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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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oberhalb der übrigen fünf lag wie eine Robbe auf einem geriefelten Strand.
    Er hatte einiges Geschick darin entwickelt, seinen Fuß mit der Tasche abzudecken, sobald der Socken ausgezogen war. Wenn niemand schaute, dann konnte er …
    Das silbrige Klimpern einer Münze, die zu Boden fiel und davonrollte.
    » Oh!«
    Die Zwanzig-Cent-Münze rollte an Eric Daniels vorbei, zog eine träge, immer enger werdende Schleife und blieb direkt vor Nicholas liegen. Er blickte genau in dem Moment auf, in dem Ursula Gazelle sich über ihn beugte, um ihr fallen gelassenes Geldstück aufzuheben. Zu keiner Bewegung fähig, entsetzt und ohnmächtig, sah er, wie Ursulas Blick von der Münze über seine Schuhe zu seinem Fuß wanderte … und zu der monströsen sechsten Zehe.
    » Oh«, sagte das hübscheste Mädchen in der Klasse, den Blick wie gebannt auf Nicholas’ Fuß gerichtet. » Igitt.«
    Sie klaubte die Münze rasch auf und eilte an ihren Platz in der Reihe zurück.
    Und Nicholas begann zu weinen.
    Er erinnerte sich, wie er sein Taschentuch hervorzog, wie er zu Steven Chan sagte, dass alles in Ordnung sei, wie er es gegenüber Miss Aspinall wiederholte, wie er seinen Fuß mit der Tasche zu verdecken suchte, während er Geflüster hörte. Sein Zeh. Sie hat seinen Zeh gesehen. Was ist mit seinem Zeh? Seinem zusätzlichen Zeh … Er weinte. Weinte wie eine Schwuchtel. Nicholas wusste, was eine Schwuchtel war: ein Junge, der wie ein Mädchen weinte.
    Jetzt, auf dem Nachhauseweg, ließ ihn die Erinnerung an die rot glühende Scham erneut wie eine Schwuchtel weinen. Er zog Rotz hoch, heiß wie die Backofenluft ringsum.
    Und so kam es, dass er den Vogel in der betäubenden Hitze auf dem schmalen Kiesweg neben der Carmichael Road durch einen Tränenschleier sah.
    Es hätte alles und nichts sein können, ein winziges Ding am Rand des Wegs, fast schon im Gras versteckt. Schwarze und weiße Federn. Eine Elster? Nicholas bückte sich. Nein, er war kleiner. Ein Winzling.
    Er wischte sich mit dem Handrücken über die Nase, und fragte sich, was er damit anfangen sollte. Tote Dinge, das wusste er, waren schmutzig ( voller Krankheitskeime, wie seine Mutter sagen würde), und deshalb wollte er den Vogel zuerst mit einem Fußtritt ganz ins Gras befördern und weitergehen. Aber als er genauer hinsah, bemerkte er etwas, das ihn innehalten, seinen Schulranzen abstreifen und niederknien ließ.
    Der tote Vogel hatte keine Füße.
    Seine Beine, nicht dicker als Zweige, waren sauber unterhalb der nach hinten geknickten Knie abgeschnitten worden, man sah schwarzbraunes Mark im Innern eines porzellanfeinen, weißen Knochens und darum herum graue Lederhaut.
    Nicholas schloss den Mund, um den modrigen Geruch nicht einzuatmen, der von dem Ding ausging. Wer schnitt einem Vogel die Füße ab? Er suchte die Erde rund um den Vogel ab, konnte die abgetrennten Klauen aber nicht entdecken. Was er jedoch fand, war ein kurzer Stock, den ein Hund in der Mitte angenagt hatte. Er nahm die bügeleisenheiße Sonne in seinem Nacken und das hohe elektrische Sirren von Insekten wahr, als er den Stock vorsichtig unter den toten Vogel schob und den schlaffen, aufgedunsenen Körper aus dem Gras zog. Fast drehte es ihm den Magen um.
    Wie die Füße war auch der Kopf des Vogels entfernt worden. An seiner Stelle hatte man einen runden Knoten aus geflochtenen Zweigen mit einem spitzen Stock an den Körper gespießt. Die abgetrennten Füße des Vogels steckten mit den Schienbeinen voran in dem Knoten und ragten wie Miniaturgeweihe daraus hervor.
    Nicholas konnte das heftigere Pochen seines Herzschlags bis in die Fingerspitzen spüren. Vorsichtig drehte er den Vogel um. Auf den falschen Kopf war etwas in rostigem Rot aufgemalt worden: ein senkrechter Strich mit einer Pfeilspitze wie ein » Größer als«-Symbol auf der rechten Seite:

    Nicholas spürte eine Wellenbewegung vom Nabel zu den Hoden hinab. Seine Haut war plötzlich kalt, und die Ränder seines Blickfelds färbten sich silbern.
    Er stand mit rasendem Herzen da, wie benommen von der Stille.
    Nicht ein Auto kam auf der Straße vorbei. Keine einzige Person bewegte sich hinter den dunklen Fenstern der Häuser in der Ferne. Der leichte Wind war eingeschlafen, und das Schwertgras hatte sein eidechsenartiges Zischen eingestellt. Die Grillen zirpten nicht mehr, als hätten selbst sie Angst, ihr Versteck zu verraten. Der Himmel war bleich und heiß wie ein Brennofen.
    Nicholas fühlte sich plötzlich schrecklich lebendig in all

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