Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
zusammenhängende Sätze zu bilden.
Arvan sah, wie Whuon die Hand um den Schwertknauf legte, bevor er sich an Brogandas wandte. » Nun wirst du dich entscheiden müssen, ob du die Hunde, die diesen siebenarmigen Riesen ziehen, begrüßen oder schlachten willst. Oder gedenkst du, dich nun davonzumachen und die Entwicklung in sicherer Entfernung abzuwarten?«
» Es besteht für mich kein Grund, mich davonzumachen, Whuon«, entgegnete Brogandas. » Ich werde diesen Tag auf jeden Fall weit leichter überleben, als es Euch gelingen mag.«
» Wenn du das sagst, Brogandas.«
» Ziehen wir ihnen entgegen!«, rief Nergon von Ambalor und zog sein Schwert.
» Nein«, widersprach Lirandil. » Nicht, bevor ein Hochkönig ausgerufen wurde, der uns anführt!«
Haraban verzog das holzige Gesicht und richtete den Blick auf Prinz Eandorn. » Wie ich sehe, habt Ihr für dieses Amt einen Kandidaten mitgebracht, von dem Ihr sicherlich denkt, dass er geeignet sei«, sagte der Immerwährende Herrscher und gab sich keinerlei Mühe zu verbergen, wie sehr ihm die Anwesenheit Eandorns missfiel. » Ein König muss es nicht sein; ein Prinz der Elben reicht gerade aus, uns Narren zu führen– so denkt Ihr anscheinend. Aber ich werde mich niemals elbischer Führung unterwerfen. Mit einer Handvoll Kriegern tauchen sie hier auf und glauben schon, dass man sich ihnen beugen müsste.«
» Davon kann keine Rede sein«, widersprach Prinz Eandorn. » Und ich beanspruche auch keinerlei Führungsposition.«
Lirandil griff an seinen Gürtel. Aus einer der Ledertaschen, die er dort trug, holte er eine Speerspitze hervor. Arvan erkannte sie auf den ersten Blick. Es war jene, die Lirandil in seinen Privatgemächern auf Péandirs Burg aufbewahrt hatte und die unübersehbare Spuren ihres hohen Alters trug.
Lirandil hob die Spitze empor. » Dies ist die Spitze der Lanze von Tarman von Nalonien, dem letzten Hochkönig, der die Heere von Athranor in den Magierkriegen anführte. Vor seinem Tod gab er sie Helgorn, der damals König von Ambalor war, für dessen treue Dienste.«
» Diese Lanze soll es tatsächlich gegeben gaben«, entfuhr es Nergon, dem derzeitigen ambalorischen König. » Allerdings gilt sie seit Generationen als verschollen.«
» Nur die Spitze ist davon geblieben, und die gab mir einst einer Eurer Vorfahren zur Aufbewahrung, werter Nergon«, erklärte Lirandil. » Er wusste, dass ich sie über die Zeiten hinweg sicherer bewahren konnte als irgendjemand anderer.«
» Man sagt, die Lanze hatte magische Kräfte«, sagte Candric von Beiderland. » Und sie gehört mir, denn ich bin ein Nachfahre von Hochkönig Tarman.«
» Nein«, widersprach Lirandil. » Tarman hat sie Helgorn von Ambalor gegeben, und dessen Nachfahre gab sie mir, damit ich sie für die Stunde der Not bewahre und sie demjenigen geben kann, der ausersehen ist, Hochkönig zu sein.«
Lirandil ging auf Nergon zu. » Nehmt Euer Erbe an, Nergon, König von Ambalor und Hochkönig von Athranor«, sagte er und reichte ihm die Lanzenspitze.
Nergon zögerte.
Dann ergriff er sie.
» Bringt einen Schaft!«, rief er, woraufhin einer seiner Krieger eine Lanze herbeibrachte. Die Spitze wurde entfernt und jene, die schon Tarman von Nalonien Glück gebracht hatte, aufgesetzt. Ein Hammer wurde geholt und Nägel gesetzt.
Dann hielt Nergon die magische Lanze empor und rief: » Folgt dem Hochkönig von Athranor!«
Jubel brandete auf. Dennoch hörte Arvan, wie Brogandas Whuon zuzischelte: » Es würde mich nicht wundern, wenn es sich nur um ein ganz gewöhnliches verrostetes Stück Eisen handelt.«
» Sag bloß, dass ausgerechnet du die Magie dieser Lanze nicht spürst«, spottete der Söldner.
» Nicht im Mindesten.«
Whuon zuckte mit den Schultern. » Hauptsache, sie sticht.«
Nergon von Ambalor ritt mit der magischen Lanze in der Hand durch das Heerlager. Herolde verkündeten überall die Neuigkeit, dass er zum Hochkönig von Athranor ausgerufen worden war.
Derweil formierten sich am östlichen Horizont Ghools Horden. Sie rückten noch nicht weiter vor, sondern bildeten einen schwarzen, sich immer weiter ausdehnenden Gürtel, der sich bald bis zum südlichen Horizont erstreckte. Offenbar wollten sie ihren Feind in einer Zangenbewegung umfassen. Und die dazu nötige Übermacht hatten sie zweifellos.
Das Gebrüll der Orks mischte sich mit den Schreien von Kreaturen, deren Anblick allein selbst hartgesottenen Söldnern das Blut in den Adern gefrieren ließ. Hornechsen trampelten
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