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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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auftauchte. Sie war das, was Nicholas in späteren Jahren als eine imposante Frau bezeichnen würde: gut gekleidet, eloquent, gebildet. Extrem humorlos.
    » Dass wir ein bisschen Lärm machen werden«, sagte Tristram ohne das geringste Zögern.
    Er drehte sich zu Nicholas um und blinzelte ihm zu, was Mrs. Boye nicht sehen konnte. Nicholas musste lächeln – Tris war schon ein aalglatter Hund.
    » Nun, es wäre uns lieber, wenn ihr das bleiben ließet«, sagte Mrs. Boye und musterte die Rampe. » Dein Vater hatte eine anstrengende Woche, und wir werden uns ein wenig hinlegen.«
    Mr. Boye war ein Geschäftsmann, der für eine Investmentfirma arbeitete und häufig noch am Abend und an Wochenenden für das Unternehmen tätig sein musste, weshalb von den Jungs der Boyes absolute Stille erwartet wurde, wenn er und Mrs. Boye ausruhen wollten.
    » Warum geht ihr nicht zu Nicholas hinüber?«, fragte sie Tristram.
    Bloß nicht mich fragen, dachte Nicholas. Aber Tristram sah ihn an und blinzelte wieder durchtrieben.
    » Klar«, sagte Nicholas.
    » Dann stärkt euch erst mal«, sagte Mrs. Boye und machte sich auf den Weg zu dem abgedunkelten Elternschlafzimmer.
    Die Jungs tranken ihren Saft und begutachteten ihr Werk. » Es wäre gut geworden«, sagte Nicholas. Er sah Tristram an. Sein blonder Freund grinste. » Was ist?«
    » Schauen wir es uns an.«
    Nicholas wusste, was er meinte. Den Vogel. Eine plötzliche Angst galoppierte durch seine Eingeweide, aber er würgte sie ab und grinste zurück. » Tommy-Gewehre?«
    » Natürlich.«
    Sie leerten ihre Gläser und rannten los.
    Sie bewegten sich wie Schatten, leise und langsam, tief gebückt, um unterhalb der Grashöhe zu bleiben. Die trockenen Wedel plapperten ringsum in der warmen Luft, zischten eine beständige Warnung, sich in Acht zu nehmen. Die Jungen umklammerten die Schäfte ihrer Automatikwaffen. Tristram ging voran; das stand nie zur Diskussion – er war größer und stärker, und sollte ihn eine Kugel der Japse treffen, dann war es verdammt noch mal nicht zu ändern. Nicholas sah ihn die linke Hand heben, und beide gingen wie Steine zu Boden. Nicholas kroch zu ihm.
    » Was ist?«
    » Haben wir Granaten mit?«, zischte Tristram.
    Nicholas sah sich um. Seine Finger schlossen sich um einen unförmigen, mit rosa Quarz gesprenkelten Stein. » Nur eine.«
    » Hol’s der Teufel«, flüsterte Tristram und blickte Nicholas aus schmalen Augen an. Er legte den Kopf schief und grinste. » Dann sieh lieber zu, das sie was ausrichtet.« Er deutete.
    Nicholas hob vorsichtig den Blick über die Graslinie. Etwa vier Meter vor ihnen war der Bunker (raffiniert als städtische Mülltonne getarnt). Er ging wieder nach unten und zog einen imaginären Stift aus dem Stein.
    » Gib mir Deckung«, sagte er und zählte dann leise: drei, zwei, eins …
    Beide sprangen auf. Tristram richtete sein Tommy-Gewehr aus (ein hölzernes Stuhlbein mit einem Nagel als Abzug und einem unten angeschraubten Querstück als Magazin) und feuerte: » Ak-ak-ak-ak-ak!«, während Nicholas mit dem Stein ausholte und ihn mit einem Überarmwurf von sich schleuderte. Dann warfen sich beide zu Boden.
    Kleng-rassel-plonk. Das Geräusch des Steins, der in den Metallbehälter fiel.
    Tristram grinste. » Guter Wurf!«
    Nicholas strahlte. Die Sonne stand hoch und brannte heiß, sie waren staubig, dreckig und total glücklich. Das Leben war großartig. » Diesmal haben wir es ihnen aber gezeigt«, stimmte er zu.
    » Das, mein Freund, schreit nach einer Lucky«, sagte Tristram und zog eine Packung weißer Kaugummizigaretten heraus. Er stieß die Schachtel in Richtung Nicholas, der eine herauszog und sich in den Mundwinkel klemmte. Tristram zog eine zweite. Nicholas entzündete ein unsichtbares Benzinfeuerzeug mit dem Daumen. Sie pafften und schmatzten, standen auf und gingen weiter. Sie waren auf dem Kiespfad, die Holzgewehre über die schmalen Schultern gehängt. Rechts von ihnen verlief die Carmichael Road wie ein träger Kanal aus Asphalt. Links von ihnen lag die dichte Masse des Walds. Man kann ihn einfach spüren, dachte Nicholas. Selbst mit geschlossenen Augen weiß man, dass er da ist. Dass er lebt, beobachtet. Darauf wartet, dich einzuatmen, dich tief hineinzuziehen in sein Inneres, wo es warm, feucht und dunkel ist und nach Geheimnissen riecht, wo fremde Hände dich hochheben würden und …
    » … etwa hier?«, fragte Tristram.
    Nicholas schreckte aus seinen Gedanken. » Was?«
    » Verzeihung«, sagte

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