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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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er das verdient.
    Auch die zweite Rankpflanze formte eine Schlinge, in die sich Arvan setzte. Dann wurde er mit einem leichten Ruck in die Höhe getragen.
    » Wäre nett, wenn ihr mir gleich dabei helft, mich von diesem Gestrüpp wieder zu befreien«, rief er.
    » Sei froh, dass du Relinga gesprochen hast«, rief Borro ihm hinterher.
    » Wieso?«
    » Weil die Ältesten sagen, dass manche Pflanzen unsere alte Sprache verstehen, und dann wären die beiden Ranken vielleicht beleidigt gewesen.«
    » Bist du jüngst bei Trobo dem Gemeinen in die Lehre gegangen, oder weshalb ärgerst du ihn jetzt?«, fragte Neldo.
    » Ich ärgere ihn doch nicht«, verteidigte sich Borro. » Und davon abgesehen, ist er doch jetzt ein großer Held, weil er die Orks besiegt hat.«
    » Genau genommen waren das die Baumdämonen«, gab Neldo zu bedenken.
    Zalea war unterdessen schon ein ganzes Stück den Hauptstamm emporgeklettert. Borro wollte ihr folgen, aber Neldo hielt ihn zurück, indem er ihm eine Hand auf die Schulter legte. » Sag mal, dir gefällt Zalea, nicht wahr?«
    » Na ja, wem gefällt sie nicht?«, antwortete Borro ausweichend.
    » Kann es sein, dass du deswegen manchmal so eigenartig zu Arvan bist, weil es dir nicht behagt, wie Zalea ihn ansieht und dass sie ihn wie eine Waldlöwin verteidigt, wenn Trobo seinen Wortunrat über ihm ausschüttet?«
    » Das ist Unfug«, behauptete Borro sehr vehement. » Das ist wirklich vollkommener Blödsinn! Glaubst du im Ernst, ein Halblingmädchen wie Zalea könnte für einen groben Trottel wie Arvan schwärmen, der selbst dann nicht richtig klettern kann, wenn er ausnahmsweise mal unverletzt ist? Stell dir vor, so ein Paar hätte Kinder! Da würde man ja schon mit hundert alt und grau aussehen vor lauter Sorgen, weil sich die kleinen Tollpatsche andauernd irgendetwas brechen. Na ja, Arvan wird wahrscheinlich schon sehr viel früher alt und grau und so runzlig wie die Rinde eines Wohnbaums sein.«
    Neldo lächelte. Er fühlte sich bestätigt. » Also habe ich recht mit meiner Vermutung.«
    » Recht? Du? Quatsch!«
    » Kommt ihr?«, rief Zalea. » Oder soll der arme verletzte Arvan auch noch auf uns warten müssen?«
    Auf der Hauptgabel des Wohnbaums angekommen halfen Neldo, Borro und Zalea ihrem menschlichen Freund aus den Schlingen der Rankpflanzen. Hier oben befand sich das Dorf der Baumgemeinschaft. Die Häuser waren entweder in die Hauptäste des Riesenbaums hineingeschlagen, oder man hatte sie so errichtet, dass sie sich perfekt ihrer Umgebung anpassten.
    Keines dieser Häuser hatte mehr als anderthalb Geschosse, und keines von ihnen besaß gerade Wände oder rechtwinkelige Ecken. Stattdessen dominierten Schrägen, sodass die Ostwinde, die alljährlich die Bäume durchrauschten und deren Kronen westwärts bogen, kaum Widerstand fanden.
    Das Haus von Baum-Meister Gomlo befand sich am Fuß des westlichen Hauptastes. Es war zweifellos das größte im ganzen Dorf, da Gomlo vor drei Jahrzehnten, als er zum ersten Mal nicht nur zum Baum-Meister, sondern auch zum Meister des ganzen Stammes gewählt worden war, einen großen zusätzlichen Raum angebaut hatte, um dort kleinere Versammlungen und Gerichtsverhandlungen abzuhalten. Außerdem hatte er dort Platz, um die Schriftstücke der Baumverwaltung aufzubewahren, die er ebenfalls zu führen hatte. Dazu gehörten das Geburts- und Sterberegister, die Verzeichnisse über Eheschließungen und vor allem die Fortführung der Stammeschronik, in der alle wichtigen Ereignisse aufgeführt wurden.
    Zudem musste er Listen über das Abführen der Steuern an den Waldkönig Haraban anfertigen.
    » Bleibt bei ihm«, bat Zalea ihre Gefährten Neldo und Borro. » Ich werde nach Hause eilen. Meine Eltern sind schließlich beide Heiler, und einer wird ja hoffentlich zu Hause sein.«
    » Zalea«, rief Arvan.
    Aber sie war schon fort. In Windeseile kletterte sie den westlichen Hauptast hinauf.
    » Tja, die ist zu schnell für dich«, knurrte Borro.
    » Es kommt nicht immer nur auf Schnelligkeit an«, meinte Neldo.
    » Worüber sprecht ihr?«, fragte Arvan verwirrt. » Ich wollte ihr eigentlich noch sagen, dass ich keinen Heiler mehr brauche.«
    » Spinner«, sagte Neldo.
    » Es ist besser geworden«, beteuerte Arvan.
    Borro und Neldo stießen beide ein tiefes Seufzen aus. Schwere Verletzungen gehörten bei jemandem, der so ungeschickt war wie dieser halbwüchsige Menschling, wohl einfach dazu. Sie waren ein fester, immer wiederkehrender Bestandteil von Arvans

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