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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Nicholas beobachtete sie.
    Genau deshalb bist du selbst hier, sagte er sich. Um herauszufinden, was passiert ist.
    » Ich hatte gehofft, das könnten Sie mir sagen«, erwiderte er.
    Laines Züge waren reglos und unergründlich wie die eines Porträts aus einer andern Zeit.
    » Was haben Sie ihm angetan?«, fragte sie. Diesmal war ihr Ton anklagend, und Nicholas spürte Verärgerung in sich aufsteigen.
    » Ich weiß, die moderne Frau führt ein ausgefülltes und tatkräftiges Leben, aber haben Sie vielleicht irgendwelche Hinweise bemerkt, dass Gavin nicht rundum glücklich war? Irre Blicke? Schlafmangel? Begeisterung für Feuerwaffen?«
    Sie sah ihm prüfend in die Augen. Nach einem langen Moment nickte sie knapp und wandte sich zum Gehen.
    » Ich dachte, er würde mich umbringen!«, sagte Nicholas laut. Sie ging weiter. » Mrs. Boye!«
    Sie blieb stehen. Regentröpfchen sammelten sich wie Glasperlen auf ihren Schultern. Sie drehte sich um. Ihr Mund war fest verschlossen. Sie hob das Kinn und erwiderte Nicholas’ Blick.
    » Woher wusste er, dass ich wieder da bin?«, fragte er.
    Er sah jetzt, welches Gefühl hinter ihren Augen brodelte. Die Erkenntnis überraschte ihn. Es war Verlegenheit.
    » Danke, dass Sie gekommen sind, Mr. Close.«
    Sie machte erneut mit einer Anmut kehrt, die ihre Müdigkeit nicht erkennen ließ, und eilte zu ihrem Wagen, um dem Sarg ihres Mannes zu folgen.
    Nicholas sah sich nach seiner Mutter und Schwester um, aber sie waren schon fort.
    Er sah die verbliebenen Trauernden davonschlendern. Nach wenigen Augenblicken fühlte er sich peinlich bloßgestellt, wie ein unbeholfener Jugendlicher, der noch auf der Tanzfläche herumsteht, die alle andern nach den ersten Takten eines unpopulären Stücks geräumt haben.
    » Ich habe Sie schauen sehen.«
    Die unerwartete Stimme hinter ihm ließ Nicholas zusammenfahren.
    Es war der junge Reverend. Nicholas sah, dass er sein Alter falsch geschätzt hatte. Er war den vierzig wahrscheinlich näher als den dreißig.
    » Auf was?«
    » Unseren Grünen Mann.«
    Nicholas fing sich. » Ihren was?«
    » Unseren Grünen Mann – den Herrn der Wälder.« Der Priester streckte die Hand aus. » Freut mich, Sie kennen zu lernen. Ich bin Pritam Anand.«
    » Nicholas Close.«
    Der Reverend neigte den Kopf. Er wusste, wer Nicholas war. » Neuigkeiten sprechen sich schnell herum. Schlechte am schnellsten«
    » Bin ich eine schlechte Neuigkeit?«
    Reverend Anand lachte, dann sah er sich um, ob noch Trauernde da waren, die er verletzt haben könnte. » Die Neuigkeit, was Gavin Boye zugestoßen ist, meinte ich. Eine Tragödie.«
    Nicholas nickte und betrachtete die gerötete Wange Anands. » Kein übler rechter Haken für so eine alte Dame.«
    Anand berührte die Stelle, wo Mrs. Boye ihn geohrfeigt hatte. » Manchmal geraten Leute aus der Fassung, wenn eine geliebte Person verstirbt.« Er neigte wieder den Kopf, eine sehr indische Geste; Nicholas war überzeugt, sie verleitete Gemeindemitglieder dazu, Geheimnisse auszuplaudern, die sie besser für sich behalten hätten.
    Der Regen, der höflich eine Pause eingelegt hatte, begann wieder zu fallen.
    » Sie werden nass«, sagte Nicholas.
    » Dann begleiten Sie mich in die Kirche.«
    » Da«, sagte Reverend Anand und deutete. Nicholas folgte seinem Zeigefinger. Unterhalb des rechtwinkligen Kapitells der Säule waren Formen in den Stein gemeißelt: Efeublätter, Farne und ein längliches Gesicht mit Eichenlaubeckzähnen, die aus den Mundwinkeln sprossen. » Und da«, wies er auf den Zwilling der Säule. » Und dort.« In dem geschnitzten Wald, der hinter dem gekreuzigten Christus wucherte, war noch einer.
    Er saß in der vordersten Kirchenbank und trank Tee mit Milch. Nicholas saß neben ihm und trank seinen schwarz. Die Kirche, die bis auf die beiden Männer leer war, kam Nicholas plötzlich riesengroß und viel kälter vor. Durch die hohen, schmalen Buntglasfenster fiel kaum Licht. Die steinernen Dachplatten erstickten das Geräusch des Regens. So muss es sein, wenn man ein ägyptisches Grab betritt, dachte er. Vertraut und doch fremd. Kalt und steinig. Und mit dem Gefühl, von Augen beobachtet zu werden, die uralt und nicht ganz menschlich sind.
    » Was ist das für eine Gestalt? Dieser Grüne Mann?«
    Anand lächelte. » Das ist schon eine bemerkenswerte Wesenheit, dieser Herr des Walds. Waren Sie einmal in Europa? Sie finden ihn dort in vielen Kirchen. Sehr, sehr viele in England, aber auch in Deutschland, Polen.« Er trank

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