Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin
freikaufte, wie es damals mit dem finanzierten Sündenablass geschah.
*
Der englische Garten war ziemlich belebt. Hannah und Alexander setzten sich ins Gras vor dem griechischen Säulenpavillon. Hier saßen sie im letzten Sommer sehr oft. Sie liebte es hier zu sein. Die Maisonne war ungewöhnlich warm. Es war fast wie im Sommer. Plötzlich nahm sie Alexanders Hand und legte sie auf ihren Bauch. Seine Augen leuchteten. “Schön”, sagte er ehrfürchtig, als er die kräftigen Tritte des Babys spürte. Es war ein wundervoller Moment. Sie vergaßen die Welt um sich herum. Die vielen Menschen, die von diesem herrlichen Wetter in den Park gelockt wurden, existierten für sie nicht. Es gab nur noch sie beide … und ihr Baby. Gegen fünf machten sie sich dann langsam auf den Heimweg, denn Hannah verspürte allmählich Hunger. Die Sandwiches, die Tante Sophia für sie vorbereitethatte hielten nicht ewig vor: “Lass uns zu Joey gehen und eine Kleinigkeit essen”, schlug sie vor, denn sie freute sich auch darauf, die beiden Freunde wieder zu sehen. Alexander machte zu diesem Vorschlag nicht gerade ein begeistertes Gesicht. Er räusperte sich und bevor er etwas sagen konnte, wurde er von Hannah unterbrochen: “Ich seh’ schon, du magst nicht. Was schlägst du vor?”
“Ich hab etwas vorbereitet, eine kleine Überraschung.”
“Wirklich?”, freute sie sich fast kindlich.
Er nickte sehr vielsagend und weckte damit natürlich Hannahs Neugierde. ‘So war es geplant’, schmunzelte er in sich hinein.
Es roch phantastisch, alleine schon, als sie unten ins Haus traten. Zusammen stiegen sie die zwei Stockwerke hoch bis zu ihrer Wohnung. Als sie aufschlössen und in den kurzen Flur traten, stieg die Spannung, denn Hannah vernahm ein aus der Küche kommendes Geklapper. Sie schaute Alexander mit großen fragenden Augen an.
Er zog nur die Augenbrauen hoch und lächelte in freudiger Erwartung. “Komm”, sagte er und nahm sie bei der Hand. Zuerst sah sie den festlich gedeckten Tisch, der sie in Staunen versetzte und, als sie um die Ecke in die offene Küche lugte, sah sie Claus und seine Freundin Antonia im Endspurt ihrer Betriebsamkeit. Beide schauten lachend, ohne sich umzudrehen, über ihre Schultern hinweg zu Hannah.
Claus und Toni waren ihre engsten Freunde. Man konnte immer auf sie zählen.
Noch bevor Hannah nach Stuttgart reiste, hatten die drei diese Überraschung ausgeheckt. Hannah war so perplex, dass sie fast keinen Ton herausbrachte. Tränen der Rührung standen in ihren Augen. Nach einem Augenblick der Sprachlosigkeit lief sie zu ihnen und umarmte einen nach dem anderen ganz innig.
“Es ist bereit, à table”, verkündete Toni und servierte den ersten Gang, einen leckeren Papayasalat mit Erdnüssen.
“Ein Gedicht”, war Hannahs höchste Auszeichnung, die sie nur für das Absolute vergab, denn schließlich arbeitete sie in Joey’s Treff und kannte sich aus. Thomas verstand sein Handwerk, das er im Hôtel de Crillon in Paris erlernte. Sie meinte, dass es kaum einen Koch in Garching und Umgebung gab, der ihm das Wasser reichen konnte.
“Warte erst mal ab. Jetzt kommt der Hauptgang”, versuchte Claus die Spannung zu steigern und schon trug Toni die dampfenden Schüsseln auf, begleitet von einem Beifall heischenden “Taraaaa …” Als Hauptgang gab es rotes Thai-Curry mit Rindfleisch.
“Ihr seid wahre Kochkünstler”, stellte Hannah anerkennend fest und Alexander stimmte ihr mit einem genießerischenBrummein zu. Der letzte Gang wurde von Claus aufgetragen.
Gekonnt, wie ein Kellner in Glacé-Handschuhen präsentierte er den Nachtisch: “Und zum Abschluss: ‘Ananas mit Zitronengras-Eis’.”
“Uff”, stöhnte Hannah, nachdem sie fertig gegessen hatte, “ich glaube, ich platze gleich.” Sie wollte aufstehen und den Tisch abräumen, damit sie sich gleich an den Abwasch machen konnte, doch Claus hielt sie fest und meinte: “Das erledigen wir drei. Das gehört zum Service unseres Überraschungscoups’.”
‘Schön’, dachte sie, ‘so tolle Freunde zu haben’.
Der Abend wurde dann noch so richtig gemütlich. Erst spät gegen Mitternacht verließen Claus und Toni die gelungene Veranstaltung.
“Ich bin so glücklich”, schnurrte Hannah und schmiegte sich eng an Alexander. Dieser drückte als Zeichen reziproker Gefühle sanft ihre Schultern. Erst als die Kirchturmuhr mit einem Schlag den neuen Tag ankündete, gingen sie schlafen.
4
Hannah ging erst gegen Abend zur Arbeit. Sie hatte am
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