosen Glastür um und ging in sein Penthouse zurück.
Der Junge schlief auf der Couch. Tony lächelte. Prächtiger Bursche, sein Dan. Gerade dreißig geworden, aber stramm und eng wie ein Teenager. Und er war anders. Dan war während des ganzen Prozesses bei Tony geblieben, auch dann, als alle – Tonys Anwalt eingeschlossen – alles für verloren geglaubt hatten. Dan war der Einzige gewesen, der gewusst hatte – gewusst! – dass sie mit einem Vergleich aus der Sache kommen würden. Und er hatte Recht behalten. Dans Zuversicht war ansteckend, und Tony liebte ihn dafür.
Er liebte ihn.
Dieses Eingeständnis ließ ihn ein Kribbeln im Bauch spüren. Er lächelte beim Blick auf den schlafenden Dan. Ja, es war Liebe. Und Liebe war göttlich. Dan war einer fürs Leben. Tony sah seinen Geliebten schlummern, wo er nach ihren sehr vielen Drinks zur Feier des Anlasses eingeschlafen war, und beschloss, ihn nicht zu wecken. Er patschte leise zum Schlafzimmer.
Während er sich auskleidete, überfiel ihn eine wundervolle Müdigkeit, und das Bett wirkte plötzlich sehr einladend. Scheiß drauf, ich putze mir nicht mal mehr die Zähne. Schlaf, wenn
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