Der Sog - Thriller
Kirche war dunkel vom Regen, das Moos auf dem untersten Teil der Mauern beinahe schwarz im trüben Licht. Ein Tag wie geschaffen für das Begräbnis eines Selbstmörders.
Er stand unter einem dunklen Regenschirm, lauschte dem Regen, der müde über seinem Kopf trommelte, und beobachtete die Trauernden, die wie gescholtene schwarze Schwäne in die Kirche eilten. Der Leichenwagen – ein langer, umgebauter Ford – stand vor dem Eingang, sein Fahrer saß aufrecht und bemühte sich, die Vorbeikommenden nicht sehen zu lassen, dass er ein Taschenbuch las.
Er stand in einem kleinen Gehölz aus Kängurubäumen und wartete, bis die letzten Trauergäste in der Kirche waren. Er strich mit einer Hand sein Haar zurück und schnupperte wiederholt unter seiner Achselhöhle. Nicht schlecht, wenn man alles bedachte. Sein Schlaf auf dem Sofa war so lang wie tief gewesen. Erst vor einer Stunde hatte er die Lider wieder aufgeschlagen; er war nahezu zwanzig Stunden weg gewesen. Alle Spuren seiner fiebrigen Erkältung waren verschwunden. Er war rasch unter die Dusche gesprungen, aber es gab keine Seife. Er hatte sich mit den wenigen Papierhandtüchern trocken getupft, die sein Vormieter hinterlassen hatte, und die Sachen vom Vortag angezogen, war sich mit dem Finger über die Zähne gefahren und zur Kirche aufgebrochen. Wie er hier unter seinem Regenschirm stand, sah er vermutlich genauso aus wie der zerknitterte Verrückte, den man am Rand eines Begräbnisses vermutet. Der Gedanke war deprimierend.
Ein letzter Wagen fuhr vor, und einige ältere Trauergäste stiegen langsam aus. Nicholas wandte den Blick zu den feuchten Granitmauern der Kirche. Von seinem Standpunkt aus konnte er die Bleilettern auf dem Grundstein in der Ecke der Kirche gerade noch lesen. Dort stand, der Bischof der Westdiözese habe diesen Stein zum Ruhme Gottes im Jahr 1888 gelegt, und das Geld zum Bau sei von einem E. Bretherton gespendet worden. Schmale, hohe Buntglasfenster, von innen beleuchtet, funkelten im Blau und Grün von Tiefseejuwelen. Nicholas kam zu Bewusstsein, dass er noch nie einen Fuß in die Kirche gesetzt hatte. Die Kirche seiner Kindheit, die zwei Meilen entfernt lag, war in den 1960ern aus hellem Ziegel erbaut worden, in tollkühnen Winkeln, die entschlossen waren, sich in den Himmel zu bohren, egal ob Gott sie haben wollte oder nicht. Im Gegensatz zu ihr wirkte diese Kirche so alt wie die Zeit.
Er wollte nicht hineingehen. Das letzte Mal war er bei Cates Beerdigung in einer Kirche gewesen, und jeder Moment dieser schwülstigen Messe war einer Kränkung gleichgekommen. Das Lob Gottes. Die Gnade Gottes. Die nicht endende Liebe Gottes. Noch vor der ersten Lesung wäre Nicholas am liebsten aufgesprungen und hätte gerufen. » Gott schert sich einen Dreck um uns. Geht nach Hause! Geht nach Hause und liebt euch, solange ihr euch noch habt, bevor Gott sich eure Lieben greift und an einem Badewannenrand zerbricht wie einen überflüssigen Bleistift!« Um des Anstands willen war er jedoch still geblieben, hatte den dahingeleierten Plattitüden gelauscht und nicht daran zu denken versucht, dass die kalte Leiche seiner Frau in diesem girlandengeschmückten, glänzenden Holzsarg vorn in der Kirche lag.
Der Regen wurde stärker, er prasselte hart auf seinen Schirm. Die nassen Gehsteige waren menschenleer. Keine weiteren Trauernden trafen ein. Er hatte keinen Grund mehr, hier draußen herumzulungern wie ein feiger Dieb vor einer Tankstelle.
Er ging hinein.
Durch die inneren Schwingtüren konnte er den blumengeschmückten Sarg vorn auf dem Podium sehen. Zweige weißer Lilien links und rechts der Kanzel wirkten unerhört wie Eisfontänen.
Der Priester, Reverend Hird, eine kleine Bulldogge von Mann und Ende siebzig, stand an der Seite des Mittelschiffs gebeugt im Gespräch mit einem Trauernden mittleren Alters. Ein jüngerer Priester, ein Mann von vielleicht dreißig mit kaffeebrauner Haut, wartete geduldig hinter seinem Vorgesetzten.
Nicholas schüttelte seinen Schirm aus, trug sich in das Kondolenzbuch ein und schlüpfte leise in den eigentlichen Kirchenraum.
Er hatte gehofft, sich unbemerkt in einer der hinteren Bänke setzen zu können, aber es gab nur rund zwei Dutzend Trauergäste, deshalb hätte er isoliert im rückwärtigen Teil erst recht Aufmerksamkeit erregt. Er setzte sich in der vierten Reihe dazu. Als er Platz nahm, wurden mehrere Köpfe gedreht, um zu sehen, wer so spät noch kam und ob man ihn kannte. Die meisten kannten ihn nicht und
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