Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Handgelenk knickte im falschen Winkel ab.
    » Dein Arm …«
    Tristram schüttelte den Kopf und sah nach oben.
    Der Mann hatte den Rand der Steilwand erreicht. Seine mächtige Brust, breit wie die eines Pferds, hob und senkte sich in gewaltigen Atemzügen. Er musterte sorgsam die Jungen, die Fallhöhe, die Steilwand, die zur linken Seite hin niedriger wurde. Dann legte er den Kopf schief, als lauschte er etwas in der Ferne, einem Sirenengesang, den nur er hörte.
    » Los, komm«, zischte Nicholas.
    Er und Tristram rannten den Bachlauf entlang, ihre Füße kippten auf den glatten Steinen, immer in Gefahr, ihr Tempo mit einer Verstauchung zu bezahlen.
    Tristram blieb stehen. » Oh nein.«
    Vor ihnen war ein riesiges Gebilde hinter den Bäumen aufgetaucht. Furchtbare Verzweiflung kehrte zurück wie ein vergessener Alptraum. » Das Rohr.«
    Sie waren nur selten so tief in den Wald gegangen, und nur einmal hier herunter in den tief eingeschnittenen Bachlauf und bis zu dem mächtigen alten Wasserrohr, das ihn kreuzte.
    Der Mann kletterte die Steilwand herunter, er hielt sich sorgfältig an den wilden Quitten- und Silbereschenschösslingen fest, die eigensinnig aus dem Fels wuchsen. Er bewegte sich behände wie ein Gorilla, der für den Wald geschaffen wurde.
    Es gab keine Möglichkeit, sich aufzuteilen. Der Wald rechterhand war undurchdringlich. Die Luft selbst schien dunkelgrün zu sein – kein Schimmer Sonnenlicht, nur uralter Schatten. Und es gab auch kein Zurück: Ihr Verfolger war keine dreißig Schritte entfernt. Sich links zu halten, war alles, was an Möglichkeiten blieb, es sei denn …
    Tristram spähte zum Sockel des Rohrs. Zwei Tunnel durchdrangen wie die Läufe einer riesigen Flinte den Beton. Nicholas kniete nieder und schaute hinein. Die Lichtkreise am anderen Ende waren dicht mit vertrauten Gestalten gesprenkelt. Spinnen. Hunderte von ihnen.
    Sein Herz schien in der Brust stehen zu bleiben, und seine Augen tränten. Schon beim Gedanken an eine einzige Spinne zog es ihm die Haut über den Hoden zusammen. Der Anblick dieser langen, dunklen Nester verwandelte seine Angst in Panik. Die Welt wurde von den Rändern her silbern – er war im Begriff, ohnmächtig zu werden.
    » Tris, ich kann da nicht …«
    » Hol Hilfe.« Und ohne ein weiteres Wort ging Tristram in die Knie und kroch in den nächstgelegenen Tunnel.
    Nicholas schaute sich um. Der Mann kam auf ihn zu. Seine Hände waren riesig. Zum ersten Mal bemerkte er die Wölbung im Schritt des Mannes.
    » Leck mich!«, schrie er, drehte sich um und rannte los.
    Genau in einen Ast.
    Er sah gerade noch im Rückwärtstaumeln, wie die Silhouette des Mannes sein Blickfeld ausfüllte … dann versank alles in kohlenschwarzer Nacht.
    Er erwachte zum Flüstern von Blättern.
    Flatternd öffneten sich seine Lider. Die Bäume ringsum waren so tief und dunkel, er hätte ein ertrunkener Seemann auf dem kalten Grund des Meeres sein können. Kein Wind bewegte den Ozean der schwarzen Äste über ihm, doch irgendwo außerhalb seines Blickfelds raschelten dennoch Blätter. Er drehte den Kopf.
    Die Bewegung hatte zur Folge, dass Übelkeit in ihm aufwallte. Er öffnete den Mund und ein armseliger Strom von halb verdauten Keksen und Fruchtsaft ergoss sich daraus. Aber nun war das Geräusch von Bewegung lauter. Sein Blickfeld hielt nicht still, es sprang von einem Bild zum andern wie ein schlecht eingestellter Fernseher, zuckte und stabilisierte sich schließlich.
    Ein kleines Stück entfernt schwebte weißes Fleisch über den Boden. Glieder hingen schlaff herab wie die Hälse toter Schwäne. Alles war so dunkel. Nicholas hob den Kopf und strengte sich an, deutlich zu sehen.
    Tristram wurde vorbeigetragen, gehalten von großen, dunklen Händen. Die nackten Glieder des Jungen leuchteten grell weiß aus der Unterweltdüsternis und baumelten lose hin und her. Sein Kopf fiel zu weit in den Nacken, ein dunklerer Farbton streifte das rötlich-gelbe Haar. Der weiße Hals wurde von einem dunklen Keil geteilt. Nicholas sah ein Stück Knochen aufscheinen.
    Er neigte den Kopf, um zu sehen, wer Tristram trug, aber die Welt kippte aus ihrer Achse und fiel … Er übergab sich wieder und seine Augen sanken in den Schädel zurück.
    Er erwachte ein zweites Mal und spürte Tränen auf seinen Wangen.
    Nein. Keine Tränen. Regen. Tropfen klatschten auf das Blätterdach über ihm, liefen zusammen und stürzten in schweren, kalten Klumpen herunter.
    Nicholas erhob sich unsicher und machte sich

Weitere Kostenlose Bücher