Der Sog - Thriller

Holzrumpf des Boots. Die weiße Farbe blendete beinahe nach der Düsternis des Walds. Was für eine wunderbare Überraschung!
    Schritte. Nicholas drehte sich um.
    Die alte Frau in der rosa Strickjacke kam den Weg entlang und führte ihren kleinen weißen Terrier spazieren – das Paar, das er vor vielen Stunden außerhalb des Walds an der Carmichael Road gesehen hatte. Die alte Frau sprach leise auf ihren Hund ein, der zufrieden über das Lob mit dem Schwanz wedelte. Sie hielt sich sehr gerade und erinnerte Nicholas an die stolzen alten Damen von Paris, die immer schön gekleidet waren und sich anmutig bewegten. Plötzlich bemerkte ihn die Frau und blieb abrupt stehen; sie war so verblüfft, dass sie die Hundeleine fallen ließ. » Garnock«, rief sie dem Terrier zu.
    Garnock machte ein paar mutige Schritte auf Nicholas zu.
    Hier stimmt etwas nicht …
    » Psst«, ermahnte er sich wieder – er wollte nicht, dass seine gute Laune verflog, und hier war jemand, mit dem er sie teilen konnte.
    » Hallo!«, rief er.
    Die Frau sah sich ängstlich um, ob jemand den Weg entlangkam, den sie gegebenenfalls zu Hilfe rufen konnte.
    » Es ist alles in Ordnung«, rief Nicholas.
    Nichts ist in Ordnung.
    » Ich treffe hier normalerweise niemanden«, sagte die Frau. Ihre Stimme war kräftig und klar. Nicholas sah, dass sie in ihrer Jugend ein hübsches Ding gewesen sein musste. Garnock machte noch ein paar Schritte auf ihn zu, und sein Schwanz ging vorsichtig hin und her.
    Du musst jetzt gehen, sagte die Stimme in Nicholas’ Kopf. Es ist nicht zu spät, wenn du jetzt gehst.
    Er schlug leicht auf den Rumpf des Boots. » Ich habe es selbst gerade erst entdeckt. Das Boot ist eine richtige Schönheit, nicht wahr?«
    Die alte Dame lächelte und nickte zustimmend, ein wenig Erleichterung im Blick. Dennoch beobachtete sie Nicholas vorsichtig. » Das ist es in der Tat.«
    Garnock war inzwischen nur noch ein kleines Stück entfernt. Seine Augen waren braun und glänzten, sein Schwanz begann schneller zu wedeln.
    Geh! Geh um Himmels willen auf der STELLE!«
    » Wie heißt es?«, fragte er.
    Die alte Dame nickte zum Bug. Nicholas folgte ihrem Blick. Der Name des Boots war schwarz auf das weiße Holz gedruckt: Cates Überraschung.
    Nicholas blinzelte und sah die Frau wieder an, eine Frage auf den Lippen.
    Garnock sprang und grub seine Zähne tief in Nicholas’ Hand.
    Es war, als wäre ein schwarzes Tuch über die Welt gefallen. Die Bäume rauschten von allen Seiten herbei, knorrige Äste und grünschwarze Blätter schlossen sich vor dem Himmel. Der Teich lief in sich selbst aus und vertrocknete augenblicklich, um zu einem Kessel wilder und lebenskräftiger Dornbüsche zu werden. Die größten und ältesten Bäume neigten sich alle in dieselbe Richtung, wie von einem mächtigen Sturmwind gebeugt, und die saftigen Geweihfarne, die von den Baumstämmen nickten, wurden zu aufgehängten Fetzen aus verrottendem Stoff oder roh gekrümmtem, verrostendem Eisen. Das Boot senkte sich auf die Seite und schrumpelte zusammen wie eine kollabierende Lunge, seine weiße Farbe löste sich ab, und darunter kam ein skelettartiges Wrack aus grauen, verzogenen Brettern zum Vorschein. Der aufgemalte Name blätterte ab und ordnete sich zu neuen Lettern: Wynard.
    Nicholas versuchte, den Kopf zu drehen, aber ihm schwindelte, und er hatte Mühe, scharf zu sehen. Er blickte auf Garnock den Terrier hinunter.
    Das weiße Fell des Hunds löste sich wie unter Einwirkung einer unsichtbaren Säure auf, und darunter wurde etwas Dunkelbraunes, Struppiges sichtbar. Seine Beine knacksten und wuchsen und aus seinen Flanken sprossen weitere vier lange, leichenhafte Schenkel. Schnauze und Gesicht platzen auf und schälten sich ab, und zwei, vier, sechs starre Augen kamen zum Vorschein, und die weißen Zähne verschmolzen zu zwei gebogenen Giftzähnen, groß wie Bärenklauen, nass und spitz wie Nadeln.
    Nicholas blickte auf seine Hand – zwei hässliche, rot geränderte Einstiche, die langsam bluteten. Der dunkle Wald drehte sich um ihn. Unter enormer Kraftaufbietung hob er den Kopf zu der alten Frau.
    Sie allein war unverändert geblieben.
    » Wie haben dir meine Erdbeeren geschmeckt?«, fragte sie freundlich.
    Nicholas’ Augen sanken in ihre Höhlen zurück, und es wurde schwarz um ihn.
    Suzette klopfte an die billige Eingangstür der Wohnung. » Nicholas?«, rief sie laut und klopfte noch einmal.
    Keine Geräusche hinter der Tür. Grillen zirpten in den Hibiskusbüschen unten vor