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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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mit einem gehorsamen Kind auszudrücken.
    » Du weißt, wer ich bin?«
    » Zeig es mir«, sagte er.
    Sie zog eine Augenbraue hoch, lächelte und schaute zur Tür. Da war niemand. Sie sah wieder zu Pritam zurück und blinzelte. Und plötzlich stand John Hird vor ihm.
    » Macht es das leichter für dich, du nichtsnutziger schwarzer Scheißer?«, fragte der Reverend fröhlich.
    In Pritams Kopf drehte sich alles. Da war sie. Vor ein paar Minuten noch hatte er sich an der Vorstellung erwärmt, sie mit dem Glanz des Herrn reuevoll und demütig in die Knie zu zwingen, doch nun war in seinem Innern nur noch erkaltete Asche.
    Johns freundliches, faltiges Gesicht verschwand im Handumdrehen und wurde durch das der jungen Schwester Joanna ersetzt. » Oder sie?«
    Joannas Gesicht war fort, nahtlos ersetzt durch das von Pritams Mutter. » Oder sie, mein kleiner chinnanna?«
    » Hör auf«, flüsterte er. Sein Mund war trocken wie Pappkarton.
    » Oder ich?« Das Gesicht seiner Mutter verschwand, ersetzt durch eine Frau, die aussah, als wäre sie älter als die Zeit. Verdorrt und verrunzelt und hart wie Holz, mit hellblau aus nussbraunen Fleischlappen leuchtenden Augen. » Ich hab dich gehört, ehe ich hereinkam«, flüsterte sie. Ihr Atem roch faulig nach verdorbenem Fleisch und den modrigen, missgestalteten Dingen, die an feuchten lichtlosen Orten wachsen. » Du willst meine Seele retten, Kleiner?«
    Pritam spürte, wie ihn der letzte Rest an Kraft verließ. Der Raum war immer noch hell, aber jede Wärme war aus ihm entwichen. Das ist das Zimmer, in dem ich sterbe, erkannte er. Er sah die Alte an. Sie lächelte und entblößte dabei zwei verfaulte graue Zahnstumpen, die wie abgeschnittene Sperlingsbeine aussahen.
    » Christus kann dir vergeben«, flüsterte er, aber er glaubte es selbst nicht. Aus diesen eisblauen Augen sprach nicht ein Hauch von menschlicher Anteilnahme.
    » Na, wunderbar«, sagte sie.
    Ihre Züge wurden wieder zu der der braunhaarigen Schwester. Sie lächelte, zog das Kissen hinter seinem Kopf hervor und drückte es auf sein Gesicht.
    Nachdem Nicholas aufgelegt hatte, sah er zu, wie seine Mutter Eimer und Gartenwerkzeuge zu einem Beet trug, das, sobald der Frühling kam, in einer Farbenpracht wie ein Korallenriff erblühen würde. Katharine grub und pflückte, zog Sauerklee und Commelina aus der Erde und warf das Unkraut in einen schwarzen Topf. Der Garten wird wunderbar aussehen, dachte er. Aber was wird das Unkraut davon halten? Es geht eben nicht ohne Opfer ab.
    Blut ist das einzige Opfer, das den Herrn zufrieden stellt.
    Er musste Laine etwas fragen. Er ging ins Haus.
    Das Bett in Suzettes Zimmer war leer. Laine war wach und irgendwo unterwegs. Er ging in den Flur. Durch das Mattglas der Haustür sah er den Rücken einer Person, die auf der Vordertreppe saß. Er holte tief Luft und ging hinaus.
    Laine trug seine Trainingshose und einen Wollpullover, in dem sie fast verschwand. Sie blickte nicht auf, als er die Tür hinter sich schloss. Ein Wind aus Westen regte die Bäume in der Straße. Der Himmel war wolkenlos. Die Sonne gab keine Wärme ab. Er sah sich um und entdeckte, wonach er Ausschau gehalten hatte. Gavin kam auf dem Fußweg auf sie zu.
    » Setzt du dich zu mir?«, fragte sie.
    Nicholas sah, wie Gavin das Tor erreichte.
    » Lieber nicht.«
    Aber er musste mit Laine reden, und deshalb setzte er sich widerstrebend neben sie.
    » Was ist passiert?«, fragte sie.
    » Du bist im Auto ohnmächtig geworden. Ich habe dich ins Krankenhaus gefahren. Und dann habe ich dich wieder dort herausgeholt.«
    Sie starrte auf einen blauen, unwahrscheinlichen weiten Himmel, der sich über die roten und grünen Dächer spannte.
    » Ich habe geträumt«, sagte sie.
    Er wartete.
    » Ich war in einem Schiff, einem Schiff aus Holz. Es war brechend voll. Eine Frau neben mir hat ein Baby bekommen. Wahnsinnig viel Blut. Es war eine Totgeburt. Sie weinte und weinte und hielt das tote Kind in den Armen, es schien die ganze Nacht kein Ende zu nehmen. Die einzige Möglichkeit, wie ich das Weinen beenden konnte, war, ihr ein neues Baby zu bringen. Und ich hätte es getan. Ich hätte es getan, nur dass ich niedergehalten wurde. Von diesem Gewicht, diesem warmen Gewicht auf meiner Brust. Aber ich hätte alles getan, um ihr ein neues Kind zu bringen und dieses furchtbare Weinen zu beenden.«
    Nicholas betrachtete ihr Profil. Sie hob die Hand zu dem Schnitt an ihrer Wange. » Es war mein Blut. Sie hat es benutzt.«
    Nicholas nickte.
    »

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